piwik no script img

Berichte über Tod von Taliban-ChefVerhandeln ohne Mullah Omar

Unmittelbar vor Gesprächen zwischen Regierung und Taliban wird die Todesmeldung lanciert. Das könnte Folgen für die Verhandlungen haben.

Seltenes Bild: Mullah Omar bei einer Besprechung im Jahr 1998. Foto: dpa

Berlin taz | Noch in dieser Woche sollen neue Gespräche zwischen Vertretern der afghanischen Regierung und der Taliban in China beginnen. Es wäre erst die zweite offizielle Begegnung, die vergangene Woche ein Regierungsvertreter ankündigte. Doch am Mittwoch taucht plötzlich die Nachricht auf, Taliban-Chef Mullah Omar sei tot.

„Mullah Omar ist vor zwei Jahren und vier Monaten an Tuberkulose gestorben. Er ist auf der afghanischen Seite der Grenze beerdigt worden.“ So zitiert die pakistanische Tageszeitung The Express Tribune einen ehemaligen Minister der afghanischen Taliban, der anonym bleiben will. Mullah Omars Sohn habe die Leiche identifiziert.

Afghanische Offizielle bestätigen ebenfalls anonym, Omars Tod von pakistanischen Regierungsmitgliedern erfahren zu haben. Ein Regierungssprecher in Kabul erklärte, man bemühe sich um eine Bestätigung. Auch andere Berichte, etwa der BBC, zitieren ungenannte Quellen mit Aussagen über den Tod des afghanischen Taliban-Chefs.

Berichte über den Tod Mullah Omars, auf den die US-Regierung ein Kopfgeld von 10 Millionen Dollar ausgesetzt hat, tauchen immer wieder auf. Bestätigt wurden sie bisher noch nie. Jetzt heißt es, die Taliban würden bald Stellung nehmen.

Zuletzt hatte es noch im Juli von Mullah Omar geheißen, dass er sich angeblich für die Gespräche mit der Regierung ausgesprochen habe. Dies ist wichtig für jene, die nachweisen müssen, dass sie überhaupt mit den „richtigen“ Taliban sprechen. Denn es war nach Vorgesprächen schon vorgekommen, dass den Taliban-Vertretern im Nachhinein die Autorisierung abgesprochen wurde.

Das liegt auch daran, dass sich die Taliban nicht einig sind über den Weg zu ihrem angestrebten Kalifat. Jetzt zu sagen, der Emir, als der Mullah Omar gilt, sei schon seit mehr als zwei Jahren tot, heißt, schon die letzten Gespräche seien nicht autorisiert gewesen.

Im April veröffentlichten die Taliban erstmals eine Biografie von Mullah Omar. Der Einäugige hatte bis dahin nie Publizität gesucht. So gibt es von ihm auch kaum Fotos, erst recht keine nach Oktober 2001. Damals soll er in Pakistan untergetaucht sein, als die USA nach den Terroranschlägen vom 11. September Afghanistan angriffen. Die Taliban kontrollierten von 1996 bis 2001 90 Prozent des Landes und boten dem Terrornetzwerk al-Qaida Unterschlupf. In den letzten Jahren sind sie wieder stärker geworden.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Lässt sich die Veröffentlichung von Nachrichten über den Tod Mullah Omars zum jetzigen Zeitpunkt - egal, ob sie stimmt oder nicht -, nicht vielleicht auch damit erklären, daß es sowohl in afghanischen als auch in pakistanischen Regierungs- und Sicherheitskreisen viele gibt, die an Friedensgesprächen überhaupt kein Interesse haben? Man denke z.B. an die Hezb-e Islami - Mitglieder der afghanischen Regierung und an die pakistanischen Geheimdienstmitarbeiter, die die Strategie eines schwachen auf Pakistan angewiesenen afghanischen Hinterlandes für die Behandlung des Konfliktes mit Indien weiterhin betreiben.

     

    Tillmann Schmalzried