Berlin vor der Omikron-Welle: Lockdown kommt nicht – vorerst
Regierende Giffey (SPD) und Charité-Vorstand Kroemer sprechen von „schwieriger Übergangssituation“ vor Omikron-Welle. Krisenstab trifft sich Mittwoch.

Bereits am Mittwoch, kündigte Giffey an, werde sie sich mit Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) und dem Krisenstab der Innenverwaltung zusammensetzen. Man werde diskutieren, wie angesichts eines befürchteten erhöhten Krankenstands durch die hoch ansteckende Omikron-Virusvariante die kritische Infrastruktur aufrechterhalten werden könne. Es gehe dabei um verschiedene Szenarien von 10, 20 und 30 Prozent Personalausfall in der Krankenhausversorgung, bei Feuerwehr, Polizei sowie bei Gas-, Wasser- und Stromversorgern und in Supermärkten. „Unsere Aufgabe als Politik ist es, da sehr, sehr kurzfristig Handlungsbereitschaft sicher zu stellen“, sagte Giffey.
Man sei jetzt „in einer Übergangssituation“, sagte Charité-Vorstandschef Kroemer. Es sei, auch angesichts einer schwierigen Datenlage über die Feiertage, „sehr schwer abzuschätzen: Was passiert in den kommenden Wochen?“ Kroemer ergänzte: „Wenn wir ehrlich sind, wissen wir es nicht so genau.“
Zwar sehe man derzeit eine „leichte Entspannung“ bei der Anzahl der Covid-PatientInnen auf der Intensivstation. Seien es auf dem Höhepunkt der „Weihnachts-Welle“ 160 gewesen, seien es jetzt noch 80, sagte Kroemer. Auch sei der Krankenstand zum Glück noch sehr gering: Etwa sieben Prozent der Pflegekräfte und drei bis vier Prozent der ÄrztInnen fielen derzeit aus.
Mehr Omikron-Fälle
Man sehe aber zugleich eine „rasante Zunahme der Omikron-Variante“ auch in Berlin, so Kroemer. Laut Daten des Robert-Koch-Instituts gab es am Dienstag in Berlin 67 bestätigte Fälle (+25 zum Vortag) und 354 Verdachtsfälle, wo der PCR-Nachweis noch aussteht (+229 zum Vortag). Vor einer Woche waren es am Stichtag 23. Dezember noch 21 Omikron-Fälle gewesen.
Hoffnung mache, so der Charité-Vorstand, dass die Daten der letzten Tage darauf hindeuteten, dass Krankheitsverläufe unter der neuen Virusvariante leichter ausfallen könnten. Ob der „Nettoeffekt“ – trotz gestiegener Inzidenzen – dann sei, dass die Welle trotzdem einigermaßen glimpflich auch mit Blick auf die Belastung der Krankenhäuser verlaufe, müsse man aber erst noch sehen. Laut Covid-Lagebericht der Gesundheitsverwaltung steht die Ampel für die Intensivbettenauslastung mit 19,4 Prozent auf „gelb“.
Weit entfernt sah Kroemer indes Berlin von einer Triage-Situation. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag geurteilt, der Gesetzgeber müsse Regelungen zum Schutz von Menschen mit Behinderung schaffen, sollte es zu einer Triage-Situation in der Pandemie kommen: „An diesem Punkt sind wir nicht.“ Giffey sagte, man werde sich die Rechtsprechung zunächst „genau ansehen“, sah das aber als Thema für die nächste Bund-Länder-Runde, die für den 7. Januar terminiert ist.
Bereits am Donnerstag wird der Hygienebeirat der Bildungsverwaltung zusammenkommen, um über den Schulstart in Berlin nach den Weihnachtsferien zu beraten, wie ein Sprecher der taz bestätigte. Es bleibe vorerst bei einer täglichen Testpflicht in der ersten Schulwoche. Grundsätzlich beobachte man das Infektionsgeschehen „sehr aufmerksam“ und passe die Maßnahmen „den Bedingungen an“. Thüringen hatte als erstes Bundesland am Montag angekündigt, im Januar zu Distanzunterricht zurückzukehren. Giffey betonte am Dienstag erneut, man werde in Berlin „alles tun, um den Schulbetrieb in Präsenz aufrecht zu erhalten“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale