: Beim Bombardement ist das Völkerrecht egal
■ Die US-Truppen am Golf planen den Abwurf von Streubomben über dem Irak. Das Rote Kreuz hält das für einen Verstoß gegen das Volkerrecht. Doch bei der UNO sieht man das anders
Genf (taz) – Verstößt der von US-Militärs geplante Einsatz von Streu- und Splitterbomben gegen den Irak dem humanitären Völkerrecht? Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sagt ja. Bei der UNO heißt es dagegen nein – wohl mit Rücksicht auf den eiflußreichsten Mitgliedsstaat USA.
Die in der Golfregion stationierten B-1-Bomber der US-Luftwaffe sind nach Angaben des Pentagons jeweils mit bis zu 30 hochmodernen Präzisionsstreubomben vom Typ CBU-97 („cluster bomb unit“, erstmals in Dienst gestellt 1997) bewaffnet. Damit soll ein vollbewaffneter B-1-Bomber bei nur einem Einsatz ein ganzes Panzerbataillon vernichten können.
Laut IKRK wäre der Abwurf dieser Waffe jedoch ein Verstoß gegen das völkerrechtlich verbindliche Gebot der Genfer Konventionen aus dem Jahr 1949, Schaden unter Zivilisten zu vermeiden. Artikel 51 des ersten Zusatzabkommens von 1977 zu diesen Konventionen verbietet den Einsatz von Waffen wie der Streubombe dort, wo – wenn auch nur unbeabsichtigt – Zivilisten zu Schaden kommen können. Zu seiner Einschätzung kommt das IKRK aufgrund der verheerenden Verletzungen, die Streu- und Splitterbomben in zahlreichen bewaffneten Konflikten seit dem Zweiten Weltkrieg unter Zivilisten angerichtet haben – insbesonders im letzten Golfkrieg. Damals warfen US-Kampfflugzeuge verschiedene Arten von Streubomben ab, unter anderm „Rockeye II MK 20“. Diese zerteilt sich nach dem Abwurf in 247 Einzelbomben, die beim Aufschlag die Fläche eines Fußballfeldes abdecken und bei ihrer Explosion rund 500.000 Granatsplitter versprühen.
Nach offizieller Darstellung des Pentagons wurden Streubomben im Irak nur gegen militärische Ziele und in ausreichender Entfernung ziviler Einrichtungen eingesetzt. Doch nachdem Ende Januar 1991 versehentlich ein US-Soldat durch eine US-Streubombe getötet wurde, mußte der Oberkommandierende General Norman Schwarzkopf einräumen, daß Streubomben auch über zivilen Zielen abgeworfen wurden. Neben der Hauptstadt Bagdad war auch die Straße nach Jordanien, auf der sich damals auch Flüchtlingskonvois bewegten, Angriffsziel.
Trotz dieser Erfahrungen hat die UNO keine Bedenken gegen den Einsatz von Streubomben in einem nächsten Golfkrieg. Dies sei „völkerrechtskonform“ erklärte die Sprecherin des Genfer UNO- Sitzes, Therese Gastaut, gestern auf Anfrage der taz. Begründung: Weder in den Genfer Konvention von 1949 noch in der UNO-Konvention zum Verbot besonders inhumaner Waffen von 1980 seien Streu- oder Splitterbomben ausdrücklich aufgeführt.
Die Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit stellt sich auch bei anderen Waffen, die die US-Streitkräfte im Krieg von 1991 gegen militärische und zivile Ziele einsetzten. Darunter Napalmbomben sowie FAE-Druckbomben, die mit ihrem hochexplosiven Benzin- Sprengkopf-Gemisch auf einer Fläche von einem Quadratkilometer die Zerstörungswirkung einer Atombombe haben und selbst bei weit entfernten Personen Trommelfelle und innere Organe platzen lassen. Alle diese Waffen und Munitionstypen befinden sich auch diesmal wieder in den Arsenalen, die die US-Streitkräfte für einen eventuellen Angriff gegen den Irak bereithalten. Andreas Zumach
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