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Berliner Bezahlkarte für FlüchtlingeDa gibt es nichts schönzureden

Kommentar von Susanne Memarnia

Auch wenn die Berliner Variante der Bezahlkarte besser ist als andere: Sie bleibt ein boshaftes Instrument der Entmündigung.

In den ersten sechs Monaten sollen Barabhebungen mit der Karte auf 50 Euro begrenzt sein Foto: Andreas Arnold/dpa

N un bekommt also auch Berlin eine Bezahlkarte für Asylbewerber. Ist das ein Sieg für die CDU, weil jetzt endlich Schluss ist mit den Verlockungen des Bargelds, das die „illegalen Flüchtlinge“ angeblich anzieht wie das Licht die Motten und den „Schleusern“ die Taschen füllt? Oder ist die Karte umgekehrt in ihrer Berliner Ausgestaltung gar so fortschrittlich, dass sie einen „tatsächlichen Mehrwert für die Geflüchteten und die Verwaltung“ hat, wie Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sagt?

Beides muss bei nüchterner Betrachtung verneint werden. Das CDU-Argument, die Karte beseitige einen wichtigen „Pullfaktor“, indem sie die Barauszahlungen begrenze und Überweisungen ins Ausland verhindere, ist bekanntlich Quatsch. Einmal, weil die ganze Theorie von den sogenannten Pullfaktoren für Migrationsströme wissenschaftlich lange widerlegt ist. Unsinn ist das Argument aber auch, weil die Vorstellung, Asylbewerber bekämen so viel Geld, dass sie nennenswerte Beträge in ihre Heimat schicken könnten, jeder Realität entbehrt und nur zur Neiderzeugung gebetsmühlenartig in jeder Migrationsdebatte alle paar Jahre wiederholt wird. Darum hier nochmal: Ein alleinstehender Asylbewerber bekommt 460 Euro im Monat, 103 Euro weniger als ein Bürgergeldempfänger, Kinder und Partner erhalten weniger. Wer das üppig findet, hat keine Ahnung von Preisen.

Aber auch die Behauptung, die Karte in ihrer Berliner Variante sei ein Mehrwert, ist zynisch. Zwar stimmt es, die Bargeldobergrenze von 50 Euro gilt in Berlin pro Person, also auch pro Kind – und nur für sechs Monate, danach sollen Flüchtlinge über ihr Geld frei verfügen können. Auch ist die Berliner Karte bundesweit einsetzbar und für Online-Transaktionen nutzbar. Das alles ist besser als in Bayern, Thüringen oder Hamburg, keine Frage.

Aber gut ist es nicht. Auch in Berlin kann man ausgerechnet dort nicht mit Karte bezahlen, wo Menschen mit wenig Geld gerne einkaufen: auf Wochen- und Flohmärkten, bei Privatverkäufen etwa über Kleinanzeigen. Das Bargeldlimit bleibt eine Grenze der Freiheit, der Selbstbestimmung. Das kann Kiziltepe nicht schönreden.

Vielleicht bringt die Karte dem Landesflüchtlingsamt eine Erleichterung, weil es mit ihr einfacher wird, den Menschen Leistungen zukommen zu lassen. Aber eben nur vielleicht: Noch gibt es nämlich Probleme bei der technischen Ausgestaltung. Darum weiß heute auch niemand, wann die Karte wirklich kommt. Das ist die einzige gute Nachricht.

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Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
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1 Kommentar

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  • Traurig, dass sich allzuviele mit dem Sozialneid gegen Schwächere verdummen lassen, anstatt bei denen, die wirklich abgreifen, mal genau hinzuschauen.