Beginn der Fangsaison: Ein toter Wal sind meist zwei
Viele der von Norwegens Fischern getöteten Wale sind weiblich und trächtig, hat eine TV-Dokumentation gezeigt. Die Saison beginnt trotzdem wieder.
Fischereiminister Per Sandberg von der rechtspopulistischen Fortschrittspartei stellte für das kommende Jahr sogar bereits eine Quote von 2000 Tieren in Aussicht. Da es für so viel Walfleisch in Norwegen überhaupt keinen Markt gibt, kündigte er vermehrte Exportanstrengungen nach Japan an. Zuletzt war das unverkäufliche Fleisch teilweise zu Tierfutter verarbeitet worden.
Norwegen und Island sind die einzigen Länder, die im Widerspruch gegen das 1986 beschlossene internationale Walfangmoratorium kommerziellen Walfang betreiben. Japan benutzt das Schlupfloch „Forschungswalfang“ und beendete vergangene Woche mit 333 „zu Forschungszwecken“ getöteten Walen seinen diesjährigen Antarktiswalfang. Die beiden europäischen Länder halten sich auch nicht an das internationale Handelsverbot mit Walprodukten, sondern handeln untereinander und exportieren Walfleisch nach Japan.
Seit dem Walfangmoratorium hat Norwegen über 12.000 Wale getötet, mehr als die anderen Walfangländer zusammen. „Angesichts der Tatsache, dass eine große Mehrheit der Wale trächtig ist, muss man ja fast von doppelt so vielen ausgehen“, empört sich Astrid Fuchs von der Organisation Whale and Dolphin Conservation (WDC).
Das hatte Anfang März eine einstündige Walfangdokumentation in Norwegens öffentlich-rechtlichem Fernsehen NRK zum Thema gemacht: Ein TV-Team hatte das Fischerboot „Kato“ im vergangenen Jahr bei der Jagd auf Zwergwale im Barentsmeer begleitet. Dabei hatten die Kameramänner auch gefilmt, wie ein Fötus aus dem Bauch einen harpunierten Wals herausgeschnitten wurde.
Verbunden wurde diese Sequenz mit der Information, dass 90 Prozent aller im Rahmen des jährlichen Walfangs vor der norwegischen Küste getöteten Tiere weiblich und von diesen „fast alle“ trächtig seien. Ein toter Wal sind also in den meisten Fällen gleich zwei.
Für Truls Gulowsen, den Vorsitzenden von Greenpeace Norwegen, ist die Szene nur ein zusätzlicher Beweis dafür, dass der norwegische Walfang „noch weniger akzeptabel als sowieso schon geworden ist“. Die Umweltorganisation kommentierte, es sei „wahnwitzig, dass die Behörden dies zulassen“.
Die Vermutung, dass der internationale Protest gegen den norwegischen Walfang nun weiter wachsen werde, erfüllte sich prompt. Ein Internetaufruf gegen das „weltweit größte Walschlachten“ überschritt am Samstag die Marke von 2,5 Millionen Unterschriften. Am Start der Jagdsaison änderte das allerdings erst einmal nichts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen