Bekämpfung des "Extremismus": Staatsknete nur gegen Treueschwur
Das sächsische Innenministerium will von allen geförderten Vereinen und Initiativen eine Antiextremismuserklärung verlangen. Selbst von Fußballvereinen und Feuerwehren.

DRESDEN taz | Das sächsische Innenministerium will künftig von allen geförderten Initiativen und Vereinen eine Verfassungstreueerklärung verlangen - gekoppelt an die Absage der Zusammenarbeit mit "Extremisten".
Man wolle dabei über die Bundesprogramme und die vom Landesprogramm "Weltoffenes Sachsen" geförderten Initiativen hinausgehen, sagte Ministeriumssprecher Frank Wend. "Quer durch alle Ministerien" könne eine solche Erklärung beispielsweise auch von Fußballvereinen oder Freiwilligen Feuerwehren verlangt werden. Dafür müsse möglicherweise das Haushaltsgesetz geändert werden.
Am 9. November war es in der Dresdner Frauenkirche zu einem Eklat gekommen, als das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Pirna den ihm zugedachten sächsischen Demokratiepreis wegen dieser verlangten Erklärung ablehnte. Die zweimalige Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan (SPD) hatte damals als Laudatorin vor einer "Kultur des Misstrauens" gewarnt, wenn solche Initiativen bei ihren Partnern eine Gesinnungsprüfung vornehmen sollen.
Das Bundesfamilienministerium verlangt bereits seit dem 1. Oktober für seine Programme "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" und "Initiative Demokratie stärken" eine solche Erklärung. Demnach müssen sich nicht nur die Projektträger selbst zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, sondern auch ihre Partner überprüfen. Im Bundesinnenministerium wird die Erklärung vom kommenden Jahr an für das Programm "Zusammenhalt durch Teilhabe" verbindlich.
Der weit darüber hinausgehende Vorstoß des sächsischen Innenministeriums ist indessen im Freistaat selbst noch nicht mit den anderen Ressorts abgestimmt worden. "Das Thema ist hier nicht bekannt", sagt der Sprecher des Finanzministeriums. Auch im Sozialministerium, über das die Förderprogramme der Jugendarbeit laufen, betont man die Initiativrolle des Innenministeriums. Unter den infrage kommenden Dachverbänden weiß beispielsweise auch der Landessportbund noch nichts von dieser Absicht.
Auf der Innenministerkonferenz am 18. November war der sächsische Vorstoß ebenfalls kein offizielles Thema. Sachsens Ressortchef Markus Ulbig (CDU) hat aber in Gesprächen am Rande für eine bundeseinheitliche Bindung staatlicher Förderung an die umstrittene Treueerklärung geworben. Mit wenig Erfolg, wie zu erfahren ist.
Sein Kollege Holger Hövelmann (SPD) aus Sachsen-Anhalt lehnt ein solches Verfahren seit Längerem ab. Als ein "Unding" bezeichnet sein Sprecher die verlangte Unterschrift, die Fördermittelempfänger spalte und in erhebliche Schwierigkeiten bringe. "Wir werden so etwas nicht fordern."
Das renommierte Kulturbüro Sachsen, das seit zehn Jahren Initiativen gegen Rechtsextremismus begleitet, hat unterdessen ein Gutachten zum Text der verlangten Erklärung in Auftrag gegeben. Voraussichtlich zu Beginn der zweiten Dezemberwoche wird sich der Staats- und Verfassungsrechtler Ulrich Battis von der Humboldt-Universität Berlin dazu äußern.
Wie vorab zu erfahren war, beanstandet er das verlangte Bekenntnis zum Grundgesetz und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht. Nicht haltbar sei hingegen der zweite Teil, der von den zivilgesellschaftlichen Initiativen eine Überprüfung ihrer Partner auf extremistische Tendenzen verlangt.
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