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Bericht zur UN-Mission im SüdsudanBlauhelme auf heiklem Terrain

Die Vereinten Nationen haben das seltsame Verhalten mancher UN-Einheiten im Südsudan untersucht. Der Kommandeur der Mission muss gehen.

UN-Blauhelme vor einem Zaun, hinter dem von den Kämpfen Vertriebene stehen (September 2016) Foto: reuters

Berlin taz | Wieder einmal bestätigen interne Untersuchungen in den Vereinten Nationen eklatantes Fehlverhalten einer UN-Mission. Der Kommandeur der 13.000 UN-Blauhelme im Südsudan, General Johnson Mogoa Kimani Ondieki aus Kenia, wurde am Dienstagabend abgesetzt, nachdem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Untersuchungsbericht über das Verhalten der UN-Mission im Südsudan (Unmiss) während der jüngsten schweren Kämpfe in der Hauptstadt Juba entgegengenommen hatte. Die politische Unmiss-Chefin Ellen Margrete Loj aus Dänemark verkündete bereits vor einer Woche ihren vorzeitigen Rücktritt.

Am 8. Juli waren in Südsudans Hauptstadt Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Soldaten des zum Vizepräsidenten ernannten Rebellenführers Riek Machar ausgebrochen. Tagelange Gefechte mit Hunderten Toten endeten mit einer Niederlage Machars, der aus Juba floh, während Angehörige seiner Volksgruppe der Nuer gejagt wurden.

Die UN-Soldaten in Juba hätten „chaotisch und ineffizient“ reagiert, heißt es in der UN-Untersuchung. Besonders unrühmlich war ein Überfall südsudanesischer Soldaten auf das von internationalen Helfern bewohnte Hotel „Terrain“ am 11. Juli. Der Hotelkomplex wurde geplündert, seine Bewohner wurden ausgeraubt, ein Journalist wurde erschossen und mehrere weibliche Hotelgäste wurden vergewaltigt. Die nur einen Kilometer entfernt stationierten UN-Blauhelme griffen trotz ständiger telefonischer Hilferufe nicht ein.

Im August rekonstruierte ein Reporter der Nachrichtenagentur Associated Press das Geschehen im „Terrain“ aufgrund von Augenzeugenberichten. Daraufhin ordnete der UN-Generalsekretär eine Untersuchung an. Geleitet wurde sie von Exgeneral Patrick Cammaert aus den Niederlanden, ehemaliger Kommandeur der Blauhelme an der äthiopisch-eritreischen Grenze und im Osten der Demokratischen Repubilk Kongo.

Ein explosives Thema

Cammaerts Recherchen waren Ende September abgeschlossen. Die UN haben nun, über einen Monat später, lediglich eine Zusammenfassung freigegeben – so explosiv ist das Thema.

Der Angriff auf das Hotel „Terrain“ am 11. Juli begann demnach um 15.30 Uhr. Die UN-Einsatzleitung in Juba wollte Soldaten schicken, „aber jedes Unmiss-Kontingent wies die Anfrage ab“, heißt es. Um 19 Uhr kamen stattdessen Einheiten des südsudanesischen Geheimdienstes, setzten dem Wüten ein Ende und brachten die Menschen in Sicherheit – außer zwanzig lokale Mitarbeiter, die später freikamen, und drei internationale Helferinnen.

Der Sicherheitsbedienstete wies den Ruf um Hilfe ab

UN-Untersuchungsbericht

Dass drei Frauen noch vermisst waren, erfuhr die Unmiss-Zentrale laut UN-Bericht um 20.40 Uhr. Die Zusammenfassung führt aus: „Zwischen 21 und 22 Uhr konnte eine Frau den UN-Sicherheitsdienst anrufen. Der Sicherheitsbedienstete, den die Untersuchung nicht hat identifizieren können, wies ihren Ruf um Hilfe ab und rief sie nicht zurück, als ihre Telefoneinheiten verbraucht waren. Der UN-Sicherheitsdienst zeichnete den Anruf nicht auf [. . .] Eine private Sicherheitsfirma im Auftrag einer NGO holte die drei weiblichen Helfer am 12. Juli um rund 7 Uhr heraus.“

Die veröffentlichte Zusammenfassung nennt keine Namen und Details. Die aber stehen in einer parallel recherchierten Untersuchung der US-Organisation Civic (Center for Civilians in Conflict), die 2005 zur Unterstützung von Opfern des Irakkriegs der USA entstanden war. Der Civic-Bericht beschreibt in allen Einzelheiten das Chaos bei den Blauhelmen in Juba in jenen Tagen im Juli, als ihre Basen im Kreuzfeuer lagen und Dutzende der dort lebenden Kriegsvertriebenen starben.

Um die Lage in den Griff zu bekommen, ernannte der kenianische Unmiss-Kommandeur den Kommandeur des chinesischen Bataillons zum UN-Einsatzleiter für Juba – aber die Kommandeure der anderen UN-Bataillone aus Äthiopien und Nepal nahmen seine Befehle nicht an, weil er keinen höheren Rang bekleidete. So weigerten sich die Äthiopier, Soldaten ins „Terrain“ zu schicken. Zuvor waren die Äthiopier laut Civic viel aktiver beim Schutz von Zivilisten gewesen als die Chinesen. Von denen wollten sie sich also nichts sagen lassen.

Dass die UN-Zentrale jetzt die Unmiss-Spitze austauscht, ist die entschlossenste UN-Reaktion auf Missstände seit über einem Jahr. Im August 2015 hatte die UNO den Leiter ihrer Blauhelmmission in der Zentralafrikanischen Republik abgesetzt, nachdem Missbrauch von Kindern durch UN-Soldaten bekannt geworden war.

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