Beginn der Heuschnupfensaison: Birkenpollen fliegen früher
Alle Allergene sind schon da - und die Saison dauert immer länger, sagen Meteorologen der FU. Insbesondere die reizende Ambrosia verbreitet sich weiter.
Schlechte Nachrichten für Allergiker: Die Flugzeit der Birkenpolle, auf die viele mit starkem Heuschnupfen reagieren, hat Anfang dieser Woche begonnen - und damit etwa sieben Tage früher als im vergangenen Jahr. Das gab das Institut für Meteorologie der Freien Universität (FU) Berlin am Mittwoch bekannt. Allergiker kommen generell kaum zur Ruhe. Aufgrund der Klimaerwärmung blühen die Pflanzen nicht nur früher, sondern insgesamt länger. "In Zukunft bleibt nur noch der November pollenfrei", sagt Sandra Kannabei, Geografin und Pollenexpertin der FU.
Das Institut für Meteorologie betreibt gemeinsam mit dem privaten Berliner Wetterdienst MeteoGroup einen Polleninformationsdienst in Steglitz. Schon im März haben Erle und Hasel geblüht, viele Allergiker leiden jedoch besonders unter dem Flug der Birkenpolle. Laut Institut für Meteorologie habe sich die Blühdauer der Birke seit 1984 um acht Tage verlängert.
Ein weiteres Problem ist nach wie vor die Ambrosia, warnt die FU. Die Pflanze wurde vor einigen Jahren aus Nordamerika eingeschleppt und breitet sich seitdem vor allem im Osten Berlins enorm aus. Sie blühe von Juli bis Ende Oktober, die Pollen seien hochallergen, so Sandra Kannabei: Die Pflanze könne auch bisher nicht-allergische Menschen reizen, bei Allergikern löse sie Heuschnupfen, Asthmaanfälle oder, beim Berühren der Pflanze, Juckreiz aus.
Berlin versucht seit Jahren, die Ausbreitung der Ambrosia einzudämmen: 1-Euro-Jober hatten nach Beständen der Pflanze gesucht und sie herausgerissen. Die Arbeit dieser sogenannten Scouts sei wichtig, erklärt FU-Meteorologe Thomas Dümmel.
Dieses Jahr könnten die Scouts allerdings nur eingeschränkt eingesetzt werden. "Die Jobcenter stellen uns weniger Scouts zur Verfügung", sagt Dümmel. So könnten nur die Bezirke Lichtenberg, Pankow, Neukölln und Spandau abgedeckt werden. Das Meteorologische Institut hoffe deshalb, dass sich die Bevölkerung an der Bekämpfung der Pflanze beteilige.
Ein Problem: Die Ambrosia lässt sich nur schwer von einigen heimischen Pflanzen unterscheiden. Sie sieht vor allem dem gemeinen Beifuß ähnlich: Beide Pflanzen sind mehr als einen Meter hoch und haben verzweigte Blätter. Die Blattunterseite des Beifußes ist jedoch nicht grün, sonder silbrig-weiß. Die einjährige Ambrosia kann einfach ausgerissen werden, erklärt Meteorologe Dümmel.
Allerdings gibt es noch eine zweite Sorte: eine Ambrosiastaude, deren Wurzeln tief im Boden verankert sind. "Die Pflanze vermehrt sich über ihre Wurzeln, sie auszureißen bringt nichts", so Dümmel. Sie werde vor allem durch Menschen verbreitet, etwa durch Baustellen - "wenn Erde wegtransportiert und an anderer Stelle wieder hingepackt wird". Da im Ostteil der Stadt am meisten gebaut werde, seien dort die Bestände der Ambrosiastauden am größten, erklärt Dümmel.
Wer unter Heuschnupfen leidet, sollte diesen behandeln, rät der Allergologe Michael Silbermann. Sonst könnte sich daraus eine chronische Bronchitis entwickeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch