Bau des Funan-Techo-Kanals: Spatenstich in Kambodscha
In Kambodscha soll der Bau des gigantischen Funan-Techo-Kanals dem Land zu Wohlstand verhelfen. Doch Details sind unter Verschluss.
Das Projekt des Megakanals hatte Hun Manets Vater und Amtsvorgänger Hun Sen auf den Weg gebracht. Und so fand – wohl kaum zufällig – der Baubeginn an diesem 5. August an Hun Sens 72. Geburtstag statt. Der Funan-Techo-Kanal ist für den seit Juli 2023 amtierenden Hun Manet laut dem Regierungssprachrohr Fresh News „ein lebendiges Denkmal, das die historische Bedeutung und Größe des ehemaligen Funan-Reiches symbolisiert, dem ersten anerkannten Vorgänger des modernen Kambodschas“. Funan – Goldenes Land – war vom 1. bis zum Beginn des 7. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung ein mächtiges Königreich.
Historischen Dokumenten zu Folge existierten in Funan fünf Kanäle, darunter ein 90 Kilometer langer von der Hauptstadt Angkor Borei in der heutigen Provinz Takeo zum Hafen Ou Keo in Vietnam, über den der Handel mit China, Indien und gar dem Römischen Reich abgewickelt worden sein soll.
Der moderne Kanal soll 180 Kilometer lang, 100 Meter breit und 5,4 Meter tief sein und für Schiffe bis zu 5000 DWT (Maß für die Tragfähigkeit eines Frachtschiffs) befahrbar sein. Die Fertigstellung samt des Baus von Dämmen, Schleusen und Brücken ist für 2028 geplant. Viele Menschen entlang der Route müssen für den Kanal Haus und Hof aufgeben. Ob in den veranschlagten Baukosten von 1,7 Milliarden US-Dollar auch Entschädigungsgelder vorgesehen sind, weiß niemand.
Umweltschützer zu Haftstrafen verurteilt
„Bislang hat die Regierung keine Entschädigung für die Menschen angekündigt, die ihr Land und ihre Häuser verlieren“, sagt Am Sam Ath von der kambodschanischen Bürgerrechtsorganisation Licadho der taz. Öffentliche Kritik an dem offiziell zu 49 Prozent von China finanzierten und komplett von einem chinesischen Bauunternehmen ausgeführten Kanalprojekt gibt es im autoritär regierten Kambodscha nicht. „Nach der jüngsten Inhaftierung von Umweltaktivisten traut sich im gegenwärtigen politischen Klima niemand mehr zu protestieren“, sagt Am Sam Ath. Im Juli waren zehn Umweltschützer wegen „Planung krimineller Handlungen“ zu langen Haftstrafen verurteilt worden.
Zur Unterdrückung von Kritik an dem Kanal setzte die Regierung nicht nur die juristische Peitsche ein, sondern verabreichte dem Volk auch Zuckerbrot. Zur Feier des Tages wurde am Montagabend ein Feuerwerk über Phnom Penh abgebrannt. Die Elite aber konnte das Spektakel bei einem opulenten Buffet für 49 Dollar plus Steuern pro Person – einschließlich einer Flasche Wein – von der Dachterrasse eines Luxushotels bewundern.
Dabei könnte es viel an dem Funan-Techo-Kanal zu hinterfragen geben, wären denn überhaupt genug Fakten bekannt. Weder gibt es eine Transparenz bei den postulierten Kosten und der Aufteilung ihrer Finanzierung, noch bei den Umweltauswirkungen und der von Hun Sen und Hun Manet gefeierten Wirtschaftlichkeit. Die Regierung hält die Daten unter Verschluss.
Kambodschas Nachbarn sehen das Prestigeobjekt des Hun-Sen-Clans mit Sorge. Vietnam fürchtet, dass der durch den mit Wasser aus den Flüssen Mekong und Bassac gespeiste Kanal die Schäden an Umwelt und Landwirtschaft im Mekongdelta verschärfen wird. Das Delta ist Vietnams Reiskammer und Obstschale und leidet schon heute unter den Dämmen, die am Flussoberlauf in China und Laos gebaut wurden. Es werden aber auch Sicherheitsbedenken laut. Der Kanal, so die Befürchtungen, diene in erster Linie militärischen Interessen Chinas.
Hun Manet wies in seiner Rede zum Baubeginn alle Befürchtungen von sich: „Der Bau des Funan-Techo-Kanals, dessen Ziel darin besteht, Landwirtschaft, Handel, Industrie und Logistik anzukurbeln, spiegelt die Vision unserer kambodschanischen Vorfahren vor über 2.000 Jahren wider.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!