Gaza-Krieg: USA wollen Palästinenser laut Bericht nach Libyen umsiedeln
Laut NBC führt die Trump-Regierung Gespräche mit libyschen Politikern zur Aufnahme von einer Million Palästinenser:innen. Die Idee ist nicht neu.

NBC beruft sich auf Gespräche mit gut informierten Quellen aus der Administration in Washington. Ein Sprecher des US-Außenministeriums bestritt die Existenz eines solchen Plans, ebenso wie die US-Botschaft für Libyen, die aus Sicherheitsgründen nach Tunis verlegt wurde.
Viele Libyer vermuten, die Veröffentlichung des Plans diene als Test der öffentlichen Meinung, sei aber ernst gemeint. Israelische Medien spekulieren seit Monaten über mögliche Zielländer für die über zwei Millionen Palästinenser:innen in Gaza. Nationalradikale Politiker wie Finanzminister Bezalel Smotrich schlugen bereits Somaliland oder den Sudan vor, doch konkrete Verhandlungen mit den dortigen Regierungen gab es offenbar nicht.
Mit nur sieben Millionen Einwohnern ist Libyen eines der am dünnsten besiedelten Länder Nordafrikas. Das Land ist in zwei rivalisierende Regierungen gespalten. Eine sitzt im Westen in Tripolis, die andere in Bengasi im Osten. Laut dem westlibyschen Innenminister Emad leben dort derzeit über zwei Millionen Migrant:innen, von denen viele in ihre Heimatländer abgeschoben werden sollen.
Eindeutige Ablehnung in Libyen
Die Idee, die politische Spaltung Libyens für die Umsiedlung der Palästinenser:innen zu nutzen, tauchte erstmals vor Monaten in einem Artikel der „Times of Israel“ auf. Der Artikel verwies auf Kontakte israelischer Sicherheitsbehörden zur „Libyschen Nationalarmee“ von Khalifa Haftar und spekulierte über Details: So seien etwa für die Aktion 1173 Flüge von Ägypten nach Bengasi nötig.
In Tripolis und Bengasi ist die Ablehnung des Plans eindeutig. „Niemand in Libyen wird es wagen, sich zum Handlanger eines Genozids zu machen“, sagt Moutaz Mathi, ein Journalist aus Tripolis. Nach den Kriegen seit 2011 fürchten viele, dass sich erneut radikale Milizen im Land festsetzen könnten.
Obwohl der Plan als absurd gilt, ist die Enttäuschung groß, dass die NBC-Meldung eine der wenigen westlichen Reaktionen auf Libyens aktuellen Machtkampf ist. In der vergangenen Woche lieferten sich Regierungsmilizen und rivalisierende Warlords schwere Straßenkämpfe.
Während Israels Radikale noch kein Zielland für die Palästinenser:innen aus Gaza gefunden haben, gibt es für die Vertriebenen aus den Flüchtlingslagern Jenin und Tulkarem im Westjordanland klare Anweisungen, nach Jordanien zu gehen. Der palästinensische Menschenrechtsaktivist Issa Amro aus Hebron erklärte der taz, Israel habe sowohl im Westjordanland als auch in Gaza eine neue Phase seiner Strategie eingeleitet, um möglichst viele Palästinenser:innen zur Ausreise zu zwingen: „Die Zahl der Übergriffe im Westjordanland haben gleichzeitig mit den neuen Luftangriffen in Gaza drastisch zugenommen, immer mehr Familien wollen gehen.“
Israels Finanzminister Smotrich hatte diese Strategie vor Monaten angekündigt und das Aushungern als Druckmittel erwähnt. Laut ihm hätten die ersten 300 Palästinenser:innen den Grenzübergang bei Rafah bereits passiert.
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