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Baupolitik in OstjerusalemHotel-Abriss vorerst gestoppt

Israel weist Kritik an einem Siedlungsprojekt zurück, das anstelle des Shepherd-Hotels errichtet werden soll. Die USA hatten erklärt, der Neubau torpediere die Friedensbemühungen.

Schon zur Hälfte ein Opfer der Planierraupen: das Sherperd-Hotel in Ost-Jerusalem. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Trotz des Unmuts im Weißen Haus setzt Israel die Besiedlung Ostjerusalems unvermindert fort. Zwar wurde der am Sonntag begonnene Abriss des Shepherd-Hotels im palästinensischen Viertel Scheich Dscharrach nach einer einstweiligen Verfügung unterbrochen. Von dem Plan, an der Stelle des Hotel 20 Luxuswohnungen für jüdische Israelis zu bauen, soll aber nicht abgerückt werden.

"Niemand soll erwarten, dass der Staat Israel Juden daran hindern wird, Grundstückseigentum in Jerusalem zu erwerben", heißt es in einer Mitteilung aus dem Büro des Premierministers. Zudem habe die Regierung mit den Maßnahmen auf dem Grundstück des Shepherd-Hotels, "die von Privatpersonen rechtmäßig vorgenommen werden", nichts zu tun. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte, der israelische Neubau in Ostjerusalem untergrabe die Friedensbemühungen.

Die in Ostjerusalem und im Westjordanland stationierten europäischen Diplomaten haben das sture Festhalten Israels an der Siedlungspolitik schon lange satt. In ihrem nun veröffentlichten Jahresbericht fordern sie eine klarere Position zum Status von Jerusalem. So müsse Ostjerusalem unmissverständlich als palästinensische Hauptstadt betrachtet und so behandelt werden. Von Israel angesetzte Treffen jenseits der sogenannten Grünen Linie sollten boykottiert werden, ebenso israelische Geschäfte, Hotels und archäologische Stätten, die Israel in Ostjerusalem unterhält.

Das Shepherd-Hotel, das bis 1985 vermietet war, ist ein besonders empfindlicher Streitpunkt. Zum einen gehört es der bekannten Husseini-Familie, zum anderen ist es von internationalen Konsulaten umgeben. Der Bau des Hauses war in den 40er Jahren von Hadsch Amin al-Husseini in Auftrag gegeben worden, dem damaligen Mufti der Stadt. Abdel Quader Husseini, Nachfahre des Muftis und Sohn von Faissal Husseini, dem verstorbenen Politiker und früheren Chef des Orient-Hauses, versucht nun, die Besitzansprüche der Familie geltend zu machen.

Die Familie war nach dem Krieg von 1967 enteignet worden, wie viele andere Palästinenser, die sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Jerusalem aufhielten. Der Anwalt Sany Khuri ist nicht sehr optimistisch über die Perspektiven, Haus und Grundstück vor Gericht für die Husseini-Familie zurückgewinnen zu können. Im Rahmen eines Verfahrens will er sich auf den "illegalen Verkauf" konzentrieren.

Schon vor 25 Jahren hatte der jüdische Multimillionär Irving Moskovich, der sich vorzugsweise in umstrittenen Wohngegenden engagiert, das Shepherd-Hotel vom Staat Israel erworben. "Der Verkauf ging heimlich über die Bühne und ist nicht ausgeschrieben worden, wie es vorschriftsmäßig hätte passieren müssen", erklärt Khuri. "Niemand weiß, wie viel Moskovich bezahlt hat."

Mit Hilfe von ausländischen Geldgebern und Vereinen findet seit Jahren eine schrittweise Besiedlung Ostjerusalems durch jüdische Israelis statt. Erst im vergangenen Sommer bewilligte die Stadt Jerusalem den Plan für den Bau einer Siedlung im Ostjerusalemer Viertel Shoafat. Die drei Gebäude werden ebenfalls von dem US-Bürger Moskovich finanziert.

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13 Kommentare

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  • L
    Lucia

    @ rugero:

     

    Warum gibt’s eigentlich in der Schule Geschichtsunterricht?

     

    Auch wenn es spirituell erfreulich ist, wenn Sie nur im hier und jetzt leben,

    war man der Ansicht, den Status Quo besser verstehen zu können,

    wenn man die historischen Ereignisse kennt, die zu diesem führten.

    Aus dem gleichen Motiv wird in der Archäologie und Astronomie, usw. geforscht.

     

    Sie könnten ebenso fragen, was der Holocaust immer noch mit deutscher Politik von heute zu tun hat.

     

    Das indische Mogulreich ( von 1526 bis 1858 ) hat aber tatsächlich wenig mit dem aktuellem Palästina-Konflikt zu tun.

     

    Die Verbindungen von Nazis und der Bewegung des Großmufti allerdings schon.

    Nur drei Beispiele:

     

    - Die Juden haben aus dem Holocaust gelernt, daß es Vorteile bringt, sich zu wehren, gegen Pläne sie auszulöschen...

