Batya-Gur-Verfilmung im ZDF: Heiner gegen das Umschalten

"Die Seele eines Mörders" (Mo, 20.15 Uhr) ist der erste in einer Reihe von israelischen Filmen im ZDF. Ausgerechnet Heiner Lauterbach soll vom Wegzappen abhalten.

Schnell, umschalten! Bild: zdf/nir shaarani

Der Sendeplatz am Montag um 20.15 Uhr spielt eine große Rolle im Selbstverständnis des ZDF. Der Sender hat den Anspruch, unter dem Label "Fernsehfilm der Woche" hier zumindest gelegentlich gesellschaftlich relevante Stoffe zu präsentieren.

"Die Seele eines Mörders", die Verfilmung eines Romans der 2005 verstorbenen Krimiautorin Batya Gur ("Denn die Seele ist in deiner Hand"), gehört zweifellos in diese Kategorie: Der Mord an einer jungen Frau führt Michael Ochajon (Heiner Lauterbach), Chef der Jerusalemer Mordkommission, zu einem Konflikt zwischen zwei verfeindeten Familien.

Die Eltern des Opfers Zohara Baschari sind sephardische Einwanderer, die Ende der 40er-Jahre im Zuge einer Massenflucht aus Jemen nach Israel kamen. Die Familie ihres Freundes - der auch der Vater von Zoharas ungeborenem Kind ist - gehört dagegen zu den aus Mitteleuropa eingewanderten Aschkenasim.

Ausgehend von Recherchen, die die Tote unternommen hatte, stößt Ochajon auf einen (realen) historischen Skandal: Vielen sephardischen Einwanderern waren einst ihre Kinder gestohlen worden, als sie in Flüchtlingscamps lebten. Ohne Wissen der Eltern gab man sie zur Adoption frei, und viele tauchten später in aschkenasischen Familien wieder auf. Wie wohl auch Zoharas Schwester, die einst ihren Eltern entrissen und später für tot erklärt wurde.

Es ist bemerkenswert, dass das ZDF seine Zuschauer zur Prime-Time mit diesem Konflikt konfrontiert. Der von Regisseur Peter Keglevic inszenierte Film hat aber einen Haken: Heiner Lauterbach. Er gehört zu den Darstellern, die in Deutschland aus unerfindlichen Gründen als Filmstars gelten, und deshalb ist es kein Wunder, dass er mit der Rolle des melancholischen, in sich ruhenden Menschenkenners Ochajon, den Gur über sechs Romane entwickelt hat, überfordert ist.

Auch als Womanizer ist Lauterbach - der Fall bringt den Kommissar mit seiner Jugendliebe Ada Efrati (Marie-Lou Sellem) zusammen - eine Fehlbesetzung. Offenbar hat das ZDF ihn ausgewählt, weil man befürchtet, viele Zuschauer könnten bei dem sperrigen Thema zu Günther Jauch oder Johannes B. Kerner umschalten, wäre nicht ihr guter alter Heiner, den sie bestens aus Bild und Bunte kennen, mit von der Partie.

Auffällig ist, dass das ZDF derzeit generell ein Faible für israelische Stoffe zu haben scheint. Zwei Filme, die eine andere Redaktion des Hauses - das Kleine Fernsehspiel - koproduziert hat, laufen derzeit auf Festivals: Haim Tabakmans "Eyes Wide Open" - Thema: eine homosexuelle Beziehung im ultraorthodoxen Milieu - und der Episodenfilm "Ajami" von Yaron Shani und Scandar Copti.

Während bei "Die Seele eines Mörders", betreut von der Redaktion Fernsehfilm II, die Produktion fast komplett in deutscher Hand war, handelt es sich bei den anderen beiden um die Debüts israelischer Regisseure, die das Kleine Fernsehspiel im Rahmen seiner Nachwuchsförderung unterstützt. Die kommt nicht nur deutschen Filmen zugute, sondern auch zwei, drei internationalen Produktionen pro Jahr.

"In Israel entwickelt sich derzeit viel", sagt Claudia Tronnier, die Leiterin der Redaktion. "Man kann fast von einem kleinen israelischen Filmwunder sprechen." Ein weiterer israelischer Film mit ZDF-Beteiligung ist bereits in Vorbereitung.

"Eyes Wide Open" und "Ajami" (Kinostart: 2010) laufen ab 2011 im TV - zuerst aber bei Arte, das ebenfalls finanziell beteiligt ist. Die bisherige Resonanz ist ein Indiz dafür, dass man sich auf sie mehr freuen darf als auf "Die Seele eines Mörders": "Eyes Wide Open" gewann einen Preis beim Shalom Europa Festival, und "Ajami" wurde bei den Ophir Awards in Israel fünfmal ausgezeichnet.

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