piwik no script img

Bericht der UNOKonsum von Designerdrogen steigt

Wo Kokain an Beliebtheit verliert, sind Designerdrogen auf dem Vormarsch und umgekehrt. Die UNO fordert schärfere Kontrollen gegenüber Korruption.

Der UNO-Drogenbericht zieht eine ernüchternde Bilanz über das vergangene Jahr 2010. Kokainfund in Venezuela Mitte Februar. Bild: reuters

WIEN taz | Die Produktion und der Konsum illegaler Drogen sind weltweit insgesamt stabil. Erfolge bei der Bekämpfung von Coca-Plantagen in Kolumbien werden durch zusätzliche Anbauflächen in Peru und Bolivien kompensiert. Die Verringerung der Schlafmohnkulturen in Afghanistan wird durch neue Opiumfelder im Goldenen Dreieck ausgeglichen. Wo Kokain an Beliebtheit verliert, sind Designerdrogen auf dem Vormarsch und umgekehrt. Der jüngste Bericht des Internationalen Drogenkontrollrates (ICNB) der UNO, Mittwoch in Wien und 24 weiteren Städten präsentiert, zieht eine nüchterne und ernüchternde Bilanz über das vergangene Jahr.

Ein besonderer Schwerpunkt gilt diesmal der drogenbedingten Korruption. "Nichts hat dermaßen negative Folgen für den Kampf gegen den Drogenhandel wie die erfolgreichen Versuche krimineller Organisationen, Amtspersonen einzuschüchtern und zu bestechen", sagt Ratspräsident Hamid Ghodse.

Der Bericht weist darauf hin, dass die enormen Profite aus dem Drogenmarkt die finanziellen Mittel staatlicher Institutionen oft übersteigen und daher die öffentliche Sicherheit bedrohen. Polizei, Militärs, Beamte und Richter werden in vielen Ländern bestochen und, wenn sie nicht spuren, bedroht. Der INCB empfiehlt den Regierungen Nulltoleranzpolitik gegenüber Korruption und mehr interne Kontrolle.

Kein umfassendes Rezept hat der Kontrollrat gegen die ausufernde Produktion von Designerdrogen. Als besonders gefährlich wird das erstmals 2007 aufgetauchte Mephedron betrachtet, das ähnlich wie Kokain und Ecstasy wirkt, aber schon mehrere Todesfälle provoziert hat.

Weit mehr Todesfälle, zwischen 28.000 und 32.000, hat der Drogenkrieg seit 2006 in Mexiko gefordert. Mehrere konkurrierende Kartelle, die vor allem den Markt in den USA beliefern, reagieren auf staatliche Gewalt mit noch mehr Gewalt. Dennoch sinkt in den Vereinigten Staaten die Nachfrage nach Kokain, während alle anderen Drogen Zuwächse verzeichnen.

Die größte Gefahr geht aber laut INCB vom Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente aus. In Europa ersetzt Kokain zusehends die synthetischen Drogen Amphetamin und Ecstasy. Für Heroin ist Westeuropa der größte Markt. 60 Prozent des Konsums verteilt sich auf Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien. Herkunftsland ist fast ausschließlich Afghanistan. Obwohl das Scheitern der repressiven Drogenbekämpfung offensichtlich ist, hat der INCB keine neuen Rezepte anzubieten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    In Deutschland ist es erlaubt Pharma-Drogen aka Medikamente zu konsumieren, zu Saufen und zu Rauchen.

    Doch weh dir, du wirst mit etwas Gras erwischt. Das ist kriminell!

    Da muss sich niemand wundern, wenn der Gelegenheitskiffer im bunten Bauchladen des Straßenhändlers mal daneben greift.

    Wenn man sein Bierchen in der Schnapsbrennerei besorgen muss, kann das auch mal anders laufen als geplant.

  • D
    Demokratin

    Das der Anbau von Drogen im großen Stil und die damit verbundene Korruption bekämpft werden sollten ist wohl keine frage. Was aber ist mit der legalen Droge Alkohol bzw Medikamenten (die machen auch abhängig)?! Na ja, am Alkohol verdient der Staat ja genug Geld...also warum ihn bekämpfen. Und ich sehe das genauso wie die andern hier auch. Alles exzessiv benutzt ist ungesund. Und eines steht ja wohl auch fest...auch Politiker und Führungsleute aus der Wirtschaft nehmen Drogen um ihre Partys damit den Kick zu geben. Drogen hat der Mensch schon immer genommen und wird es auch weiterhin tun. Ich finde die Regelung wie in den Niederlanden gut. Kiffen im extra öffentlich bereitgestellten Raum bringt mehr Kontrolle und hält das illegale in Grenzen. Und wer mehr als nur weiche Drogen bevorzieht hat eh für mich Probleme. Wobei die Ursachen dann meisst in der Umwelt zu finden sind. Vielleicht fängt man mal an die Ursachen zu bekämpfen...z.Bsp. Armut und Anerkennung. Drogen sind nur ein Resultat von Ursache und Wirkung. Das der öffentliche Dienst bestechbar ist, weiß doch jeder. Es gibt nun mal zu viele Menschen, die sich am materiellem orientiert. Geld regiert die Welt...so einfach ist das. Ich finde es nur schlimm, dass es zu wenig Zivilcourage (Wikileaks) gibt. Die meissten Menschen schaune halt weg anstatt sich für eine bessere Welt einzusetzen.

  • P
    Paria

    Sagt der UNO-Drogenbericht eigentlich auch etwas über die legalen Drogen Alkohol und Nikotin aus?

     

    Naja, immerhin wurden die "verschreibungspflichtigen Medikamente" erwähnt...

  • FB
    Franz Beer

    Diese restriktive Drogenpolitik der Weltgemeinschaft u Deutschland hat bisher mehr Opfer gefordert als die Droge selbst .Aus der Weltgeschichte wissen wir das es eine Drogenfreie Gesellschaft nie gab u nie geben wird.Genau das Gegentei ist eingetreten,es gibt mehr drug,s aller Coleur.Die Drogenpolitik der Bundesregierung ist fernab jeder Realität.Meiner Meinung nach sollten weiche Drogen absolut legalisiert werden.1000ende Tote jedes Jahr durch Alkohol, Medikamente,usw.Und das ganze Leid was dahintersteht; Sucht,das passt nicht in das Weltbild unserer Drogenbeauftragten.Zu einer Aufgeklärten Gesellschaft gehören aber auch Drogen und der verantwortungsbewuste Umgang damit.Aber Verbote,das hilft niemanden,und interessiert auch fast niemanden.Im Gegenteil .Es macht Drogenhersteller reicher,und Teile der Gesellschaft versinken in Sucht u Elend .Höchste Zeit für eine neue Drogenpolitik Aber unter CDU-CSU wohl ehe Wunschdenken.

  • T
    Tony

    Habe nie verstanden warum wir eigentlich keine Drogen nehmen sollen - dass zu viele schlecht sind ist mir schon klar (da alle Übertreibungen schlecht sind, auch Arbeit, Sport, Sex und Essen), aber so von Zeit zu Zeit mal?

    "Recreational drug use" - Das sagst doch schon alles.

  • U
    Unwichtig

    "Als besonders gefährlich wird das erstmals 2007 aufgetauchte Mephedron betrachtet, das ähnlich wie Kokain und Ecstasy wirkt, aber schon mehrere Todesfälle provoziert hat."

     

    Der Gebrauch einer Droge ist nicht zwangsläufig tödlich. Es kommt darauf wie man sich beim Gebrauch verhält. Um an Mephedrone zu sterben muss man es schon mindestens so exzessiv einsetzen wie jemand der an Kokain stirbt selbiges einsetzt. Von daher sollte man es nicht als gefährlicher ansehen. Außerdem gibt es Researched Chemicals (wie das Mephedrone) nur aus dem Grund, dass Drogen wie Kokain, Cannabis, Ecstasy etc. illegalisiert wurden. Mittlerweile gibt es für viele illegale Drogen einen Ersatz.