Bericht zu VW-Werken in China: Volkswagen sieht sich reingewaschen

Ein Gutachten bescheinigt, dass der Autokonzern VW in China keine Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren begeht. Doch am Bericht gibt es Zweifel.

Metallabsperrung vor einem Fabrikgebäude von VW in China

Metallabsperrung vor dem VW Werk in Urumchi Foto: Stephan Scheuer/dpa

BERLIN taz | Unter dem Titel „ESG Kontroversen“ veröffentlichte der Autokonzern Volkswagen am Dienstag einen Auditbericht zu dem viel kritisierten Urumqi-Werk in der Xinjiang-Region in China. Die Fabrik wurde seit der Errichtung 2013 immer wieder von Menschenrechtsorganisationen und zuletzt auch VW-Investoren kritisiert, weil Zwangsarbeit und Menschenrechtsverletzungen an der Minderheit der Uiguren in der Region an der Tagesordnung sind und deswegen im Werk nicht auszuschließen seien.

Mit dem Bericht will VW nun also die „Kontroversen“ beenden. Für eine unabhängige Untersuchung beauftragte der Wolfsburger Autokonzern die Beratungsfirma Löning Human Rights & Responsible Business. „Die eigentliche Durchführung des Audits“ habe aber eine Anwaltskanzlei in Shenzhen übernommen, die von Löning begleitet wurde, schreibt VW.

Audit-Chef Markus Löning bescheinigte VW am Dienstag ein positives Bild vom Werk: „Wir konnten keine Hinweise auf oder Belege für Zwangs­arbeit bei den Mitarbeitenden finden“, sagte er laut Deutscher Presse-Agentur am Dienstag in Wolfsburg bei der Vorlage einer gerade mal einseitigen Zusammenfassung seines Berichts. „Die Mitarbeitenden sind überdurchschnittlich bezahlt und haben wenig zu tun“, fügte er hinzu.

Das Audit-Team habe vor Ort die Arbeitsverträge aller Mitarbeiter der letzten drei Jahre geprüft und Gespräche mit 40 selbst ausgewählten Beschäftigten geführt. „Die Situation in China und Xinjiang und die Herausforderungen bei der Datenerhebung für Audits sind bekannt“, sagte Löning, man habe sich aber beim Besuch vor Ort frei bewegen können.

Tilman Massa, Co-Geschäftsführer Kritische Ak­tio­nä­r*in­nen, überzeugt das nicht. „Äußerungen der Mit­ar­bei­te­r*in­­nen können immer mit Repressionen verbunden sein“, sagt er der taz. Der politische Kontext, in dem die Untersuchung stattfinde, werde nicht genug beachtet und auf die „Probleme bei Audits“ nicht genug eingegangen.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Audits hat auch der Berliner Direktor des Weltkongresses der Uiguren, Gheyyur Kuer­ban: „In einer Region, in der Millionen Uiguren umfassend überwacht werden und zeitlich unbegrenzt interniert, gefoltert und schwer misshandelt werden, ist ein glaubwürdiges, unabhängiges Audit schlicht nicht möglich“.

Er kritisiert auch, dass das Audit nur in Absprache und mit Zustimmung der Werksleitung in Urumqi zustande gekommen sei. „Die staatlichen Behörden hatten viel Zeit, sich darauf vorzubereiten, dass irgendwann ein paar Prüfer vorbeikommen.“ Kuerban hatte im Mai auf der VW-Aktionärsverhandlung eine Schließung des Werks gefordert.

Bericht als „Feigenblatt“

Massa befürchtet außerdem, dass VW den Bericht nun als „Feigenblatt“ nutze. „Der Vorstand tut so, als wären damit alle Sorgen vom Tisch.“ Das Problem liege jedoch in der gesamten Lieferkette. Zwangsarbeit bei VWs Zulieferern in der Xinjiang Provinz belegen etwa mehrere Studien der britischen Sheffield-Hallam-Universität. Im letzten Bericht vom Dezember 2022 wurden mehrere Lithiumfabriken in Zusammenhang mit Zwangsarbeit durch Uiguren genannt, die wiederum große Autokonzerne, darunter VW, beliefern.

VW wies daraufhin in einer Stellungnahme Zwangsarbeit in seinem Werk von sich, ging allerdings nicht auf Probleme in der Lieferkette ein. Auch ein Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte bilanzierte der chinesischen Regierung schwerwiegende Menschenrechtsverstöße in der Region.

Investoren forderten weitere Schritte bei der Überprüfung der Lieferketten und mehr Tansparenz. „In China dürfen Audits keine einmalige Übung bleiben“, sagte Henrik Pontzen von der Fondsgesellschaft Union Investment. Zudem müsse ein funktionierendes Beschwerdemanagement etabliert werden.

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