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Basketball der FrauenAlba wird weiblich

Der Berliner Klub hat die größte Mädchen- und Frauenabteilung im deutschen Basketball. Nun soll der Aufstieg her.

Dynamik ist schon da, Zuschauer kommen noch: Alba-Frauen in Action Foto: Philipp Sommer

Berlin taz | Auf die Frage, ob die Fans schon genervt seien von all den Fotos, die neuerdings auf dem klubeigenen Instagram-Kanal zum Frauenbasketball auftauchen, lacht Manager Marco Baldi etwas. „Ich habe noch nichts Negatives gehört. Im Gegenteil, es wird sehr wohlwollend und neugierig betrachtet.“

Seit der Saison 2018/19 hat Alba Berlin ein Team in der 2. Bundesliga Nord der Frauen, es wird umfangreich beworben, der Großklub macht Ernst im Frauenbasketball: Irgendwann wollen sie um die Meisterschaft spielen.

Im deutschen Frauenbasketball ist ganzheitliches Engagement von Männerseite rar; 2018 hat sich Brose Bamberg wieder aus dem Frauenbereich zurückgezogen, viele andere Teilnehmerinnen sind ohnehin Kleinstädte.

„Die finanziellen Mittel im Frauenbasketball sind begrenzt“, beschreibt Aufbauspielerin Johanna Hirmke von Alba die Situation. „Viele Teams ziehen sich zurück, sie bekommen das Geld nicht zusammen. Viele Vereinsleitungen beruhen auf Ehrenamt.“

Der Ausgang des Alba-Abenteuers ist ungewiss

Ursprünglich hatte die 2. Bundesliga Nord zwölf Vereine, aktuell sind es nur noch zehn. Deshalb steigt wohl niemand ab. In die erste Liga können zwei Teams aufsteigen, wenn sie denn wollen. „Es gibt ein paar Teams, die machen es richtig und investieren viel. Aber in der Summe werden es leider immer weniger Teams, die Frauen auf Leistungsniveau haben“, sagt Hirmke. Auf- und Abstiege verlieren an Wert, weil sportlich qualifizierte Vereine die nächste Klasse nicht wahrnehmen können. Der Ausgang des Alba-Abenteuers ist noch recht ungewiss, doch es scheint sich etwas zu bewegen im Frauenbasketball.

Mittlerweile hat Alba Berlin die größte Frauen- und Mädchenabteilung im deutschen Basketball aufgebaut und erstaunlicherweise keine Probleme mit fehlendem Zulauf. Auch, weil viel Engagement über Schulen und Partnervereine läuft. Die rund 250.000 Euro Zweitliga-Budget (oder etwa 500.000 Euro Erstliga-Budget) soll die Frauenabteilung eines Tages größtenteils selbst finanzieren können.

„Wir haben sehr gute Voraussetzungen, weil wir über die Jahre viel Know-how und Strahlkraft aufgebaut haben“, glaubt Marco Baldi. Und merkelesk fügt er hinzu: „Wir werden es hinkriegen.“

Ein Jugendprogramm würde dem Basketball helfen

Dem deutschen Frauen-Basketball kommt das gelegen. Albas spanischer Coach Cristo Cabrera merkt an, Spanien sei Deutschland hier deutlich voraus. „Der Wettbewerb ist dort stärker, weil es mehr Spielerinnen gibt, unter denen man auswählen kann. Für diese Frauen hat Basketball Zukunft, sie wollen vielleicht in die USA gehen oder in der ersten und zweiten Liga Geld verdienen. Die deutschen Spielerinnen haben diese Perspektive nicht.“

Profis gibt es hier kaum, und in der zweiten Liga seien extrem viele Ausländerinnen beschäftigt. „Wenn man den deutschen Frauenbasketball wirklich verbessern will, muss den Leuten klar werden, dass sie in die Jugend investieren müssen“, kritisiert Cabrera. Er fordert ein verpflichtendes Jugendprogramm für Zweitligistinnen und strengere Regulierung für mehr heimische Talente. „Wenn man keine eigenen Spielerinnen entwickelt, sehe ich keinen Sinn darin, auf diesem Level zu spielen.“

Grundsätzlich wäre eine Basis durchaus da: Laut DBBL gibt es aktuell 200.000 SpielerInnen im aktiven Spielbetrieb, davon immerhin 35 Prozent weiblich. Alba setzt demonstrativ auf lokalen Nachwuchs. Laut Cabrera hat das Team aktuell eine Amerikanerin und 13 Deutsche im Kader, darunter acht Berlinerinnen. Im internationalen Vergleich stehen die deutschen Frauen bisher abgeschlagen da: die WM 1998 im eigenen Land war die einzige WM-Teilnahme, für eine Olympia-Qualifikation reichte es noch nie. Jetzt gibt es offenbar, auch von Verbandsseite, eine gewisse Dynamik.

Die Jugendförderung läuft ganz anders. Jeder Erstligist hat ein verpflichtendes Internat und die Pflicht, Spielerinnen selbst auszubilden

Lena Gohlisch

Alba-Spielerin Lena Gohlisch, die schon in Frankreich aktiv war, berichtet auch von dort noch von einem heftigen Qualitätsvorsprung in den oberen Ligen. „Die Jugendförderung läuft ganz anders. Jeder Erstligist hat ein verpflichtendes Internat und die Pflicht, Spielerinnen selbst auszubilden.“ Wären Lizenzauflagen zur Frauenförderung auch in Deutschland sinnvoll?

Marco Baldi wirkt etwas unentschlossen auf diese Gretchenfrage des modernen Sports. Eigentlich sei er kein großer Fan von Quoten; Qualität und Ambition, so nennt er es, wünscht er sich als Kriterien. Andererseits habe er im Laufe der Jahre festgestellt, dass etwa die Deutschenquote im Männer-Basketball sich für die Jugendförderung sehr bewährt habe. „Lizenzauflagen sind ein wirksames Instrument für Weiterentwicklungen.

Aber kleine Standorte wie Vechta haben völlig andere Voraussetzungen als Berlin, darauf muss man schon Rücksicht nehmen.“ Er hofft auch auf Freiwilligkeit. „Ich glaube schon, dass andere Klubs auf den Zug aufspringen werden, wenn sie die Möglichkeiten sehen, die sich daraus ergeben können.“ Cabrera formuliert es so: „Deutschland ist auf einem guten Weg. Aber es ist noch ein weiter Weg.“

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