Beitrittsgespräche EU-Türkei: Ein Appell an den Rechtsstaat
Es ist ein Akt mit starker Symbolkraft: Das Europaparlament spricht sich für das Einfrieren der Verhandlungen mit der Türkei aus.
Die Resolution ist eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission, die für die Beitrittsgespräche zuständig ist. Rechtlich ist sie nicht bindend, ihr kommt aber eine hohe Symbolkraft zu. Sie ist eine Reaktion auf die Verhaftungswelle in der Türkei nach dem Putschversuch Mitte Juli.
Nach Medienangaben wurden über 36.000 Menschen in der Türkei in Untersuchungshaft genommen. Mehr als 75.000 zivile Staatsbedienstete und Angehörige der Sicherheitskräfte wurden entlassen, Tausende weitere suspendiert. Die türkische Regierung wirft ihnen Verbindungen zur Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen vor, die sie für den Putschversuch verantwortlich macht.
Die EU-Abgeordneten forderten zudem, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe automatisch eine formale Suspendierung der Beitrittsverhandlungen zur Folge haben solle. Für eine Wiederaufnahme der Gespräche bräuchte es danach einen einstimmigen Beschluss der EU-Länder. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat mehrfach die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel gebracht.
Türkei zeigt wenig Interesse
Wichtig war den Europapolitikern, dass es sich um eine temporäre Forderung handelte. Sie wollen ihre Position überprüfen, sobald die Türkei den Ausnahmezustand aufgehoben hat. Entscheidend soll dann sein, inwieweit die Türkei zu rechtsstaatlichen Verhältnissen und einer Achtung der Menschenrechte zurückgekehrt ist.
Erdoğan hatte bereits im Vorfeld angekündigt, die Entscheidung des Europaparlaments interessiere ihn nicht: „Diese Abstimmung hat überhaupt keinen Wert, egal welches Ergebnis herauskommt“, sagte der türkische Präsident bei einem Treffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul.
Ddie türkische Regierung hat die Forderung des Europaparlaments scharf kritisiert und zugleich als irrelevant abgetan. „Diese Entscheidung hat überhaupt keine Bedeutung für uns“, sagte Ministerpräsident Binali Yıldırım am Donnerstag in Ankara. „Die Beziehungen mit der Europäischen Union sind ohnehin nicht so eng. Das ist eine Beziehung, die mit Mühe und Not und widerwillig läuft.“
Yıldırım warf dem EU-Parlament „Doppelmoral“ vor und attestierte ihm, „arm an Demokratie“ zu sein. Der türkische EU-Minister Ömer Çelik sagte an die Adresse der Abgeordneten: „Sie sollten sich vom türkischen Volk über Demokratie belehren lassen.“ Çelik nannte die Resolution „null und nichtig“. Die EU selber befinde sich in einer „Wertekrise bezüglich Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie und Antisemitismus“, die sie nun an der Türkei auslasse.
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