Bemühungen um Waffenstillstand: Alle Wege führen nach Kairo

Ein Punkt bei den Bemühungen um Waffenstillstand ist die Stationierung internationaler Beobachter. Strittig ist, wo: in Ägypten oder im Gazastreifen?

Mögliches Waffenstillstandspaket? Keine Hamas-Raketen mehr auf Israel und im Gegenzug eine Öffnung der Grenzen. Bild: dpa

Es waren schon merkwürdige Vermittlungsversuche, die bisher in Sachen Gazakrieg stattgefunden haben. Entweder reisten die Gesandten nach Israel zu einer der Kriegsparteien, oder sie sprachen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, dessen Einfluss auf die Ereignisse im Gazastreifen gegen null geht. Nur mit der Hamas, der zweiten Kriegspartei, wollte keiner sprechen. Doch auch die hatte keinerlei Interesse an Kontakten bekundet.

Das hat sich dieses Wochenende geändert. Die Hamas hat offensichtlich den Entschluss gefasst, über Ägypten, das diplomatische Beziehungen mit Israel unterhält und der wichtigste US-Verbündete im arabischen Raum ist, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen. Also reisten am Samstag gleich zwei Hamas-Delegationen in Kairo an, eine aus dem Gazastreifen, eine andere aus dem syrischen Exil.

Die Hamas hat nun ihre Bedingungen für einen Waffenstillstand verkündet. Sie fordert den Rückzug der israelischen Armee und die Öffnung der Grenzen, also die Aufhebung der israelischen Wirtschaftsblockade. Israel verlangt, dass Hamas den Raketenbeschuss beendet, und Garantien, dass die Grenze nach Ägypten besser abgesichert und damit der Waffennachschub für die Hamas unterbunden wird.

Nun versucht man in Kairo, ein Paket daraus zu schnüren: keine Hamas-Raketen mehr auf Israel und im Gegenzug eine Öffnung der Grenzen. Hinter den Kulissen kursiert der Vorschlag zur Stationierung einer internationalen Truppe. Sie soll sicherstellen, dass keine Hamas-Raketen mehr fliegen, und sie könnte in Zukunft die Grenzen sichern, kontrollieren und - für die palästinensische Seite wichtig - garantieren, dass sie offen bleiben.

Doch die Idee einer internationalen Truppe stößt auf Widerstand. Zunächst stellt sich die Frage, ob die Beobachter in Ägypten oder im Gazastreifen stationiert würden. Ägypten lehnt eine internationale Truppe auf seinem Boden ab. Hamas-Chef Chaled Maschaal wiederum erklärte in Damaskus, dass internationale Beobachter im Gazastreifen als Besatzungstruppen angesehen würden. Das sollte aber wohl eher dazu dienen, den Preis bei den Verhandlungen in die Höhe zu treiben (siehe auch Interview unten). Denn die Forderung nach internationalen Beobachtern ist im Grunde genommen eine alte Forderung der Palästinenser, die sich davon mehr internationale Beachtung versprechen.

Eine weitere Möglichkeit der Grenzsicherung wäre es, dass der Sicherheitsapparat der Fatah unter dem Kommando von Palästinenserpräsident Abbas die Grenzüberwachung übernähme. Aber ein erneuter Einzug der Fatah in Gaza als Ergebnis der israelischen Offensive würde diese in arabischen Augen sofort als Verräter abstempeln. Voraussetzung für einen solchen Deal wäre die Schaffung einer palästinensischen Einheitsregierung, in der sich Hamas und Fatah erneut die Macht sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland teilen. Die ägyptische Seite hat bereits mehrmals verkündet, dass sie eine solche Einheitsregierung für unverzichtbar hält. Das Problem für Israel und für die Hamas ist es, einem Waffenstillstand zuzustimmen, ohne das Gesicht zu verlieren.

Israel wiegt sich im Moment noch siegesgewiss in der Hoffnung, die Kapazitäten der Hamas ernsthaft schädigen zu können. Es gerät allerdings international immer mehr unter Druck, auch wenn es seine Verbündeten von der Notwendigkeit der Selbstverteidigung überzeugen konnte. Doch die Fragen nach der israelischen Vorgehensweise und der Verhältnismäßigkeit werden immer lauter. Die Hamas ihrerseits reklamiert schlichtweg einen Sieg für sich, solange sie noch Raketen auf Israel abschießen kann. Zivile Opfer im Gazastreifen werden aber auch hier die eigene Bevölkerung zunehmend nach der Verhältnismäßigkeit fragen lassen. Doch niemand in Gaza will die Leiden des Krieges erneut wieder nur durch die Leiden des Wirtschaftsembargos ersetzt sehen. Im Moment glauben beide Seiten noch, ihre Ziele militärisch erreichen zu können.

Mit den Verhandlungen in Kairo hält man sich eine Hintertür offen. Sowohl der Chef des ägyptischen Geheimdienstes, Omar Suliman, als auch Vertreter des türkischen Außenministeriums, entsandt von Ankaras Premier Tayyip Erdogan, sitzen dort mit den Hamas-Vertretern zusammen. Daneben trifft sich Suleiman in Kairo mit Amos Gilad, dem Berater des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak. Es finden in der ägyptischen Hauptstadt also indirekte Gespräche zwischen Israel und der Hamas statt. Im Viereck aus ägyptischem Geheimdienst, türkischen Vermittlern, Hamas-Delegierten und dem Entsandten aus Israel sucht man dort nach kreativen Lösungen, um die UN-Waffenstillstandsresolution mit Inhalten zu füllen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.