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Bataclan 2 Der Kunstkritiker Fabian Stech war eines der 129 Opfer der Anschläge in Paris. Ein NachrufAuge und Geist miteinander verknüpfen

Unter den 129 Opfern des Terroranschlags in Paris ist auch Fabian Stech, seit 1999 Frankreichkorrespondent des Magazins Kunstforum International. Der am 18. Januar 1964 in Hannover geborene Kritiker, Autor zahlreicher Katalogbeiträge, Fotograf und Übersetzer wurde bei dem Anschlag im Pariser Musikclub Bataclan getötet.

Fabian Stech hatte Philosophie, Geschichte und Publizistik an der FU Berlin studiert und dort 1997 bei Gunter Gebauer und Dietmar Kamper seine Dissertation zum Verhältnis von „Taktilität und Vi­sua­lität in der Entwicklung zum fotografischen ­Sehen“ abgelegt. Seit 1994 lebte er in Frankreich zusammen mit seiner Frau, der Anwältin Sophie Bouchard Stech, die er in Berlin kennengelernt hatte. Er hinterlässt zwei Kinder.

Der Kunstkritiker, der weltweit unterwegs war und wesentliche Beiträge zum Werk des chinesischen Malerstars Yan Pei-Ming verfasst und diesen auf all seinen Wegen begleitet hat, unterrichtete in Dijon an der privaten Kunstakademie Les Arcades. „Fabian war ein für sein ungeheures Engagement und seinen ansteckenden Enthusiasmus bei allen beliebter Lehrer, der den Studierenden einen internationalen Blick auf die Dinge eröffnete.“ So äußerte sich Denis Rolland, der Rektor der Akademie von Dijon.

Wie sehr es dem Kritiker Fabian Stech, der schreibend Auge und Geist miteinander zu verknüpfen verstand, um Vermittlung ging und darum, Brücken zwischen den Kulturen zu schlagen, wird deutlich, wenn man die Liste seiner Interviewpartner studiert. Für Kunstforum traf er bedeutende Künstler wie die Franzosen Bertrand Lavier, Annette Messager, Sylvie Fleury, Pierre Huyghe und Sophie Calle, die Amerikaner John M. Armleder und John Baldessari zu so profunden wie ausführlichen Gesprächen. Und Jérôme Sans, dem Mitbegründer des Palais des Tokyo, traf er in Peking, als dieser das Museum UCCA des belgischen Sammlerpaars Guy & Myriam Ullens leitete.

Einfühlsamer Übersetzer

Neben seinen zahlreichen Beiträgen zu Ausstellungen von Louise Bourgeois, Damien Hirst, Thomas Struth, Wim Delvoye, Jeff Koons, Jean-Marc Bustamante, machte er sich einen Namen als einfühlsamer Übersetzer des Romans „Wettlauf zum Tod“ des Schweizer Schriftstellers Édouard Rod.

In diesem Roman scheint nichts einen Sinn zu ergeben. Alles eilt ausschließlich und unausweichlich dem Tod entgegen, dem letztendlich niemand entkommen kann. In Form eines Tagebuchs gibt sich der namenlose Protagonist, Schriftsteller von Beruf, seinen Träumereien hin. Erst als die zuvor von ihm kaum beachtete Cécile stirbt, die als Einzige unter allen Figuren einen Namen trägt, bekennt er seine Liebe zu ihr.

Der Geist Arthur Schopenhauers, der die Lächerlichkeit oder Absurdität der mensch­li­chen Existenz angesichts der Un­endlichkeit vor und nach dem Tod konstatiert, ist in diesem Roman allgegenwärtig. Und jetzt, da Fabian Stech in so tragischer Weise dem Pariser Anschlag zum Opfer fiel, meint man, es habe vielleicht ein besonderer Gewinn und Sinn in dieser Übersetzungsarbeit für ihn gelegen. Heinz-Norbert Jocks

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