Bayern München und Coronakrise: „Von der Muse geküsst“
Der Rekordmeister sieht sich durch die Krise nicht geschwächt. Vorstandsvorsitzender Rummenigge gönnt der Konkurrenz sogar ein Lob.
Am Dienstag, als Trainer Hansi Flick mit seiner Mannschaft die Vorbereitung aufs Ligaspiel am Freitag bei Hertha BSC aufnahm, wurde beim FC Bayern auch schon die mittel- und langfristige Zukunft freudig begrüßt. Zuständig dafür ist der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge.
„Unser Ziel: gewinnen mit Stil – im FC Bayern-Stil. Wir werden gierig bleiben, über die Klub-WM hinaus. Denn wir haben auch 2021 viele große Ziele“, schreibt Rummenigge im Vorwort des Klubmagazins 51, aus dem am Dienstag Auszüge auf der Internetseite der Münchner veröffentlicht wurden.
Das große Selbstbewusstsein zeigt sich auch vor der Klub-WM, die nächste Woche im traditionellen Winterquartier der Bayern in Katar stattfindet. Da trete man „mit dem klaren Ziel an, den Weltpokal nach München zu holen“, lässt Rummenigge wissen. „Unsere Mannschaft und Hansi Flick legen großen Wert auf diesen Titel.“
Er sowie die übrige Konzern- und Vereinsführung legen selbstredend ebenfalls großen Wert auf diesen Titel. Zumal die von 2020 in 2021 verschobene Klub-WM für die Münchner die sechste Trophäe des jüngsten Erfolgsjahres bereithält. Bisher ist solch ein Sextuple nur dem FC Barcelona 2009 gelungen.
„Der Konkurrenz fehlt nur mehr Konstanz“
En passant verteilte Rummenigge großzügig Lob an die nationale Konkurrenz, die in der Bundesliga allerdings schon wieder abgehängt wurde. „Der deutsche Klubfußball musste viele Jahre nach Spanien oder England aufschauen, aber inzwischen brauchen wir uns in der Spitze vor keiner anderen Top-Liga mehr zu verstecken“, befand er mit Blick auf die sechs deutschen Vertreter in der K.o.-Phase der Europapokal-Wettbewerbe, „die Entwicklung kann sich sehen lassen. Was unserer Konkurrenz aktuell fehlt, ist nur, mehr Konstanz in die großartigen Leistungen zu bringen, zu denen sie imstande sind.“ Ein bisschen gönnerhaft klingt das womöglich für manche.
Rummenigges Äußerungen fallen dieser Tage besonders auf, weil sie im Kontrast zu den Erosionsprozessen an anderen Standorten inmitten der Coronakrise stehen. Unberührt von wirtschaftlichen Problemen gab Rummenigge in aller Gelassenheit dem TV-Sender Sky ein Interview.
Die Sorgen internationaler Konkurrenten wie dem hochverschuldeten FC Barcelona thematisierte er dabei von sich aus. „Wenn ich lese, was so bei Barcelona in Spanien, zum Teil in Italien bei Juventus Turin oder bei den Mailänder Klubs passiert, die angeblich jetzt mehrere Monate die Gehälter nicht gezahlt haben, da sind wir hier in Deutschland noch von der Muse geküsst“, sagte er und im Vergleich über den solide wirtschaftenden FC Bayern: „Wir waren ja immer der Musterknabe und wir sind nach wie vor noch der Musterknabe.“
Karl-Heinz Rummenigge
Erhebliche Umsatzeinbußen müssen zwar auch die Münchner hinnehmen, laut Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen im laufenden Geschäftsjahr bis zu 150 Millionen Euro. Dennoch reicht es bei ihnen dank üppiger Rücklagen zum Muskelspiel wie im Fall Dayot Upamecano, 22. Denn sehr offensiv und selbstgewiss sprechen die Bayern auch über ihr Interesse an dem Innenverteidiger, der im Sommer dank einer Ausstiegsklausel für festgeschriebene 42,5 Millionen Euro vom Ligazweiten RB Leipzig abgelöst werden kann.
Allein der Umstand, dass sich vor Rummenigge auch schon sein designierter Nachfolger Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic sehr auskunftsfreudig zu Upamecano gaben, lässt erahnen, dass dessen Wechsel nach München trotz interessierter Konkurrenten, darunter der FC Liverpool und FC Chelsea, mit hoher Wahrscheinlichkeit gelingen wird. Rummenigge bezeichnete diese Vereine als „zwei durchaus attraktive Konkurrenten“, wirkte dabei aber sehr gelassen.
Upamecano scheint fest als Ersatz für den im Sommer wohl zu Real Madrid weiterziehenden Abwehrchef David Alaba eingeplant zu sein. Wann Upamecanos Verpflichtung verkündet werden könne? „Das hängt davon ab, wie schnell der Spieler darüber Klarheit haben will. Man muss die Dinge jetzt mal in Ruhe wachsen lassen“, sagte Rummenigge, „der Spieler weiß irgendwann, was er will.“
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