Berliner Eishockey-Legende: Ein Leben als Eisbär
Für viele Fans ist Sven Felski der Vorzeige-Berliner bei den Eisbären. Er wird auch "Bürgermeister" genannt. In den Play-offs will der 35-Jährige nun seinen fünften Meistertitel holen - doch noch ist er verletzt
Die Nummer 11 prangt auf dem Trikot des jungen Eishockeyfans. Er ist mit seinen Kumpels auf dem Weg zu einem Heimspiel der Eisbären in der Mehrzweckhalle am Ostbahnhof. Warum gerade die Nummer von Sven Felski sein Trikot ziert? "Weil er ein Ossi ist", antwortet der junge Mann trocken. Er ist bei weitem nicht der einzige Anhänger des Berliner Stürmers und Nationalspielers: Für viele Fans gilt Felski als "Berliner Urgestein". Sie mögen ihn, "weil er von Anfang an dabei ist", "weil er der einzige richtige Berliner ist" oder einfach auch, "weil er ein guter Torschütze ist".
Am morgigen Dienstag ist für "seine" Eisbären das erste Spiel der Play-offs in der Deutschen Eishockeyliga DEL. Der Gegner für das Team von Trainer Don Jackson sind die Augsburger Panther. Ob Felski aber schon im ersten Viertelfinalspiel auf Torjagd gehen kann, ist fraglich: Anfang März hatte er sich im Spiel gegen die Metro Stars aus Düsseldorf eine Schulterverletzung zugezogen. "Es wäre bitter, wenn ich da nicht dabei bin", sagt der 35-Jährige. "Schließlich bereitest du dich die ganze Saison auf diese entscheidende Phase vor."
Als er an diesem sonnigen Vormittag verschwitzt zum Interview erscheint, trainieren seine Kollegen nebenan auf dem Eis. Es herrscht eine fast familiäre Atmosphäre im "Wellblechpalast" in Hohenschönhausen, wo die Eisbären bis vor zwei Jahren auch ihre Pflichtspiele bestritten. Eine Handvoll Fans schaut dem Treiben auf dem Eis zu, ein kleines Kind in einem viel zu großen Eisbärentrikot stolpert am Rand der Spielfläche entlang.
Für Felski hat die Halle ihren ganz eigenen Status. Die neue Mehrzweckhalle am Ostbahnhof, in der sein Team mittlerweile spielt, sei perfekt. Da passe alles zusammen. Der Wellblechpalast dagegen sei Kult. "Das kannst du nicht vergleichen. Da kanntest du die Klofrau und die Würstchenverkäufer und wir sind immer noch durchs Restaurant in die Kabine gelaufen."
Dieser Kultcharakter haftet auch Felski selbst an. Der 35-Jährige ist in Hohenschönhausen aufgewachsen. In einer der Eishallen des Sportforums hat als Kind mit dem Schlittschuhlaufen angefangen - zunächst noch im Eiskunstlauf. Mit elf Jahren wurde ihm dann nahegelegt, dass dies vielleicht doch nicht der richtige Sport für ihn sei, und er wechselte zum Eishockey. "Immerhin Schlittschuhlaufen hab ich dort sehr gut gelernt", sagt er. Der SC Dynamo Berlin, die heutigen Eisbären, waren sein erster Verein - er hat ihn nie verlassen.
Anfang Februar konnte Felski als erst vierter Spieler in der Geschichte der Liga 800 Spiele in der DEL auf seinem Konto verbuchen. Bei seinen Fans gilt er aufgrund seiner Leistung und vor allem seiner Loyalität gegenüber dem Verein als Ikone. "Bürgermeister" nennen sie ihn wegen dieser Bindung. "Selbst da, wo du gar nicht damit rechnest, kommen die Leute auf dich zu", freut sich Felski. "Damit hab ich kein Problem, die Fans verdienen es, dass man sich auch ihre Freuden und Probleme anhört."
Es gab eine Zeit, in der er durchaus mit einem Wechsel geliebäugelt hat. Es habe mehrere Angebote gegeben, letztlich sei es aber an der Ablösesumme gescheitert. "War eigentlich schade", meint er heute, "aber im Endeffekt bin ich doch froh, dass ichs nicht gemacht hab."
Erholung von den Spielen und dem ganzen Trubel sucht er bei seiner Familie, beim Angeln und bei der Gartenarbeit. "Das hört sich vielleicht blöd an, aber ich bin unheimlich gerne im Garten", gesteht der Stürmer. "Das ist für mich total entspannend." Doch der Garten wird wohl erst mal warten müssen. Für ihn und für seinen Verein geht es jetzt um die fünfte deutsche Meisterschaft. Die Eisbären haben die Vorrunde als Tabellenführer mit 25 Punkten Vorsprung beendet; sie gelten als Favoriten. Felski kommentiert das nüchtern: "Das war die Vorrunde. Jetzt geht alles wieder bei null los."
Seine erste Meisterschaft im Jahr 2005 war für Felski die emotionalste. "Man hat eigentlich immer gedacht, man schafft das in seinem ganzes Leben nicht." Dennoch war das größte Highlight seiner Karriere keiner der vier Meistertitel, sondern die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Vancouver vor wenigen Wochen - obwohl das deutsche Team nach vier Niederlagen ausschied. "Es war wie ein Märchen", schwärmt er, "ein perfektes Turnier, gutes Wetter, und die Leute waren geil drauf."
Weht da vielleicht doch ein wenig Wehmut mit? Für Felski steht eins jedenfalls fest: Er wird "mit Sicherheit dem Verein treu bleiben" - auch nach seiner Zeit als Spieler. Die Berliner Fans wirds freuen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken