Bayern München und ein heikler Sponsor: Neue beste Freunde
Der FC Bayern geht eine Partnerschaft ein. Geworben wird für Ruanda, wo Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung stehen.
„Visit Rwanda“ prankte in großen Lettern an der Bande am Samstagabend in der Allianz-Arena. Pünktlich zum ersten Bundesliga-Heimspiel in der neuen Saison gegen Augsburg präsentierte der FC Bayern München seinen neuen Sponsor: das kleine afrikanische Land Ruanda.
Für fünf Jahre ist der Premium-Sponsoringvertrag mit der ruandischen staatlichen Investmentbehörde RDB (Rwanda Investment Board) abgeschlossen. Dafür wird der deutsche Sportverein in Ruanda eine Trainingsakademie für Jungen und Mädchen aufbauen sowie Werbung für das Land machen. Ruandas Ziel ist es, Touristen und Investoren anzulocken.
Um wie viele Euro es sich bei dem Deal handelt, ist allerdings nicht veröffentlicht worden. Dafür gibt es womöglich Gründe: Als Ruanda 2018 mit dem englischen Fußballverein Arsenal einen Werbedeal von knapp 35 Millionen Euro eingegangen ist, hagelte es von allen Seiten Kritik, denn immerhin erhält das Land sowohl aus Großbritannien als auch von der Bundesregierung Entwicklungshilfe. Damals hat Ruandas Regierung erklärt, dass es sich daraus langfristige Einnahmen von über 700 Millionen Euro verspricht. Mittlerweile hat die ruandische Investmentbehörde seine internationalen Werbeverträge auch auf die Basketballchampionship erweitert.
Platin-Verträge belaufen sich beim FC Bayern in der Regel auf mindestens 5 Millionen Euro pro Jahr, also 25 Millionen Euro für fünf Jahre. Der FC Bayern suchte jüngst nach einem neuen Werbepartner. Ende Juni hatte der Sportclub den vorherigen Sponsoring-Vertrag mit Qatar Airways, der seit 2018 lief, nicht verlängert. Der Grund: Nachdem im Zuge der Weltmeisterschaft 2022 in dem Golfstaat die umstrittene Menschenrechtssituation sowie die enorme Ausbeutung der Arbeiter auf den WM-Baustellen publik wurden, hagelte es unter den Bayern-Fans immer wieder Kritik.
Geheime Militäroperationen im Nachbarland
Nicht weniger umstritten ist nun der Deal mit Ruanda. Das kleine Land im Herzen Afrikas entfernt sich nach über 23 Jahren Herrschaft unter Präsident Paul Kagame immer weiter von jeglichen demokratischen Grundprinzipien. Unabhängige Journalisten und Oppositionelle sitzen hinter Gittern oder haben das Land verlassen, Wahlergebnisse von rund 99 Prozent sind Standard geworden. Seit über einem Jahr unternimmt Ruanda geheime Militäroperationen im Nachbarland Demokratische Republik Kongo, unterstützt dort die kongolesischen Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März), die Landstriche entlang der ruandischen Grenze erobert haben. Sprich: Von der Menschenrechtssituation in Katar ist Ruanda nicht weit entfernt.
Zudem holt sich der FC Bayern mit dem Ruanda-Deal nun seinen Ex-Partner Qatar Airways wieder indirekt mit ins Boot. Die staatliche Fluggesellschaft des Emirats ist einer der größten ausländischen Investoren Ruandas. Sie baut dort den neuen Internationalen Flughafen sowie gigantische Hotels und Touristen-Lodges. Der Emir von Qatar ist eng befreundet mit Ruandas Präsident Kagame, er reist oft übers Wochenende mit dem Privatjet ein, um in den Regenwäldern die Gorillas zu besuchen.
Auf der Liste der ausländischen Besucher in Ruanda stehen die Deutschen auf Platz vier. Ruandas Investmentbehörde (RDB) erhofft sich von dem Werbedeal, dass bald noch mehr Deutsche in dem kleinen Land Urlaub machen, so Clare Akamanzi, RDB-Direktorin. Sie verspricht den Ruandern durch den Zustrom deutscher Touristen eine erhebliche Umsatzsteigerung: „Die Deutschen geben tendenziell mehr aus als der durchschnittliche Tourist pro Tag“, versichert sie im Interview mit der lokalen ruandischen Tageszeitung New Times.
Der Werbedeal sei ein Instrument, um Ruanda der Welt vorzustellen, so Akamanzi: „Als Land mit faszinierenden Tourismusattraktionen, einer schnell wachsenden Weltwirtschaft und einem unternehmensfreundlichen Umfeld, nicht nur in Afrika, sondern auf globaler Ebene“, betont sie.
Ruanda hat historisch gesehen ein schlechtes Image. Als ehemalige Kolonie ist das kleine hügelige Land im Herzen Afrikas kaum in Erinnerung in Deutschland. Bekannt ist es vor allem für seinen Völkermord an über einer Million Tutsi, der das Land 1994 fast völlig zerstört hatte. Seither versucht die Regierung unter Tutsi-Präsident Kagame, das Image des Landes aufzupolieren. Die zahlreichen Glasfassaden der Bürotürme in der Hauptstadt, die Radwege, Golfplätze und schicken Hotels des Landes sollen den Eindruck eines aufstrebenden Landes erwecken. Jüngst investierten zunehmend deutsche Firmen in Ruanda: Volkswagen eröffnete ein Werk, BioNTech investiert in die Impfstoffproduktion.
Doch trotz einer Einwohnerzahl von gerade einmal 13 Millionen Einwohnern leidet das Land an mangelnden Ressourcen, einer hohen Arbeitslosenquote sowie begrenzten Jobchancen für die Jugend. Die Wirtschaft liegt seit der weltweiten Coronapandemie am Boden, denn ein Großteil seiner Einnahmen macht der Staatshaushalt mit Touristen, die während des Covid-19-Lockdowns nicht einreisen durften. Dies soll sich mithilfe der Werbung bei Bayern München also ändern.
In ihrer „Vision2040“ setzt die Regierung auf die Strategie, das Land neben dem typischen Safaritourismus zu einem Hub für Konferenzen sowie regionale und internationale Sport- und Musikveranstaltungen zu etablieren, die im Dienstleistungssektor Jobs schaffen sollen. Dazu wurde 2019 die „BK-Arena“ eröffnet, Ostafrikas größte Veranstaltungshalle mit 10.000 Sitzplätzen, direkt neben dem großen Fußballstadion mit 30.000 Plätzen. In den vergangenen Wochen wurde dort die afrikanische Frauen-Basketball-Championship ausgetragen, abends rockten afrikanische Musikstars die Arena, der Präsident feierte begeistert mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!