    - Nazi-Schmöker wie „Mein Kampf“ und „Die Protokolle von Zion“ stehen nach wie vor in der islamischen Welt hoch im Kurs.

    - Andererseits versucht man in Europa Islamkritik zu unterbinden, indem man sich als Analog-Opfer installiert, und verbreitet, Islamophobie sei der Antisemitismus von heute.

     

    Niemand hindert die Palästinenser daran, pragmatisch ihren Staat mit Ramallah als Hauptstadt zu gründen, und sich endlich von internationaler Hilfe abzunabeln.

    Da sie auf unerfüllbaren Maximalforderungen, teils religiös begründet, bestehen, stellt sich die Frage, ob sie das wirklich wollen...

  • R
    rugero

    Was hat eigentlich der schreckliche Holocaust immernoch mit israelischer Politik von heute zutun ? Der ständiger Rückgriff auf Antisemitismus und Naziverbindungen von irgendwelchen Großmogulen nervt. Das ist alles sehr traurig und beispiellos entsetzlich gewesen, aber seit 65 Jahren vorbei.

     

    Israel soll sich völkerrechtskonform verhalten und die Gründung eines eigenen Staates für die Palestinenser nicht weiter untergraben. Langfristig schadet sich Israel mit seiner menschenrechtsverachtenden Politik nur selber.

  • H
    Hagen

    @von Max

    Wer will hier etwas rechtfertigen? Das Westjordanland und Ostjerusalem gehören zu Israel. Jerusalem wird niemals geteilt werden, ob es nun den diversen Schreihälsen (Regierungen)passt oder nicht.

  • M
    max

    hier tobt ja wieder das gesunde israelische volksempfinden. gerade frau knaul, die es seit neurem gut hinbekommt, mehr als nur die israelische regierungsdarstellung zu verbreiten einseitigkeit gegen israel vorzuwerfen ist wirklich hahnebüchen. vielleicht solltet ihr (insbesondere du stefan) noch einen schritt weitergehen und ihr antisemitismus vorwerfen. dann hätten wir wenigstens wieder was zu lachen.

    mal im ernst ihr tollen siedlungsverteidiger: ist ja ganz groß, dass ihr viele historische fakten auswendig gelernt habt, aber rechtfertigen diese dinge in euren augen die heutige siedlungspolitik israels? rechtfertigen sie in euren augen völkerrechtswidriges vorgehen (annektion ostjerusalems)? wenn ja, dann bitte erklären (und bitte ohne fantasievolle eigene interpretationen internationalen rechts, die außer euch und israel niemand teilt).

    danke taz, für die andauernde berichterstattung, unabhängig von der tendenz der einzelnen artikel.

  • L
    Lucia

    >>...Die in Ostjerusalem und im Westjordanland stationierten europäischen Diplomaten haben das sture Festhalten Israels an der Siedlungspolitik schon lange satt......Das Shepherd-Hotel, das bis 1985 vermietet war, ist ein besonders empfindlicher Streitpunkt...

  • A
    alex

    Liebe Taz-Redaktion,

     

    die Artikel von Frau Knaul sind in ihrer Tendeziösität nur schwer zu ertragen. Wie vor-Kommentatoren es bereits erwähnten, gab es sicherlich mehr als einen Grund warum gerade die Familie des Großmufti von Jerusalem enteignet wurde.

     

    Ich würde mich sehr freuen, wenn die Chefredakteurin der Taz Frau Knaul ein weiteres mal über den Versuch einer "Objektivität" im Journalismus aufklärt. Besonders wenn es sich um solche defizile Debatten handelt, wie sie nun mal bei Nah-Ost-Themen entstehen.

     

    Wenn dem nicht so ist und Frau Knaul weiter ihren propagandistischen Stil pflegen will, empfehle ich sie in die Abteilung "Wahrheit" oder "Kochrezepte" zu versetzen. Da kann sie wenigstens keinen Schaden anrichten.

  • S
    Stefan

    Bester Völkerrechtler und "Semit",

    es ist nicht neu, dass "Israel-Kritiker" sich auf jüdische Wurzeln berufen um ihrer "Israelkritik" selber einen Kosher-Stempel verpassen zu können. (z.B. Daniel Cohn-Bendit)

    Da dir das Recht auf respektlose Bebauung des Heiligtums der Juden durch 50 arabischen Familien wichtiger zu sein scheint als die Möglichkeit der Juden an ihrem Heiligtum zu beten, bzw. überhaupt dort hingelangen zu können und dürfen, unterstelle ich mal, dass du mit dem Judentum soviel zu tun hast wie eine Mozartkugel mit Musik.

    Möchtest du tatsächlich, dass die Klagemauer wieder unter die rechtmäßige Verwaltung der Araber fällt??? Und demzufolge jegliches betreten den Juden wieder untersagt werden soll??? Ein guter Kompromiss.

    Aus meiner Erfahrung heraus sind es eher die Araber und die arabischen Staaten, die einen Frieden und einen weiteren arabischen Staat abgelehnt haben, weil ihnen der Kampf gegen die Juden ("Kampf für die Rechte des palästinensischen Volkes") wichtiger war als Frieden. Soweit die Faktenlage in Nahost auf dem Planeten Erde.

