Berliner Doppelhaushalt 2023-24: Gesundheit darf doch was kosten

Weil drastische Kürzungen bei sozialen Trägern im Gesundheitsbereich drohten, gab es viel Protest. Überraschung im Ausschuss: Schwarz-Rot lenkt ein.

Demonstrierende aus dem sozialen Gesundheitsbereich vor dem Abgeordnetenhaus

Ohne ihre Arbeit stünde die soziale Gesundheit Berlins schlecht da: Protest vor dem Abgeordnetenhaus Foto: Clara Heuermann

Berlin taz | Es ist eine Demo für Frühaufsteher. Am Montagmorgen um halb neun stehen 300 Menschen vor dem Abgeordnetenhaus. Sie halten Schilder mit Aufschriften wie: „Drogenhilfe rettet Leben“ und „Stoppt die Kürzungen“. Die Ver­tre­te­r*in­nen von Suchthilfe, Schwangerschaftsberatungen und anderen Projekten fürchten Kürzungen für Projekte im Gesundheitsbereich. Almuth Röhrborn von der Schwangerschaftsberatung der Diakonie erklärt, was das heißen würde: „Viele Schwangere in Not sind auf soziale Hilfen angewiesen, müssen diese aber über eine Beratungsstelle beantragen. Wenn Beratungsstellen Personal abbauen müssen, bekommen noch weniger Ratsuchende diese Mittel.“

Seit Wochen laufen die Träger Sturm gegen die Pläne von Schwarz-Rot. An diesem Morgen tagt der Gesundheitsausschuss, wo in zweiter Lesung über den Haushalt beraten wird.

Drinnen eröffnet Catherina Pieroth von den Grünen die Generaldebatte. Scharf kritisiert sie Kürzungen von etwa 17 Prozent „nach dem Rasenmäherprinzip“. Auch sie malt aus, was dies bedeuten würde: dass etwa ein Familienplanungszentrum eine Ärztin entlassen müsste, „und das in Zeiten des Fachkräftemangels“.

Was die Krit­ike­r*in­nen vor der Tür noch nicht wissen: Die Koalition selbst will einen Großteil der im Entwurf vorgesehenen Kürzungen wieder zurücknehmen – sei es wegen der Proteste oder aus eigener Erkenntnis. Daher haben CDU und SPD entsprechende Änderungsanträge eingebracht, die im Verlauf der Sitzung verabschiedet werden sollen.

Problem bleibt die Inflation

Das wissen auch die Abgeordneten der Opposition – ein bisschen wirken ihre Reden daher wie Schaufensteransprachen. Etwa wenn der drogenpolitische Sprecher der Grünen, Vasili Franco, an die Senatorin appelliert, sie möge doch dafür sorgen, dass die Träger, „die vor der Tür demonstrieren“, nicht durch Kürzungen gefährdet werden.

Dies werde im Großen und Ganzen tatsächlich nicht passieren, sagt Christian Zander, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Vom Rasenmäher „bleibt nicht viel übrig, die Kürzungen werden im Wesentlichen zurückgenommen“.

Grund zum Sektkorken-Knallen ist dies nicht: Auch eine Rücknahme der Kürzungen bleibe angesichts von Inflation oder Mietsteigerungen de facto eine Kürzung, gibt Tobias Schulze von der Linksfraktion zu bedenken – eigentlich sei eben mehr Geld notwendig.

Auch die Schwangerschaftskonfliktberatung habe man noch nicht retten können, gibt die SPD-Abgeordnete Bettina König zu. Diese braucht, das sagen alle, unbedingt mehr Geld, damit sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen kann. Grüne und Linke haben drei Millionen zusätzlich gefordert. König nennt keine Zahl, verspricht aber, dass man dafür im Hauptausschuss eine Lösung finden werde. „Wir sind zuversichtlich.“

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