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Bericht zum weltweiten WaffenhandelDeutschland gegen den Trend

In den meisten westlichen Ländern sinken die Umsätze der Waffenkonzerne. Deutschland und die Schweiz steigerten ihre Rüstungsverkäufe.

Mehr Umsatz für deutsche Firmen – zum Beispiel mit diesem für den Export bestimmten U-Boot. Foto: dpa

Stockholm taz | Das Waffengeschäft stagniert. Im vierten Jahr in Folge hatten die 100 größten Rüstungskonzerne der Welt 2014 Einbußen. Mit einem Umsatz von 401 Milliarden US-Dollar betrug das Minus inflationsbereinigt allerdings nur noch 1,5 Prozent im Vergleich zu 2013. Da waren es 2 Prozent Rückgang gewesen, in den Jahren davor 4,2 und 6,6 Prozent.

Die Zahlen stammen aus dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri, das seinen Bericht über die „Top 100 der Rüstungskonzerne“ am heutigen Montag veröffentlicht. Er liegt der taz vor.

Allerdings hätten Verkäufe wie Gewinne ein historisch sehr hohes Niveau, erklärt Sam Perlo-Freeman, der Direktor des Militärausgaben- und Waffenproduktionsprogramms bei Sipri: Auch nach vier Jahren Rückgang lägen die Gesamtumsätze der großen Rüstungskonzerne um 43 Prozent über dem des Jahres 2002.

Dabei gibt es durchaus unterschiedliche Entwicklungsstränge: Führend auf dem globalen Waffenmarkt sind zwar mit 54,4 Prozent nach wie vor die US-Konzerne. Allerdings gingen deren Umsätze um 4,1 Prozent zurück. Ähnlich die Situation in Westeuropa mit einem Minus von 7,4 Prozent. Wobei zwei Länder ihre Waffenverkäufe entgegen dem Trend kräftig steigern konnten: Deutschland mit 9,4 und die Schweiz mit 11,2 Prozent. Von den deutschen Konzernen machte ThyssenKrupp mit einem Plus von fast 30 Prozent den größten Sprung nach vorn und rangiert nun auf Platz 42 der Top 100, 2013 belegte das Unternehmen Platz 59.

Russland steigert seinen Marktanteil

In allen anderen Regionen gingen die Umsätze zusammengerechnet um 25,1 Prozent hoch. Vor allem die großen russischen Waffenschmieden erhöhten ihren Anteil am globalen Geschäft – sie kommen auf rund 10 Prozent des Weltmarkts. „Sie schwimmen auf der Welle wachsender einheimischer Militärausgaben und machen gute Exportgeschäfte“, sagt Sipri-Forscher Siemon Wezeman. Almaz-Antey, ein Produzent von Luftabwehrraketen, liegt auf Platz 11 der weltweiten Verkaufstopliste – so weit oben wie bislang noch nie ein russisches Rüstungsunternehmen.

Während Sipri nach wie vor mangels Daten nichts zur chinesischen Rüstungsproduktion sagen kann, konstatiert es für die Länder, die man unter der Rubrik „Globaler Süden“ zusammenfasst und zu denen beispielsweise Brasilien, Indien, Südkorea und die Türkei zählen, wie im Vorjahr einen deutlichen Aufwärtstrend. Dort beheimatete Top-100-Firmen steigerten ihre Umsätze um 5,1 auf einen Anteil von jetzt 3,7 Prozent. Hier wachse eine neue Konkurrenz heran, meint Sipri und hebt vor allem die Türkei hervor. Hinter deren Umsatzplus von 10 Prozent sieht Sipri -Forscher Pieter Wezeman „den Wunsch nach größerer Selbstversorgung und aggressive Exportbemühungen“.

Insgesamt behaupten die Waffenschmieden aus den USA und Westeuropa aber ihre globale Vorherrschaft. Auf diese Konzerne entfallen 80 Prozent der weltweiten Umsätze.

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18 Kommentare

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  • um Krieg zu führen ist der Menschheit schon immer was eingeflallen und wenns keine Bomben und Kanonen sind, tuns auch Steinschleidern!

  • Danke für diesen Hinweis auf den SIPRI-Bericht, der mir - und jedem sonst - übrigens auch "vorliegt": http://www.sipri.org/research/armaments/production/recent-trends-in-arms-industry

    Außer den genannten Zahlen gibt es sicher noch andere Aspekte, welche die Diskussion berücksichtigen müßte - die Stückzahlfrage haben @Karlm und @Questor schon angesprochen. Das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz wird, wie wir wissen, von einem geheimen Gremium als äußerst dehnbar angesehen und entsprechend gehandhabt - nähme man das ernst, dürfte man entweder keine Exporte nach Saudiarabien genehmigen oder müßte sie auch für den IS billigen (beide unterdrücken Frauen, enthaupten Menschen, führen einen Krieg, unter dem die Zivilbevölkerung leidet). - Davon abgesehen, denke ich aber, daß Waffenexport generell eine Art "Proliferationsdruck" erzeugt: Wer neue Sturmgewehre anschafft, wird versuchen, die alten weiterzuverkaufen (und nicht etwa zu verschrotten, wie es wünschenswert wäre). Zumal es hier Waffensysteme wie die diversen Kalaschnikows gibt, die unverwüstlich sind und noch Jahrzehnte nach ihrer Herstellung genauso zerstörerisch wirken, wie anfangs. - Kurzum: Allein das Hineinpumpen von Waffen in die Länder der Welt sorgt dafür, daß Kriege hier niemals enden: ist einer nach Jahrzehnten mühsamer Verhandlungen beendet worden, flammt der nächste auf. Zum Nutzen der Rüstungsindustrie. Ihr gehört das Handwerk gelegt.

  • Natürlich stimmt es, dass der Gewinn auch mit weniger, dafür teureren Waffensystemen gemacht worden sein kann. Am Ende ist für mich aber jede Waffe zuviel. Und auch deutsche Handfeuerwaffen finden immer ihren Weg in Hände, die sie gegen andere richten. Außerdem können gerade auch die großen Waffensysteme zur Unterdrückung von Regionen genutzt werden, welche ohnehin schon kritisch sind. Wenn wir für 60Mrd Uboote an Australien (nur um das Beispiel von Questor unten aufzugreifen), oder Panzer an Saudi Arabien, oder wen auch immer ausliefern, werden diese auch genutzt. Und das sicher nicht für eine Kaffeefahrt...

    Die Kausalität zu Flüchtlingen in Europa ist nicht zu übersehen.

    • @Neinjetztnicht:

      Die "deutschen Handfeuerwaffen" sind an belegbaren Zahlen schlicht zu vernachlässigen. Nenswerte Mengen kamen immer aus der Lizenzfertigung von Türkei über Iran bis Pakistan...

       

      Eine falsifizierbare Kausalitätsprüfung gibts da zu den Flüchtlingen nicht, nur schlechte Korrelationen die mehr von Behauptungen denn von überprüfbaren Fakten leben.

    • @Neinjetztnicht:

      Aber Sie stimmen mir sicherlich darin zu dass nicht anzunehmen ist dass Uboote für 60Mrd unter Australiens Kontrolle mehr Leid verursachen als G36s für 600Mio in Afrika, oder? Es ging mir in diesem Punkt nämlich darum dass ein Anstieg des Volumens mit einer Verbesserung einhergehen kann.

       

      Da Sie sicher sind dass Waffen die verkauft auch genutzt werden, können Sie mir kurz ein oder zwei Vorfälle schildern in denen die Bundesrepublik ihre U-Boote in Kämpfen eingesetzt hat?

  • ja, is doch klar. Mit Feindbildern die man hat oder aufbaut, hat man immer einen guten Grund um Rüstungsgüter zu produzieren. Ich habe gelesen, daß in Bezug auf Sysien die Bomben knapp werden. Also, los....schmeißt die Bänder, die Produktion an. Jede Bombe auf Syrien erzeugt einen neuen Terroristen. Die Spirale dreht sich immer weiter und die Rüstungsindustrie macht ihre Geschäfte. Es wird Zeit, daß ich mir paar Aktien von Krauß-Maffei kaufe.

    Das sichert mir die Rendite. Jupp......Witz komm raus, du bist umzingelt!!!

    Hans-Ulrich Grefe

  • Wer Waffen sät wird Terror ernten.

    Vielleicht sollte jeder Einzelne aber auch darüber nachdenken welche Bank er unterstützt, die für den Waffenhandel mitverantwortlich ist. Ganz vorne die Deutsche Bank.

    Ein Wechsel zu einer Bank, die nachweislich kein Mord und Terror unterstützt ist zum Beispiel die GLS - Bank. Bankwechsel ist denkbar einfach!

    • 9G
      9076 (Profil gelöscht)
      @Traverso:

      Richtig!

      Man kann nicht das schlechte beklagen ohne bei sich selbst angefangen zu haben etwas verändern zu wollen.

      Auf nach Bochum, wir haben es mit in der Hand!

  • Wir brauchen uns in Deutschland über Flüchtlingsströme nicht zu wundern. Weltweit wird auch mit deutschen Waffen gemordet und die Nachfrage ist ja scheinbar größer denn je. Eine traurige Entwicklung.

    • @Dennis Krause:

      @DENNIS KRAUSE

      Sie sollten demnächst genauer hinschauen, wenn mal wieder IS, Al-Kaida, Taliban & Co. mit ihren Waffen vor den Fernsehkameras herumfuchteln. In aller Regel sind das keine deutschen Waffen, sondern Kalaschnikow-MPi’s (erkennbar an dem gebogenen Magazin), und die stammen aus russischen Waffenschmieden!

       

      Wie mögen wohl diese Waffen aus Russland zu den Terroristen gekommen sein? Dass sie diese dem „Gegner“ abgenommen haben, ist doch wohl ein hübsches Ammenmärchen. Und Deutschland oder die USA werden wohl eher mit eigenen Waffen Geld verdienen wollen!

       

      Wenn sich die syrische Armee und die IS-Terroristen gegenseitig mit russischen Waffen beschießen, klingelt die Kasse in den russischen Waffenfabriken doppelt so schnell!

      • @Pfanni:

        NATO-Pressestelle ?

        Einfach mal bei Amnesty nachlesen, woher der IS seine Waffen hat:

        "The report documents IS use of arms and ammunition from at least 25 different countries, though a large proportion were originally sourced by the Iraqi military from the USA, Russia and former Soviet bloc states. These arms flows were funded variously by oil barter arrangements, Pentagon contracts and NATO donations. The bulk have been seized from or leaked out of Iraqi military stocks."

        (https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/12/islamic-state-atrocities-fuelled-by-decades-of-reckless-arms-trading/)

  • Der übliche Unfug.

     

    Umsatz ist nicht gleich Stückzahl, oder soll das bloß eine allgemeine Kritik der Verhältnisse sein?

    • @KarlM:

      Manche gleichen quantitative Defizite durch qualitative Vorteile aus. Es sind ja die Deutschen seit jeher bekannt für ihre hocheffizienten und potenten, oft auch zukunftsweisenden Mordinstrumente. Deutsche Wertarbeit halt. Sie wissen ja, schon damals hat das MG42, vom Landser liebevoll "Knochensäge" genannt, locker drei bis dreieinhalbmal so viel Blei gespuckt wie ein russisches MG.

       

      Sie können sich den einfachen marktwirtschaftlichen Grundsatz merken, der vieles erklärt: Der Kunde zahlt nicht gern mehr, ohne auch mehr zu bekommen.

       

      Taliban, IS und Boko Haram hätten ja auch gern "Made in Germsmany", wenn´s nur nicht so teuer wäre...

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Da haben Sie durchaus Recht, aber nicht jeder Kunde macht die Rechnung mit der höheren Standzeit auf.

         

        Es gibt nach wie vor auch "klein, billig viel", insbesondere wenn die "Kämpfer" billig und zahlreich sind. Da gewinnen ben die Billigheimer.

    • @KarlM:

      Das ist ein spannender Punkt der durchaus einen zweiten Artikel wert wäre.

       

      Wenn Deutschland für 60 Mrd € Uboote an Australien liefert, dann wirken diese sich nicht einmal ansatzweise so verheerend aus als wenn man stattdessen nur einen Prozent dieses Umsatzes im Verkauf von Kleinwaffen nach Afrika erwirtschaftet.

       

      Das die TAZ grundsätzlich Waffenexporte kritisch sieht sollte sie nicht der Verlockung erliegen lassen billige Argumente zu präsentieren die zwar gut ankommen, letztendlich aber den Argumentierenden als Polemiker disqualifizieren.

       

      Man kann auch feststellen dass die Waffenexporte trotz höheren Volumens nicht mehr so übel wie in der Vergangenheit sind und trotzdem fordern dass sie drastisch reduziert werden müssen. Mit einer differenzierten Betrachtung lässt man zwar etwas billigen Applaus liegen, dafür bewahrt man seine Glaubwürdigkeit

      • @Questor:

        "Wenn Deutschland für 60 Mrd € Uboote an Australien liefert, dann wirken diese sich nicht einmal ansatzweise so verheerend aus..."

         

        Für Australien und Schland natürlich nicht. Aber vielleicht sehen China, Nordkorea, Kuba, Iran, Russland und so das ganz anderster....

      • @Questor:

        Gerade so fragwürdige und schwierige Expotrgüter sollten mit gröter Vorsicht exportiert werden.

         

        "Samll arms" sind übrigens auch in Bürgerkriegen nicht so die HAuptschadensursache, können Sie beim IKRK nachlesen.

         

        Für eine Gesellschaftskritik ist die Ofefnlegung der Exporte sicher zwqeckmäßiger.