Beelitzer züchten Islandpferde: Zum Titel im fünften Gang
In Beelitz züchten Vicky und Bergthór Eggertsson Islandpferde - und stellen mit "Lotus" den Star der diesjährigen "Isländer"-Weltmeisterschaft in Karlshorst.
Das schnellste Islandpferd der Welt heißt Lotus. Mit 19 Jahren ist es im besten Alter und lebt mitten in Brandenburg: auf einem Hof in Beelitz-Schönefeld. Lotus ist ein Superstar der kleinen, eng verwobenen Szene der Islandpferde-Sportler. Die trifft sich in dieser Woche zur Weltmeisterschaft im frisch herausgeputzten Pferdesportpark Karlshorst.
Am Freitag steht das Passrennen auf dem Programm. Es ist so etwas wie die Formel 1 des Islandpferdesports: schnell, rassig, spektakulär und für alle Zuschauer leicht verständlich. Je zwei Pferde rennen aus einer Box 100 und 250 Meter geradeaus bis über die Ziellinie. Am Ende siegt immer Lotus. Jedenfalls war es bei den Weltmeisterschaften 2007, 2009 und 2011 so. „Ich hoffe, wir können diese Erfolge jetzt in Berlin wiederholen. Es sieht gut aus“, gibt sich Bergthór „Beggi“ Eggertsson, Reiter und Besitzer von Lotus, optimistisch.
Viermal gab’s noch nie
Der erneute Titel wäre die sportliche Krönung für Ross und Reiter. Viermal hintereinander Weltmeister, das ist noch keinem Sportler auf ein und demselben Islandpferd gelungen. Aber der gebürtige Isländer Eggertsson und Lotus trainieren dafür rund 20 Stunden wöchentlich in ihrer Brandenburger Wahlheimat. Bei der WM treten sie für die isländische Nationalmannschaft an.
Wenn Bergthór Eggertsson auf seinem Hof über sein „Sportmaterial“ spricht und Lotus dabei fast liebevoll striegelt, kommt er ins Schwärmen: Geduldig und leicht zu führen sei der nur 1,43 Meter große Wallach, leistungs- und nervenstark und vor allem mit einem guten Charakter ausgestattet. „Ein echter Rennpasser.“ Spitzenpferde wie Lotus erreichen bei dieser Gangart Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometern.
Die Anschaffung von Lotus im Jahr 2003 war für Eggertsson ein nachhaltiger Glücksgriff. Ungesehen, aber auf ausdrückliche Empfehlung eines isländischen Nationalreiters kaufte er das in Holland gezüchtete Tier. Schon der Preis war unschlagbar: „10.000 Euro hat Lotus gekostet“, erinnert sich der 39-Jährige an den wohl besten Deal seines Lebens. „Heute gehen bei Auktionen bis zu 100.000 Euro für gute Zuchtpferde über den Tisch.“
Im Jahr 2007 übernahmen Eggertsson und seine deutsche Frau Vicky den verödeten und fremdgenutzten Hof im Beelitzer Ortsteil Schönefeld. Nach und nach haben sie ihn zu einem hochmodernen Islandpferdegestüt ausgebaut. Heute stehen hier auf 180 Hektar rund 100 der nordischen Exportschlager.
Der etwas exotisch anmutende Pferdesport präsentiert sich in Karlshorst noch bis Sonntag in seiner erstaunlichen Vielfalt. „Isländer“ sind ganz spezielle Tiere und deshalb auch die einzige Rasse mit einer eigenen Weltmeisterschaft: Neben den allen Pferden eigenen Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp beherrschen sie zusätzlich Tölt und Pass. Der Tölt ist ein erschütterungsarmer Viertakt, beim Pass – dem „5. Gang“ – bewegen sich die gleichseitigen Beinpaare abwechselnd. Dazwischen liegt eine Flugphase, die bei den Rennen deutlich erkennbar ist. „Das ist wie bei Kamelen“, erklärt Eggertsson.
Vicky Eggertsson wird in Karlshorst ebenfalls dabei sein, allerdings nur als Ersatzreiterin für die deutsche Nationalmannschaft. Mit ihrem Pferd Herbert galt sie eigentlich in der 5-Gang-Disziplin als gesetzt, wurde dann aber nicht nominiert. Die Enttäuschung darüber will und kann sie nicht verheimlichen. „Ich verstehe das immer noch nicht. Vielleicht beende ich jetzt meine Karriere“, sagt sie, was wohl auch als Kritik am deutschen Islandpferde-Verband zu verstehen ist.
Für Bergthór Eggertsson auf Lotus dagegen droht im 250-Meter-Passrennen allenfalls aus Dänemark und Schweden so etwas wie Konkurrenz. „Eigentlich sind die beiden unschlagbar“, sagt fast ehrfürchtig die US-Reiterin Asta Covert. Kurz vor der WM legte sie mit dem US-Team noch einen Zwischenstopp auf dem Lotushof in Beelitz ein, dessen vierbeiniger Namensgeber am Freitag Sportgeschichte schreiben soll.
Leser*innenkommentare
Monia
Gast
Also erstens sind Isis bei weitem nicht die einzigen Pferde, die Tölt oder Pass gehen. Empfehlung dazu: Jung / Beerbaum: Reiten auf Gangpferden, erschienen bei Falken.
Zweitens: Was heißt denn hier "fast liebevoll"? Selbstverständlich liebt ein passionierter Reiter sein Pferd. Kopf schüttel.