Belastung von Lebensmitteln: Atomstrahlen in Frankreich erhöht
Die unabhängige Strahlenmessstelle CRIIRAD warnt vor radioaktiv belasteter Milch und Regenwasser in Europa. Die EU-Kommission bleibt bislang gelassen.
BERLIN taz | Die Belastung von Lebensmitteln durch den radioaktiven Fallout aus Fukushima wird auch in Europa zu einem Thema. Die unabhängige französische Strahlenmessgruppe "Commission de Recherche et d'informations indépendants sur la Radoactivité" (CRIIRAD) hat erklärt, die Kontamination mit radioaktivem Jod-131 sei "nicht länger zu vernachlässigen". Proben aus dem Südwesten Frankreichs hätten im Regenwasser einen Wert von 8,5 Becquerel (Bq) ergeben. Zuvor hatte die staatliche Atomsicherheitsbehörde IRSN Milch gefunden, die ebenfalls schwach belastet war. Der EU-Kommission liegen dagegen keine entsprechenden Informationen vor.
Es gebe "keinen Grund zur Panik", betont CRIIRAD in einer Erklärung. Niemand solle Jodtabletten schlucken oder sich gar zu Hause einschließen. "Aber im Normalfall sollten keine Spuren von Jod-131 im Regenwasser oder in der Milch zu finden sein", hieß es. Zwar seien die Dosen noch extrem gering, aber die Belastung von Luft und Wasser werde "auf jeden Fall noch zwei Wochen anhalten" und könne im schlimmsten Fall auf einige hundert oder tausend Bq pro Quadratmeter ansteigen. Der Wert Becquerel gibt an, wie viele radioaktive Zerfallsprozesse in einer Sekunde stattfinden.
Unabhängige Forscher raten der Bevölkerung, sich nicht auf Regenwasser als Trinkwasser zu verlassen, Schwangere, stillende Mütter oder Kinder sollten vorsichtig sein bei Frischmilch, Frischkäse und dem Verzehr von Spinat, Salat und Kohl. Das Wasser in Stauseen, in denen sich die radioaktiven Teilchen aus der Luft und aus Flüssen sammeln, sollten verstärkt kontrolliert werden. Diese Warnungen gelten auch für den Rest Europas wie Deutschland, hieß es. Die Belastung mit radiaoktivem Jod ist Folge der Reaktorkatastrophe in Fukushima.
Der EU-Kommission liegen dagegen keine Informationen aus den Mitgliedsländern über erhöhte Strahlenmessungen an Lebensmitteln vor. Der Sprecher der Generaldirektion Energie, Frédéric Vincent, erklärte auf Anfrage der taz, die von CRIIRAD angegebenen Werte lägen auch "weit unterhalb des legalen Grenzwerts".
Erst in der letzten Woche hatte die Kommission angekündigt, man werde die Alarmwerte für den Import von Lebensmitteln im Fall einer Atomkatastrophe verschärfen. Vorher waren die europäischen Grenzwerte in die Kritik geraten, weil sie deutlich höhere radioaktive Belastungen erlaubten als in Japan selbst.
Leser*innenkommentare
G. Eigerzähler
Gast
Wie misst man eigentlich 8,5 Bequerel?
Da muss man schon die Probe mit meterdicken Bleiwänden abschirmen, um eine derart geringe Radioaktivität zu detektieren....
noevil
Gast
Was ist dazu von Alaska, Kanada und den USA zu hören? Es wird gar nicht erwähnt, dass sicherlich vom aus dem Westen kommenden Wind die Partikel zunächst diese Territorien überqueren müssen, bevor sie uns tangieren.
Oder reicht unsere strahlende Weltsicht von Japan aus ohne Umwege nur bis zu unserem Nabel?
Ausserdem würde mich als Laie interessieren, wie zwischen japanischer, amerikanischer und bspw. französischer Strahlung unterschieden und damit ihre Herkunft identifiziert werden kann.
anna
Gast
Und hier der Link zu den Messungen der Uni Oldenburg über die Strahlenbelastung in der Luft durch Fukushima:
http://uwa.physik.uni-oldenburg.de/52520.html
swilly
Gast
"Atomstrahlen in Frankreich erhöht"
Herr Pötter, was bitte sind denn Atomstrahlen? Radioaktive Strahlung, Radioaktivität, Kernstrahlung sind ja allgemein bekannt. Aber Atomstrahlen?
Immer schön trivial bleiben, dann klappts auch mal bei der BILD.
Libertiner
Gast
Vielleicht wird alles besser, wenn wir ein paar Glühbirnen auswechseln und das Rauchen einstellen-, dann kann die EU- Kommission weiter pennen.
Thomas
Gast
Da fragt man sich, ob man dieses Jahr überhaupt Salat und ähnliches in den Garten setzen soll...
Hagen
Gast
Was sind eigentlich "Atomstrahlen"?
knittel
Gast
wie hoch ist der legale Grenzwert ?
und wann beginnt der illegale Grenzwert ?
Warnung hat nichts mit Panik zu tun
Gast
Immer dasselbe:
Jede Warnung, jede Vorsichtsmaßnahme, jeder noch so zögerliche Hinweis auf mögliche Probleme wird nun immer gleich als angebliche PANIK hingestellt!
Was soll das bitte?
Wer macht denn Panik? Niemand, außer diejenigen, die anderen ständig vorwerfen Panik zu machen.
Der Vorwurf der angebichen "Panikmache" ist wohl eher eine pauschale Diffamierung und der Versuch einer ZENSUR durch die Hintertür.
vantast
Gast
Das ist unkritisch. In der Nähe von Atomkraftwerken gibt es sowieso erhöhte Krebswerte, die Regierung hat sich dran gewöhnt.
Bleed Ranner
Gast
Der Titel des Artikels ist ein wenig "BILDlike", also reißerisch, ideologisch und technisch unkorrekt.
Markus
Gast
Was bitte sind Atomstrahlen?
Pümpel
Gast
Wow! "Atomstrahlen"! Respekt, die taz hat wirklich immer nur die klügsten Köpfe am Start...
Rene
Gast
8,5 Bq pro was? Pro Liter? Pro Kubikmeter? Pro Regenschauer?
Und 8,5 Bq entsprechen bei 131 Iod ca. 0,19 Mikrosievert. Also nichts Beunruhigendes. Viel mehr Sorgen mache ich mir um die Menschen in Japan.
Und bisher ist ja nur ein kleiner Teil der gesamten Radioaktivität aus den AKWs entwichen.