Beckenbauer und WM-Vergabe 2018/22: Kaiser der Korruptionäre
Der Garcia-Report zur Vergabe der WM-Turniere nach Russland und Katar ist öffentlich. Franz Beckenbauer ist der Star darin. Hier die schönsten Stellen.
Seit 2014 liegt der Bericht vor. Nun ist das Werk öffentlich. Was drinsteht, hat man in vielen Fällen schon gewusst oder zumindest geahnt. Dass die Kataris vor allem dort spendabel waren, wo stimmberechtigte Mitglieder der Fifa-Exekutive herkamen etwa. Oder dass eine Millionenzahlung auf das Konto der zehnjährigen Tochter des brasilianischen Superkorruptionärs Ricardo Teixeira eingegangen ist.
Besonders intensiv befasst sich der Bericht mit dem ehemaligen Kaiser und früheren Mitglied der Fifa-Exekutive, Franz Beckenbauer, über den sich die Ermittler um Garcia offenbar wahnsinnig geärgert haben, weil der ihre Fragen partout nicht beantworten wollte. Am Ende sah sich die Ethikkommission der Fifa sogar gezwungen, Beckenbauer für 90 Tage vom Fußball auszusperren.
Beckenbauer ist der Star des Reports. Allein im ersten Teil des Berichts, der sich mit der Bewerbung Australiens, der niederländisch-belgischen, der englischen, der spanisch-portugiesischen, der japanischen, der koreanischen sowie der aus Katar befasst, wird der Name Beckenbauers 154-mal genannt, während der Name des damaligen Fifa-Präsidenten Joseph S. Blatter nur 85-mal fällt.
Wie alt war ihre Großmutter?
Wie süffisant ein Fifa-Bericht sein kann, sei an dieser Stelle ausführlich dokumentiert: „Herr Beckenbauer soll gesagt haben, er habe es abgelehnt, die Fragen der Ermittlungskammer zu beantworten, weil man ihm diese Fragen in juristischem Englisch übermittelt habe und weil die Ermittlungskammer seiner Bitte, die Fragen auf Deutsch zu erhalten, verweigert hat. Aber Herr Beckenbauers Bitte, die Fragen schriftlich zu erhalten, die er in einem Brief auf Englisch gestellt hat, in einer Sprache, die in den biografischen Angaben auf der Fifa-Website als eine aufgeführt ist, welche er beherrscht, dieser Brief enthielt keine Bitte nach Fragen in deutscher Sprache.“
Ermittler widersprechen Kaiser
Wie Beckenbauer in den Medien über die Fifa-Ermittler gewitzelt hat, ist auch nicht gerade gut angekommen: „Herr Beckenbauer soll gesagt haben, dass sich unter den 130 Fragen, die ihm gestellt wurden, auch solche befunden hätten wie: ‚Wie alt war ihre Großmutter, als die gestorben ist?‘ Das ist nicht korrekt – und zwar keinesfalls nur im wörtlichen Sinn.“
Dass Beckenbauer von den WM-Werbern aus Japan einen Ball aus edelstem japanischen Zedernholz im Wert von damals 1.200 Dollar geschenkt bekommen hat und seine Frau einen Schmuckanhänger im Wert von 700 Dollar, gehört unter die Art von Geschenken, die die Freundschaft zwischen Fifa-Funktionären erhalten.
Privat und geschäftlich verbandelt
Auch die Freundschaft Beckenbauers zu Sportmanager Fedor Radmann wird ausführlich analysiert. Radmann war Berater für die WM-Bewerbung Australiens. Beckenbauer, nicht nur privat, sondern auch geschäftlich mit Radmann verbandelt, hat dazu Folgendes zu sagen: „Ja, ich war zur Zeit des Bewerbungsprozesses in Kontakt mit Fedor Radman. Dabei haben wir hauptsächlich über private Dinge gesprochen. Wenn es um die WM-Bewerbungen für 2018 und 2022 ging, hat mich Fedor Radmann von den Vorzügen der australischen Bewerbung zu überzeugen versucht.
Darüber hinaus habe ich Radmann auf diversen Fifa-Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Bewerbungsprozess getroffen und habe mit ihm zusammen im Oktober den Emir von Katar besucht.“ Die engen Bande zwischen Beckenbauer und Radmann bewogen Garcia dazu, von „Zweifeln an der Integrität des Bewerbungsverfahrens“ zu sprechen. Erwähnung findet auch Beckenbauers Engagement als Partner der russischen Gasindustrie.
Die Zusammenarbeit wurde mehr als ein Jahr nach der WM-Vergabe im Dezember 2008 beschlossen. Auch wenn kein direkter Zusammenhang mit Beckenbauers Stimmabgabe nachgewiesen werden konnte, trotzdem hat es der Ex-Kaiser auch im Teil des Berichts, der sich mit Russlands erfolgreicher WM-Bewerbung befasst, zu einer Hauptrolle gebracht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml