Bayern im Champions-League-Finale: „Ein ganz leichtes Auswärtsspiel“
Der FC Bayern demontiert und blamiert Barcelona. Der Finalgegner Borussia Dortmund ruft dennoch ein gewisses Unbehagen hervor.
BARCELONA taz | Als es auf zwei Uhr zuging, hatten sich viele Spieler des FC Bayern schon aus dem Bankettsaal des Mannschaftshotels Hesperia Tower zurückgezogen. Manche plauderten noch auf den Fluren wie Philipp Lahm und Arjen Robben, andere hatten sich schon ganz verabschiedet und sich sogar dem Vorstandsvorsitzenden widersetzt.
„Da wir am Samstag ein ganz leichtes Auswärtsspiel haben, sollten wir es jetzt krachen lassen“, hatte der Partybeauftragte Karl-Heinz Rummenigge in seiner Ansprache mit Blick auf die Bundesligapartie am Samstag bei Borussia Dortmund gesagt, „ich lade ausdrücklich die Mannschaft und auch Jupp dazu ein. Ihr braucht euch nicht vorzubereiten. Wir sind deutscher Meister, mehr geht nicht.“
Die ganz große Sause blieb aber aus. „Die Feierlichkeiten waren schon etwas enttäuschend“, scherzte Thomas Müller am Donnerstag.
Freudig und für ihre Verhältnisse beinahe gelöst waren die Münchner schon nach dem 3:0 beim FC Barcelona und der Aussicht aufs erstmalige Triple. Zugleich ließ sich durchaus heraushören, welch psychologischen Ballast die Bayern mit in das erste rein deutsche Endspiel am 25. Mai in London nehmen werden.
Zwar war in dieser Saison im Pokal-Viertelfinale ein verdientes 1:0 gegen den BVB gelungen. Und Präsident Uli Hoeneß hatte damals stolz proklamiert: „Die Machtverhältnisse sind jetzt geklärt.“
Ein Gefühl des Unbehagens
Doch trotz dieses Zwischenerfolges, des imposant errungenen Meistertitels und des Gesamteindrucks, den Münchnern gehen so langsam die ernstzunehmenden Gegner aus, waren in der Nacht von Barcelona auch kleine Zwischentöne zu vernehmen, die von einem zumindest mulmigen Gefühl erzählten.
Noch immer sind Wunden aus den beiden Vorjahren nicht ganz verheilt, als die Dortmunder die Bayern das Fürchten lehrten und ihnen eine Schmach nach der anderen beibrachten. Das war sogar an diesem Abend zu spüren, nach einer weiteren Demonstration der Stärke mit den Toren von Robben (48.), Gerard Piqué ins eigene Netz (72.) und Müller (76.).
„Für uns spielt das keine Rolle. Das ist vollkommen egal. Wer der Gegner ist, ist zweitrangig“, behauptete zwar Kapitän Lahm. Der Pott müsse nun einfach her, nach den zwei verlorenen Finals 2010 und 2012. Müller gab sogar an, ihm sei es „scheißegal“, dass der BVB in drei Wochen dem zweiten Gewinn der Champion League nach 2001 im Wege steht. Doch gerade die kraftvollen Dementis nährten den Verdacht: Es existiert ein Gefühl des Unbehagens.
Manuel Neuer ließ es zumindest ein bisschen erkennen. Dass der FC Bayern nun Favorit auf den Titel sei, könne man „nicht so sagen“, befand der Torwart, „natürlich haben wir im Pokal gegen Borussia Dortmund gewonnen. Aber ich denke, dass man jetzt nicht über Vorteile sprechen kann.“ Vielmehr werde es „ein Duell auf Augenhöhe, und klar haben wir in der Bundesliga die bessere Saison gespielt, aber international hat Dortmund auch sehr gut gespielt. Es wird auf die Tagesform ankommen. Die Chancen stehen fifty fifty.“
Gesamtergebnis von 7:0
Dass es am Samstag in Dortmund bereits zum Vorspiel der beiden Finalgegner kommen wird und dabei mit umfangreichen Rotationsmaßnahmen der beiden Trainer Jupp Heynckes und Jürgen Klopp zu rechnen sein dürfte, „ist auch gut so, glaube ich“, sagte Robben, man sollte „den Druck ohnehin nicht noch unnötig erhöhen.“
Es ist in Tagen, in denen wegen der Steueraffäre von Hoeneß das Börsenvokabular bei den Bayern einen recht breiten Raum einnimmt, wohl so etwas wie eine kleine Gewinnwarnung gewesen, die die Münchner zumindest indirekt formulierten. So sehr sich Rummenigge auch in Elogen erging, die Mannschaft und „unser Freund Jupp“ habe durch das Gesamtergebnis von 7:0 gegen die einst beste Elf des Planeten „die Fußball-Geschichte neu geschrieben“ und sei auch dabei, „die Geschichtsbücher des FC Bayern neu zu schreiben“, so genau wissen sie in München auch, dass eine Finalniederlage gegen den BVB ihre bemerkenswerte Saison ziemlich entwerten würde.
„Ich bin überzeugt: Wir packen das. Aber ich möchte gar keine Kampfansage losschicken Richtung Dortmund, dafür sind wir viel zu stilvoll“, sagte Rummenigge noch. Er grinste und fand seine Anspielung auf die jüngste Kritik zum Beiwerk des Wechsels von Mario Götze offenbar ziemlich gelungen. Die ironische Bemerkung erzählte aber auch viel davon, wie sehr die Bayern der BVB beschäftigt.
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