    Du möchtest einen Frieden nach arabischen Forderungen?

    D.h.: Ende der Besatzung (Israel hat von der Landkarte zu verschwinden). Ein einfacher aber guter Plan - steht nur noch der Staat Israel im Wege.

    Shalom, mein weiser Bruder.

  • S
    Semit

    Lieber Stefan,

    du hast Recht,Jerusalem ist keine Siedlung sondern eine von Israel Völkerrechtwidrige besetzte Stadt.So steht es in vielen Un-Resolationen.Das nur mal kurz nebenbei.

    Ich gebe dir auch Recht das die aktuelle Regierung Palästinas nicht demokratisch gewählt wurde und von so manchen Standpunkt aus sicherlich eine Diktatur ist.Da du ein Nahost-Experte bist, stimmst du mir sicherlich zu das die EU und die USA dafür alles getan haben das die jetzige Lage so ist wie sie ist.

    Im übrigen wurden nach der Besetzung Jerusalems sämtliche Häuser vor der Klagemauer abgerissen.Davon waren mehr als 50 Familien betroffen.Nach deinem Verständniss hat das alles also gut geklappt?

    Als jemand der selbst Semit ist kann ich aus meiner Erfahrung heraus nicht verstehen wie man so undifferenziert Argumentieren kann.Vielleicht schränkt dich deine Islamphobie in deinem Urteilsvermögen ein,ich weiss es nicht.Als Jude kann ich dir nur sagen das deine Anti-Deutsche Einstellung nichts aber auch rein garnichts Produktives hervorbringt.Ausser noch mehr Spaltungen und Angstmache.

    Solange wir Palästina besetzt halten,solange wir das palästinensche Volk von seinem Recht fernhalten ein normales und gesundes Leben zu führen.Solange wird es keinen Frieden geben.So einfach ist das.

    In dem Sinne,erst mal Nachdenken und dann schreiben.

     

    Shalom

  • H
    Hagen

    "Die europ. Diplomaten haben Israels sture Haltung satt". Das wird der israelischen Regierung aber schlaflose Nächte bereiten. Fragen sich diese Leute nicht, wie satt Israel Europa hat, mit ihrem kolonialen Dünkel des 19. Jahrhunderts?

    Es ist nun einmal eine Tatsache, dass die eingentlichen und echten Palestinänser die Juden sind.

    GANZ Jerusalem ist immer schon die Haupstadt eines jüdische Staates gewesen und wird es immer sein.

    Allein die Tempelmauer belegt ja schon uralte jüdische Präsenz im sog. Ostjerusalem. Die moslemischen und christlichen Kultbauten, sind ja erst viel später entstanden.

    Es ist jedoch unnütz, dass ich meine Zeit mit Kommentaren vergeude, denn gegen Judenhass haben keine Argumente Bestand.

  • D
    david

    liebe autorin,

     

    hier koennen sie sehen, warum die familie al-husayni beruehmt und beliebt ist:

     

    http://en.wikipedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146-1980-036-05,_Amin_al_Husseini_bei_bosnischen_SS-Freiwilligen.jpg

     

     

    sie hielten es offenbar nicht fuer notwendig darauf hinzuweisen.

     

    mich wuerde interessieren, wie al-husayne da hotel in den 40er jahren bauen konnte, wenn er in dieser zeit doch in berlin verweilte und mit ganz anderen dingen beschaeftigt war!

  • H
    hschweizer

    Kleiner Nachtrag zu Husseini

     

    Das "historische" Sheperd Hotel gehörte dem berüchtigten Antisemiten und glühenden Nazikollaborateur und Grossmufti von Jerusalem Haj Husseini. Derselbe verbrachte die letzten Weltkriegsjahre in Naziberlin und war (mit)verantwortlich für die Ermordung Tausender Juden. So gesehen ist der Abriss dieses Schandmals ein symbolischer Akt und eine - wenn auch späte - Genugtuung für das Volk, das dieser Islomofaschist gänzlich eliminieren wollte.

  • RS
    rudolf Steger

    "Die in Ostjerusalem und im Westjordanland stationierten europäischen Diplomaten haben das sture Festhalten Israels an der Siedlungspolitik schon lange satt. In ihrem nun veröffentlichten Jahresbericht fordern sie eine klarere Position zum Status von Jerusalem."

    Kann man mir mitteilen, wo man diesen Jahresbericht findet?

    Gruß R.S.

  • S
    Stefan

    Ost-Jerusalem ist keine Siedlung - nur mal nebenbei.

    Und das von den Israelhassern gerne bemühte "gerade wir Deutschen sollten aus der Geschichte gelernt haben..." sollte hier aml deutlich ergänzt werden durch "..., was eine geteilte Stadt bedeutet, in deren anderer Hälfte eine Diktatur ihr Hauptquartier hat."

    Soll eigentlich die Klagemauer auch wieder unter arabische Verwaltung? Weil es vor 1967 so gut geklappt hat?