Benno Schirrmeister über Drogenpolitik: SPD beschädigt Sieling
Cool wirkt Bremen nur ganz selten, und das ist sicher ein Standortnachteil. Am ehesten hatte Bremens Politik in Sachen Glamour und Coolness noch mit ihrem liberalen drogenpolitischen Kurs punkten können – den die SPD jetzt preisgeben will, manche vermuten: Um die Grünen zu foppen.
Letztlich schießt sie sich damit allerdings selbst ins Knie. Und vor allem brüskiert die Fraktion so Bürgermeister Carsten Sieling. Denn eng mit dessen Amtsantritt verknüpft war ja Bremens Vorstoß zur bundesweiten Cannabis-Legalisierung. Der Stern und Der Spiegel und andere Medien berichteten. Ideale Imagewerbung war das: Cool eigentlich, das war so der Tenor, dieses Bundesland-Chefchen versucht endlich rechtlich zu verwirklichen, was längst zur Allgemeinbildung gehört: Dass Prohibition beseitigt werden muss, weil sie sozial schädlich wirkt und ihr Ziel, den Drogenkonsum einzuschränken verfehlt, ist ein empirisch breit abgesicherter Befund.
Klar, im Bundesrat ist man dann an der Beharrlichkeit der Vorurteile gescheitert: Kommt vor, wenn man als kleinster und schwächster gegen den Rest der Welt antritt. Statt sich aber wenigstens im Ländervergleich zu profilieren und sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, will man nun doch lieber die Praxis, die man als unvernünftig erkannt hat, fortsetzen. Warum? Weil es die Nachbarn auch so tun.
Sich dem schlechten Beispiel der Nachbarn anpassen, nur, weil die größer sind und stärker – das klingt wie eine Definition von schlechter Politik. Deren Protagonisten sind ängstliche Graumäuse: Genau dafür wird man Sieling künftig halten. Vielleicht kommt das ja der Wirklichkeit näher.
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