Bedrohte Berliner Trailerparks: Räumungsdrohung statt Strom

Ob in Karlshorst oder Grünau: Bezirksämter drohen Trailerparks weiter mit rigorosen Maßnahmen.

Wohnwagensiedlung mit Fahrrädern

Prekäres Wohnen am Wiesenweg Foto: Tina Eichner

BERLIN taz | Denise Bandekow klingt verzweifelt. Sie lebt noch immer ohne Strom und Warmwasser im Trailerpark am Hönower Wiesenweg in Karlshorst. Ende vergangener Woche, erzählt sie am Telefon, sei der Katastrophenschutzbeauftragte des Lichtenberger Bezirksamts, Philipp Cachée, mit Polizeischutz gekommen und habe eine informell gelegte Stromleitung gekappt. „Cachée hatte gesagt, dass er uns helfen will, und nicht, dass uns der Strom abgeklemmt wird“, so Bandekow.

Das Bezirksamt will den Trailerpark auflösen. Begründung: Wohnen sei im Gewerbegebiet nicht erlaubt, zudem sei der Strom vom Vermieter illegal abgezapft. Nun ist der Strom abgestellt. Denise Bandekow versucht unterdessen seit Wochen, einen Ersatzwohnraum für ihren Wohncontainer zu bekommen, ohne Erfolg.

Zwar habe das Bezirksamt Lichtenberg „bereits alternative Übernachtungsmöglichkeiten angeboten, die auch von einigen Personen angenommen wurden“, schreibt das Amt auf Anfrage. Allein, die Alternative sollte für Bandekow ein Zimmer in einer Obdachlosenunterkunft sein. Das kommt für sie, wie für viele andere im Trailerpark, nicht infrage.

Die Auseinandersetzungen mit dem Eigentümer des Trailerparks, Ulrich Ziegler, wurde von Lichtenbergs Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) geführt. Hönicke war auch Ansprechperson für die Be­woh­ne­r*in­nen. Doch nun ist er weg, „freigestellt“, Grund sollen Ermittlungen wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen sein. Wie es nun weitergeht? Unklar.

Stress auch am Adlergestell

Der Wiesenweg ist dabei nicht die einzige Liegenschaft Zieglers, bei der ein Bezirksamt Druck macht. So gibt es derzeit auch am Adlergestell nahe des S-Bahnhofs Grünau Stress. Hier hat das Bezirksamt Treptow-Köpenick gegen Ziegler ein Zwangsgeld in Höhe von 40.000 Euro verhängt und droht mit Räumung, rund 100 Menschen wären betroffen. Wie schon bei der umstrittenen Räumung des Obdachlosencamps an der Rummelsburger Bucht im Februar 2021 wird auch in Grünau eine „Gefährdung für Leib und Leben“ in Anschlag gebracht.

Sollte der Eigentümer das Gelände am Adlergestell nicht bis Freitag in einer Woche räumen lassen, droht den Be­woh­ne­r*in­nen der Einsatz von „unmittelbarem Zwang“, wie es in einem Schreiben des Bezirksamts Treptow-Köpenick heißt, das der taz vorliegt. Ziegler selbst hatte Anfang April dem Bezirk angeboten, dass es seine Liegenschaften 10 Jahre lang als „Safe Places“ nutzen dürfe – unentgeltlich. Das Bezirksamt lehnte ab. Seitdem sind fast 7 Monate ergebnislos verstrichen.

Ob in Lichtenberg oder Treptow-Köpenick: Hier wie dort scheinen die Bezirksämter entschlossen, die Trailerparks zu räumen. Das geht weniger zulasten des Vermieters und seines umstrittenen Geschäftsmodells. Leidtragende sind vor allem die rund 300 Menschen in Karlshorst und Grünau, die auf dem umkämpften Wohnungsmarkt kaum eine Chance haben. Ausgerechnet zu Beginn der kalten Jahreszeit sollen sie geräumt werden, obwohl die Bezirke außerstande sind, Ersatzwohnraum anzubieten.

„Es ist ungeheuerlich, dass die Bezirksämter Streitigkeiten mit Ver­mie­te­r*in­nen auf dem Rücken der Anwohnenden austragen, welche sich ohnehin in prekären Lagen befinden“, kritisiert Alina Oftadeh von BARE, dem Berliner Bündnis gegen Antiziganismus und für Roma*-Empowerment. Räumungen in der Vergangenheit hätten oftmals dazu geführt, dass viele Betroffene nach vorübergehender Unterbringung in Hostels doch wieder in prekären Unterkünften oder auf der Straße landeten. Für Denise Bandekow ist aktuell nicht einmal ein Hostelplatz in Sicht.

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