Bericht zu Gefängnissen in NRW: Mangel an medizinischer Versorgung
Ein Kommission kritisiert die Lage in Gefängnissen in NRW. Viele psychisch Kranke sitzen dort monatelang ohne Therapie in Hochsicherheitszellen.
Die Kommission, die ihre Ergebnisse am Montagnachmittag vorstellte, war von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) eingesetzt worden. Anlass war ein Brand im Gefängnis von Kleve, bei dem ein unschuldig inhaftierter Mensch aus Syrien starb.
Die Opposition im Landtag hatte kritisiert: Die Einberufung der Kommission sei der untaugliche Versuch, einen Untersuchungsausschuss zu verhindern. Zu Verwechslungen, in deren Folge Unschuldige inhaftiert wurden, sollte die Kommission ausdrücklich nicht aktiv werden. Sie werden gesondert untersucht.
In dem mehr als 100 Seiten langen Abschlussbericht lobt die Kommission nun engagiertes Personal und gute Suizidprävention – die medizinische Versorgung inhaftierter Menschen sowie den Brandschutz allerdings bemängelt sie sehr deutlich. So würden 160 psychiatrische Behandlungsplätze gebraucht. Auf dem Papier gebe es 60 – tatsächlich zur Verfügung stünden 14 bis 18 Plätze. Man sperre akut Kranke monatelang in Hochsicherheitszellen, bevor sie endlich einen Therapieplatz bekommen. Angesichts des Mangels an Ärzt*innen empfiehlt die Kommission nun Online-Sprechstunden und Telemedizin.
Insgesamt „mehr Licht als Schatten“
Der Vorsitzende der Kommission, Heiko Manteuffel, sagte: Die Kommission habe bei der Untersuchung des NRW-Strafvollzugs insgesamt „mehr Licht als Schatten“ gesehen. Doch auch im Brandschutz hat die Kommission teils schwere Mängel festgestellt. Über die aktuell im NRW-Strafvollzug verwendeten Matratzen sagte Brandschutzexperte Roland Goertz, diese seien „kleingeschnitten tolle Grillanzünder“. Der Austausch der Matratzen sei bisher daran gescheitert, dass man nach „schwer entflammbaren“ Matratzen gesucht habe, die aber nicht mit Hygiene- und Orthopädiestandards vereinbar seien.
Ferner bemängelt die Kommission, dass Gefängnismitarbeiter*innen keine Brandfluchthauben zur Verfügung hätten: Solche Hauben sollen im Notfall Mitarbeiter*innen, die in eine brennende Zelle gehen, vor Rauchvergiftungen schützen.
Justizminister Biesenbach hat angekündigt, schwerer entflammbare Matratzen sowie die Brandfluchthauben noch dieses Jahr besorgen zu wollen. Am 11. September wird sich der Rechtsausschuss des NRW-Landtags mit dem Bericht befassen. Bis dahin will Biesenbach weitere konkrete Maßnahmen präsentieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag