Bayern: Der lachende Vierte auf Weltreise
Während die Kandidaten Huber, Seehofer und Beckstein um Stoibers Erbe rangeln, profiliert sich Peter Ramsauer als neuer bayrischer Außenminister
PRIEN/BERLIN taz Fesch schaut er aus in seinen kurzen Lederhosen, die den Blick freigeben auf stramme Waden in Wollstrümpfen. Ein schlanker, erstaunlich braun gebrannter Mann von 53 Jahren, der sich gut gehalten hat. Jedenfalls wenn man bedenkt, dass er normalerweise einem Bürojob in Berlin nachgeht. Doch wie er jetzt in voller Tracht auf einem kleinen Dampfer über den heimischen Chiemsee fährt, vom Ferienort Prien zur Fraueninsel, wirkt Peter Ramsauer, als sei er einem bayerischen Bilderbuch entstiegen. Das weiß er. Und das will er.
"Ich war heut früh auf einem Schützenfest, da trägt man so was", sagt Ramsauer zur Erklärung seines Aufzugs und grinst. Denn natürlich hätte er sich noch umziehen können. Aber dann würden ihn die Journalisten aus der Hauptstadt, die er in seinen Wahlkreis eingeladen hat, ja nicht so sehen, wie sie ihn sehen sollen: als stolzen Platzhirsch, der den Chiemsee als "das bayerische Meer" anpreist, der vom Inselwirt, "meinem Freund, dem Obermaier Wasti", frischen Fisch servieren lässt und dazu ein Weißbier zischt.
Es läuft bestens. Passend zum Heimatvorführprogramm des CSU-Landesgruppenchefs im Bundestag scheint sogar endlich wieder mal die Sonne. Der Himmel ist wie bestellt weiß-blau und die Festtagslaune ungekünstelt. Der Herrgott meint es zur Zeit wirklich gut mit dem Ramsauer Peter aus Traunwalchen in Oberbayern. Sehr gut. Gerade erst, kurz vor dem Besuch der Berliner Gäste am Chiemsee, hat ihn der Noch-Ministerpräsident Edmund Stoiber nach Moskau mitgenommen und bei Wladimir Putin als "wichtigen Player" in der Berliner Politik vorgestellt. Ja, mehr noch: Er wolle seine außenpolitische Reputation "auf Ramsauer übertragen", hat Stoiber, der im September abtritt, öffentlich verkündet. Ein Ritterschlag erster Güte, den in und außerhalb der Partei alle einigermaßen überrascht registriert haben. Weil Außenpolitik traditionsgemäß Chefsache ist in der CSU. Weil Ramsauer bisher eigentlich eher durch innenpolitische Kraftmeierei auffiel - durch einen strikt marktwirtschaftlichen Kurs und sein Wort vom "Wickelvolontariat", mit dem er die Elternzeit für Männer abtat. Dieses einseitige Image versucht er nun abzulegen. Mit Stoibers Hilfe - und mit ersten PR-Erfolgen.
Schon wird spekuliert, ob Ramsauer vielleicht der lachende Vierte werden könnte im Machtkampf bei der CSU. Offiziell sagt er dazu "Schmarrn", aber Ramsauer genießt es sichtlich, wenn ihm seine Mitarbeiter entsprechende Zeitungsartikel zeigen. Nein, Ramsauer hat nichts dagegen, wenn die Leute glauben, dass ihm, der seit zwei Jahren die christsozialen Bundestagsabgeordneten anführt, bald höhere Ämter zufallen werden.
Er muss gar nicht viel tun, damit seine Chancen steigen. Das liegt an dem trostlosen Erscheinungsbild der drei offiziellen Kandidaten, die sich um das Erbe des alten Patriarchen Stoiber balgen. Horst Seehofer wird seine privaten Verwicklungen immer noch nicht los. Erwin Huber und Günther Beckstein wiederum werden in Berlin, aber auch in München als Provinzpolitiker betrachtet, die Bayern auf der nationalen und internationalen Bühne schwerlich angemessen repräsentieren können. Jedenfalls nicht auf Dauer. Ramsauer dagegen übt das Repräsentieren schon kräftig. Gleich nach der Chiemsee-Rundfahrt mit den Berliner Presseleuten ist er am Mittwoch schon wieder abgereist - zu "politischen Gesprächen in Washington". Dort, so ließ Ramsauer seine Pressestelle mitteilen, will er "seine im Gespräch mit Präsident Putin gewonnenen Eindrücke mit den amerikanischen Gesprächspartnern diskutieren", mit Senatoren wie Joseph Lieberman, Al Gores früherem Vizepräsidentenkandidaten. Ramsauer, der als Schüler ein Jahr im englischen Elitecollege Eton verbrachte, nennt wichtige Leute in ausländischen Parlamenten gern "counterparts". Vor seinem Abflug hoffte er, dass auch die Chefin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Zeit für ihn finden möge.
Das wäre die Krönung seines außenpolitischen Volontariats, mit dem er die Zeit bis zum CSU-Parteitag Ende September füllt. Auf die Frage, ob er Seehofer oder Huber als Parteichef vorzieht, sagt Ramsauer nur: "Meine Zuneigung gilt allen." Und dabei grinst er.
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