Berliner Ausstellung „Mythos Olympia“: Wo der Geist herkommt
Die Berliner Ausstellung „Mythos Olympia“ im Martin-Gropius-Bau erzählt die alte Geschichte Olympias. Damit erweckt sie Vertrauen in Griechenland.
Die Olympischen Spiele in London sind langsam verarbeitet, und selbst von der deutschen Kanutin mit dem dubiosen Lebensgefährten redet fast niemand mehr. Dennoch setzt die große Ausstellung „Mythos Olympia – Kult und Spiele“ im Berliner Martin-Gropius-Bau auf den Mitnahmeeffekt. Wer sich zwei Wochen lang pausenlos vor dem Fernseher etwas vom olympischen Geist hat erzählen lassen, der interessiert sich vielleicht auch noch im Nachhinein dafür, wo dieser Geist denn seinen Ursprung hat.
Sehr ausführlich, detailliert und trocken wird in der Ausstellung das antike Olympia, in fruchtbarer Lage im Westen des Peleponnes gelegen, durchleuchtet. Anschaulich gemacht wird der Wandel Olympias von einer Kultstätte zu Ehren Zeus und anderer altgriechischer Götter zum Austragungsort sportlicher Wettkämpfe. Der Anschluss an die Gegenwart, gar ein Vergleich heutiger Olympischer Spiele mit den historischen, wird dabei nicht gesucht. Die Ausstellung ist eindeutig eher historisch denn kulturwissenschaftlich orientiert.
Kritische Töne fallen dabei fast schon folgerichtig völlig unter den Tisch. Wie der Mythos Olympia 1936 von Nazideutschland missbraucht wurde etwa, und wie Leni Riefenstahl ihren berüchtigten Olympia-Film eigentlich auch ganz im Geiste der historischen Spiele inszenierte. Die Wettkämpfer der Antike traten allesamt nackt gegeneinander an, ein Körperkult herrschte schon damals und man glaubte, dass der schöne und gesunde Körper zu einem wachen Geist gehörte.
Das sah Riefenstahl, die in ihrem Film den Athletenkörper nach „arischen“ Gesichtspunkten feierte, genauso. Bei der Konzeption der Ausstellung waren ursprünglich durchaus auch kritische Elemente vorgesehen. Doch nach einem bizarren Hin und Her und dem Ausbooten eines deutschen Wissenschaftlerteams fehlen diese nun.
Unkritische Werbeveranstaltung für Katar
Die Rede ist davon, dass das Emirat Katar, in das die Olympia-Schau weiterwandern wird und das selbst Interesse daran hat, vielleicht schon 2020 die Olympischen Spiele ausrichten zu dürfen, zu großen Teilen die Ausstellung finanziert hat und deswegen auch ein entscheidendes Wort bei deren Konzeption hatte. Für Katar ist die Ausstellung demnach eine Art Werbeveranstaltung, bei der kritische Töne nur stören würden.
Für den Althistoriker und den Archäologen bietet die Schau jedoch einiges. Alles, was man aus Griechenland zum Thema bekommen konnte, hat man auch nach Berlin geholt. Weitere Exponate sind Leihgaben aus verschiedenen Museen, unter anderem dem Louvre. Kostbarkeiten, die zu wertvoll zur Verschickung waren, hat man aufwendig nachgebaut, sodass man in der Ausstellung ein plastisches Bild vom historischen Olympia bekommt.
Geschickt wird die Rolle Olympias bei der Entstehung des Griechentums erläutert. Zu erfahren ist, wie die Spiele das damals in Stadtstaaten zerklüftete Griechenland einen sollten. Zugleich wird in der Ausstellung die recht aufregende archäologische Geschichte Olympias bis in die Gegenwart erzählt. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die frühere Kultstätte wiederentdeckt, beginnend mit einer französischen Expedition.
Neue Nähe zu Griechenland
Wie im Fall Schliemanns in Sparta waren es auch in Olympia vorwiegend Wissenschaftler des Deutschen Reichs, die sich um die Neuentdeckung Olympias verdient machten. Überhaupt wird in auffallender Weise die gute Zusammenarbeit Deutschlands und Griechenlands bei der Neuentdeckung Olympias ebenso wie bei der Konzeption der Ausstellung betont.
Bundespräsident Joachim Gauck schreibt in seinem Grußwort zur Ausstellung: „Heute arbeiten Deutsche und Griechen gerade an den historischen Stätten von Olympia in beeindruckender Weise zusammen.“ Gauck spricht in diesem Zusammenhang von entstandenem „Vertrauen“ und „Verbundenheit“.
Das sind ganz andere Töne aus Deutschland in Richtung Griechenland, als sie zuletzt vernommen wurden. Die Olympia-Ausstellung holt Griechenland so wieder ein Stückchen näher nach Deutschland, und das kann den Griechen im Zusammenhang mit der Eurofrage noch einmal von Nutzen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut