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Bergsteiger-Geiselnahme in der OsttürkeiDie Kraft der PKK

Deutschland solle seine kurdenfeindliche Politik aufgeben, dann würden die entführten deutschen Bergsteiger freigelassen, so eine Erklärung der PKK.

Die PKK knüpft die Freilassung der nahe des Berges Arrarat entführten Geiseln an politische Forderungen. Bild: dpa

ISTANBUL taz "Am 9. Juli sind drei deutsche Staatsbürger von unseren Kräften festgenommen worden. Ihr Gesundheitszustand ist gut. (…) Solange der deutsche Staat keine Erklärung abgibt, dass er von seiner feindlichen Politik gegenüber dem kurdischen Volk und der PKK absieht, werden die festgenommenen deutschen Staatsbürger nicht freigelassen".

Mit dieser Erklärung, die über die PKK-nahe Nachrichtenagentur Firat verbreitet wurde, hat die Führung der kurdischen Guerillaorganisation sich am Donnerstagnachmittag wie angekündigt gemeldet und ihre Bedingungen für die Freilassung der drei deutschen Bergsteiger verkündet, die in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch auf dem Berg Ararat verschleppt worden waren. Damit steht nun eindeutig fest, dass die Entführung aus dem in 3.200 Meter Höhe gelegenen Basiscamp des biblischen Berges Ararat eine zentral geplante Aktion der PKK war, die das Ziel hat, die Bundesregierung zu einer Änderung ihrer Politik zu zwingen.

Von den drei Bergsteigern, die 65, 47 und 33 Jahre alt sind, fehlt jede Spur. Während die zehn anderen Mitglieder der Gruppe aus Bayern am Mittwoch den Berg verließen und in die Kreisstadt Dogubeyazid zurückkehrten, wo sie gestern von einer Delegation des Deutschen Alpenvereins abgeholt wurden, haben die türkischen Behörden den Ararat mittlerweile für alle Bergsteiger gesperrt. So kann die Gendarmerie ungehindert das Gelände nach den Entführern und ihren Geiseln durchkämmen.

Der Gouverneur der Provinz Agri, Mehmet Cetin, der die Aktion leitet, gibt sich zuversichtlich, die Entführten bald aufspüren zu können. Doch selbst wenn die türkische Armee das Entführungskommando der PKK orten kann, dürfte die Bundesregierung sich gegen ein militärisches Eingreifen aussprechen, um das Leben der Geiseln nicht zu gefährden. Hält die PKK an ihrer Bedingung für die Freilassung der Geiseln fest, könnte sich ein längeres Drama entwickeln.

Zwar sind sich alle Experten einig, dass den Geiseln durch die PKK keine unmittelbare Lebensgefahr droht, doch eine Freilassung in wenigen Tagen, wovon das Entführungskommando auf dem Berg angeblich gesprochen haben soll, scheint nun ausgeschlossen.

Die PKK steht zur Zeit massiv unter Druck und will mit der Entführung unter anderem offenbar beweisen, dass ihre Guerillatrupps nach wie vor in der Lage sind, Aktionen auch relativ weit von ihrem eigentlichen Operationsfeld entlang der irakisch-türkischen Grenze entfernt, durchzuführen. Der größte Teil der noch aktiven Militanten der PKK hält sich seit Jahren in dem Kurdengebiet im Nordirak auf. Um zu verhindern, dass sie von dort aus Anschläge in der Türkei verüben, war die türkische Armee im Januar dieses Jahres, nach Absprache mit den USA, in einer spektakulären Aktion in die tiefverschneiten Berge im Nordirak einmarschiert und hatte dort etliche PKK-Gruppen aus ihren Stellungen entlang der Grenze vertrieben. Seitdem bombardiert die Armee immer wieder PKK Stellungen im Nordirak.

Nicht zuletzt auf Druck der USA hat sich auch die kurdische Regionalregierung im Nordirak widerstrebend zu einer Kooperation mit der Türkei gegen die PKK bereit gefunden. Wie der Zufall des politischen Kalenders es wollte, war der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan just gestern zu einer lange geplanten Reise in Bagdad und hat sich dort unter anderem auch noch einmal der Unterstützung im Kampf gegen die PKK versichert.

Aber nicht nur militärisch, auch politisch hat die PKK an Einfluss verloren. Bei den letzten Wahlen hat die AKP von Erdogan in den kurdischen Gebieten hohe Stimmengewinne erzielen können. Auch innerhalb der kurdischen Regionalpartei DTP wird heftig über ihre Haltung zur PKK gestritten.

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4 Kommentare

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  • SL
    Sonnengebräunter Linksfahrer

    Bei der Türkei ist man immer hin und her gerissen. Einerseits erlauben sie sich selber ziemliche Unglaublichkeiten, wie den Dauerunfrieden mit den Kurden im eigenen Land und noch viel schlimmer im Nordirak. Auf der anderen Seite hat man natürlich immer die Hoffnung, dass wenn man die Türkei nicht vor den Kopf schlägt und sie gewähren lässt, dass es durch ein Geben und Nehmen über längere Zeit doch zu einer Liberalisierung der Verhältnisse kommt. Zur Zeit läuft die Kurdensache alles andere als optimal. Durch den unterstützenden Druck der USA im Nordirak tendiert auch die Türkei dazu, etwas mehr Druck auszuüben als sie es sich ansonsten erlauben könnten. Die politische Entmündigung der PKK ist da nur der letzte Faktor, der eine Eskalation vorhersehbar machte. Ich bete (rhetorisch) zu Gott, dass sich die amerikanische Außenpolitik nach den nächsten Wahlen ändert, und die Welt aus dem Schraubstock dieser repressiven, hegemonialen Schraubstockpolitik genommen wird.

  • H
    Hakan

    Geister die ich rief...so oder ähnlich kommentieren viele Türken in Berlin diese Geiselnahme. Mit der neuen Taktik wird es wohl so ablaufen wie im Film mit der Kindesentführung (Mel Gibson?)...Die Bundesregierung wird der PKK drohen, den Schraubstock noch fester zu ziehen aber signalisieren, dass es bei schneller Freilassung auf dem Status Quo bleibt. Die PKK hätte ihre Schlagzeilen gehabt, würde bei schneller Freilassung gar Sympathiepunkte sammeln.

     

    Die können das gut inszenieren. Westliche Journalisten werden eingeladen, die sich gerne instrumentalisieren lassen. Es werden Bilder gezeigt, wie Geiseln mit den "Freiheitskämpfern" lächelnd Tee trinken, die gezwungen sind unschuldige Geiseln zu nehmen, mit Bergblumen unde umarmend sich von den Geiseln verabschieden...bla bla bla..

  • TT
    Tolle Taktik...

    ...durch Terrorismus beweisen zu wollen, dass man gar nicht so schlimm ist.

  • MG
    Mehmet Gül

    Bei der TAZ werden Meinungen abseits der Systemlinie erst gar nicht veröffentlicht.

     

    Deshalb zitiere ich nur Claudia Roth: "Ich liebe die Konflikte in der Türkei".

     

    Jetzt könnt ihr wieder den Löschknopf betätigen.