piwik no script img

Bayerischer Landrat Michael AdamSchwul, evangelisch, Sozialdemokrat

Michael Adam wurde in Regen zum jüngsten Landrat Deutschlands gewählt. Er ist jung, schwul und in der SPD. Und das im Bayerischen Wald, einer CSU-Hochburg.

"Es gibt keine klassischen Erbbastionen mehr für die CSU": Michael Adam (SPD). Bild: dpa
Marlene Halser
Interview von Marlene Halser

taz: Herr Adam, Sie sind 26, homosexuell, evangelisch, Sozialdemokrat. Trotzdem haben Sie die Landratswahl im niederbayerischen Regen kürzlich für sich entschieden.

Michael Adam: Die Quintessenz dieses Wahlausgangs ist für mich ganz klar. Es gibt keine klassischen Erbbastionen mehr für die CSU. Es ist heute möglich, mit dem richtigen Kandidaten und dem richtigen Konzept auch in vermeintlich unerreichbaren Gebieten wie dem Bayerischen Wald als SPD zu gewinnen.

Was hat Ihr CSU-Gegenkandidat falsch gemacht?

Man würde Helmut Plenk Unrecht tun, sagte man, die Niederlage sei seine Schuld. Ich denke, die CSU hat die eigene Situation überschätzt. Die Partei verfährt nach dem Motto "Mir san mir" und hat darüber hinaus kaum konkrete Inhalte zu bieten. Stattdessen wird eine oberbayerische PR-Agentur engagiert, die die üblichen Hochglanzbilder mit Frau und Kindern produziert und alle denken: Das hat immer geklappt, das klappt auch diesmal. Diese Überheblichkeit hat die CSU die Wahl gekostet

Welche Bedeutung hat Ihr Wahlerfolg im Hinblick auf die Landtagswahl 2013? Dann rechnen sich SPD, Grüne und Freie Wähler zum ersten Mal eine Chance auf einen Machtwechsel in Bayern aus.

Es hat sich etwas an der Einstellung der Bürger geändert. Da ist eine neue Bereitschaft, sich unvoreingenommen Konzepte anzuhören und Personen anzugucken. Selbst CSU-Mitglieder sagen plötzlich: Ich werde zwar immer ein konservativer Mensch bleiben, aber ich kann mich mit vielen Dingen in der Landespolitik nicht mehr anfreunden und deswegen wähle ich die Person, deren Konzept mich überzeugt. Es ist ganz deutlich der Wunsch nach Veränderung da, nicht nur im Kleinen, sondern auch im Großen.

MICHAEL ADAM

26, ist Bürgermeister der niederbayerischen Gemeinde Bodenmais und seit Sonntag jüngster Landrat Deutschlands, im niederbayerischen Regen.

Was kann Christian Ude, der 2013 für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren will, sich aber regional wenig auskennt, von Ihnen als Regionalpolitiker lernen?

Christian Ude kommt auf dem Land sehr gut an. Vor der Wahl kam er für eine Veranstaltung zu mir in den Bayerischen Wald, wir hatten einen vollen Saal. Die Menschen kamen nicht nur, um mich zu hören, sondern auch, um den Ude zu sehen, auch eingefleischte CSU-Mitglieder. Meine Überzeugung ist: Ude ist eine spannende Persönlichkeit, der man das Amt zutraut und die unsere Inhalte super rüberbringt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • DS
    Der Schwuke

    Hätten sie auf irgendeine Weise noch öfter erwähnen können, dass Herr Adam schwul ist? Mir scheint die Auswahl der Befragten hier zu sehr an die BILD-Zeitung angelehnt zu sein. Sehr enttäuschend.

  • A
    Andi

    Man muss hier mal darauf hinweisen das es hier auch eine Persönlichkeitswahl ist. Michael Adam ist verwurzelt in Niederbayern und das man nun in jedem zweiten Satz, evangelisch, homosexuell und SPD sagen finde ich nicht gut denn es sollte auch auf die Inhalte ankommen und hier hat man Herr Adam auf die obengenannten drei Dinge reduziert.

     

    Man stellt hier die CSU als Partei hin die im freien Fall ist, das kann ich nicht behaupten, auch die CSU hat in den letzten Jahren in SPD Bastionen Rathäuser erobern können (Hof, Bayreuth oder Schwabach) und die CSU muss sich wieder auf eins besinnen, auf ihre Werte denn dieses ständige Hin und Her tut der Partei und dem Erscheinungsbild nicht gut!

  • W
    Wurzlsepp

    Wen das hier in Niederbayern wundert, ist in seinen eigenen Vorurteilen über Bayern stecken geblieben.

  • WB
    Wolfgang Banse

    CSU brticht ein

    Die CSU ist nicht mehr doie tonangebene Partei wie sie es einst unter Franz Joseph Strauss es war.Die SPD und B90/Die Grünen sind im Freistaat Bayern im kommen.Dies sieht man,dass man im konservativen Freistaat einen unMann der SPD,der zu dem noch Homosexuell ist zum Landrat kürt.Es ist nur noch ene Frage der Zeit wann eine oder ein Ministerpräsidentin/Ministerpräsident devon B90/Die Grünen/SPD in der Bayrischen Staatskanzlei seinen Stuhl dort pöaziert.

  • F
    Frank33

    Die CSU muss schmerzlich lernen, dass sich die Gesellschaft verändert hat und dies auch auf dem Lande der Fall ist. Die deutsche Gesellschaft ist bunter, mulitreligiöser, freier und offener geworden.

     

    Auch hat die CSU ein inhaltliches Profilsverlust, das sie durch ihre Schwesterpartei CDU und insbesondere Angela Merkel in den letzten Jahren erlitten hat. Verschiedene zentrale Streitthemen sind abgeräumt, beipielsweise:

     

    * Atomausstieg geolant ("Steckenpferd der Grünen) wollen nunmehr auch CDU/CSU

    * Mindestlohn ("Steckenpferd der Linkspartei und SPD") wollen nunmehr auch CDU/CSU

    * Abschaffung der Wehrpflicht umgesetzt ("Steckenpferd der CDU" wurde aufgegeben)

    * Ausbau der Erneuerbaren Energien wollen alle

    * Sparen im Haushalt wollen auch alle ("macht dann aber auch keine Partei, wenn sie regiert")

     

     

    Wo sind denn noch im Jahre 2011 die GROSSEN Streitthemen, die die CDU/CSU von der SPD unterscheiden. Da fallen mir nur noch ein:

     

    * "Herdprämie" für unter 3-jährige Kinder

    * Keine Eurobonds

    * Kein Beitritt der Türkei in die EU

    * Vorratdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten

    * Keine Bürgerversicherung in der Krankenversicherung

  • RL
    rat land

    Was für die SPD gilt, gilt hier aber auch für Freie Wähler, Grüne und Piraten. In vielen Gemeinden stellen doch freie Wähler den Bürgermeister.

    Das ist nur noch Unzufriedenheit mit dem Establishment als denn eine aktive Wahl des besten Kandidaten.

    Rot-Grün in Bayern wird genau so erfolgreich wie rot-grün unter Trittin-Schröder oder die zwei Jahre als Berlusconi nicht regierte. Oder wie Timoschenkos erfolgreiche Regierungszeit... .