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Berliner BundesratsinitiativeSenat will mehr Pflegepersonal

Bundesratsinitiative soll Krankenhäusern mehr Mitarbeiter im Pflegedienst vorschreiben – zahlen sollen die Krankenkassen.

Senatorin Dilek Kolat (SPD) beklagt, dass es zu wenig Pflegekräfte in den Krankenhäusern gibt Foto: dpa

Fast ein Drittel weniger Pflegepersonal und eine doppelt so hohe Arbeitsbelastung wie 1991 – für Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) war am Dienstag klar: „Da ist irgendwas schiefgelaufen.“ In der Verantwortung dafür sieht sie aber nicht sich oder die Landespolitik, sondern die Bundesregierung.

Auf Kolats Drängen hat der rot-rot-grüne Senat darum am Dienstag eine Bundesratsinitiative beschlossen. Diese soll die – derzeit noch geschäftsführende – Bundesregierung dazu bringen, mehr Pflegepersonal in den Krankenhäusern vorzuschreiben. Bezahlen sollen die höheren Kosten die Krankenkassen.

Zwar hat sich die Zahl der Ärzte in den vergangenen fast drei Jahrzehnten um 25 Prozent erhöht, aber beim Pflegepersonal gab es laut Statistischem Landesamt eben einen Rückgang um 30 Prozent. Die daraus folgenden schlechteren Arbeitsbedingungen haben den Job nicht gerade attraktiver gemacht: Im Durchschnitt bleiben Krankenpflegekräfte nach Kolats Zahlen nur acht Jahre im Job – „das ist eine Flucht aus dem Beruf raus“, sagte die Senatorin.

Über den Bundesrat, die Länderkammer, will Kolat die Bundesregierung dazu bringen, das zu ändern. Konkrete Zusagen für Unterstützung aus dem Kreis der 15 anderen Bundesländer konnte sie am Dienstag nicht vermelden. Weil die Problematik überall gleich sei, gab sich Kolat aber zuversichtlich: „Ich schätze die Lage so ein, dass wir Unterstützung bekommen.“

Die Bundesregierung will sich zwar selbst mit dem Thema befassen. Laut Kolat ist aber nur im Gespräch, in pflegeintensiven Bereichen Vorgaben für mehr Personal zu machen – die Senatorin will aber in allen Bereichen mehr Pflegepersonal. Zudem sei gar nicht klar definiert, was genau „pflegeintensiv“ ist.

Kolat hält nichts davon, dass das Land Berlin – via Vivantes und Charité selbst Klinikbesitzer – von sich aus mehr Personal einstellt und die derzeit nicht von den Krankenkassen erstatteten Kosten aus dem Landeshaushalt bezahlt. „Es bringt nichts, wenn Bundesländer sich einzeln auf den Weg machen“, sagte sie.

Die Initiative „Volksentscheid für Gesunde Krankenhäuser“ bewertete die Bundesratsinitiative als Erfolg eigener Arbeit: „Wir sind erfreut, wie schnell der Senat nach dem Start unseres Volksentscheids reagiert und fühlen uns darin bestärkt, weiter Druck aufzubauen.“ Positiv äußerte sich auch die Gewerkschaft Verdi. „Es ist ein richtiger Schritt, jetzt alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den inzwischen unerträglichen Pflegenotstand zu lindern“, sagte Landesbezirkschefin Susanne Stumpenhusen.

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1 Kommentar

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  • Der Pflegenotstand wurde durch die Privatisierung der Krankenhäuser endgültig festgesetzt. Da kommt man nicht mehr raus. Es gibt jetzt keine Pflegekräfte mehr am Markt wird jetzt ganz lapidar von den Konzernchefs statuiert. HH mit seinem sozialdemokratischen Bürgermeister hat es vorgemacht. Er hinterlässt seiner Stadt eine schöne Oper und einen finanziell stabilen Krankenhausmarkt. So kühl seine Analyse. Es mußte sich erst ein außerparlamentarisches Bündnis OHNE Verdi bilden um die Verwerfungen im Pflegebereich an die Öffentlichkeit zu bringen. Um den Notstand teilweise zu bewältigen müssten Wohnheime für den Nachwuchs gebaut werden. Die werden sich die Konzerne von der Stadt bezahlen oder man kann gleich Zelte bei Globetrotter bestellen und in Kleingärten aufbauen. Angesichts des Alterspyramidentsunamis hilft nur noch Verstaatlichung alles andere ist Flickschusterei. Ich sehe da nichtmal mittelfristig akzeptable Lösungen, der Karren ist komplett festgefahren.