Baseler Zeitung in der Krise: Rechtspopulist wechselt Strohmann aus
Millionär Christoph Blocher sichert seinen Einfluss auf die "Basler Zeitung". Er installiert einen rechtsliberalen Politiker als Verleger. Abonnenten wollen dagegen demonstrieren.
Was macht ein geheimer Finanzier und Strippenzieher, wenn er auffliegt? Er sucht sich einfach einen neuen Strohmann.
Nach diesem Muster ersetzte Christoph Blocher, milliardenschwerer Unternehmer und Chef der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP), am Dienstag den vom ihm erst letztes Jahr installierten Verleger der Basler Zeitung (BaZ), Moritz Suter, durch den rechtsliberalen Politiker Filippo Leutenegger. Für Samstag haben Abonnenten der BaZ zu einer ersten Demonstration gegen den fortgesetzten Einfluss des SVP-Politikers aufgerufen.
Im Hintergrund
Über Blochers Einfluss und seine Rolle im Hintergrund wurde spekuliert, seit die BaZ Anfang 8. Februar 2010 von ihren damaligen Verlegern an eine private Investorenguppe um den zwielichtigen Finanzier Tito Tettamanti und den Anwalt Martin Wagner verkaufte. Wenig später wurde Markus Somm, bis dahin der stellvertretende Chefredakteur der Blocher-hörigen Weltwoche und Autor einer unkritischen Biografie des SVP-Politikers als Chefredakteur der BaZ installiert - gegen den Willen der Redaktion.
Die neuen Besitzer der BaZ legten trotz zahlreicher Nachfragen sowie der Aufforderung durch den Schweizer Presserat nie offen, woher sie die Kaufsumme von über 300 Millionen Franken hatten. Blocher bestritt hartnäckig jegliche finanzielle Beteiligung sowie jegliche Einflussnahme auf das Blatt. Bei dieser Lüge blieb Blocher selbst dann noch, als im November 2010 bekannt wurde, dass er über die von ihm und seiner jüngsten Tochter kontrollierte Unternehmensberatungs- und Finanzierungsgesellschaft Robinvest AG ein Beratermandat bei der BaZ ausübte.
Tausende Abokündigungen
Nachdem Blochers Beratungsmandat bekannt wurde, verlor die BaZ innerhalb weniger Wochen über 1.600 AbonnentInnen. Auch die Redaktion lehnte sich auf. Es kam zu öffentlichen Protestaktionen. Als Reaktion auf die Proteste 2010 verkaufte die Investorengruppe Tettamanti/Wagner die Zeitung im November an den Basler Unternehmer Moritz Suter, der in den 90er Jahren als Gründer der Fluglinie Crossair bekannt wurde.
Doch da Suter eigenen Angaben zufolge selber lediglich rund eine Million Franken für den Kauf aufbrachte, blieb die Frage nach den Geldgebern im Hintergrund. Mitte November wurde dann durch Recherchen verschiedener Medien beweiskräftig belegt, dass Blocher über ein sorgsam verschachteltes Finanzierungsmodell mit einem Darlehen von mindestens 70 Millionen Franken wesentlich am Kauf der BaZ durch Suter beteiligt und dieser nur ein Strohmann war. Nun scheidet Suter aus - auf Drängen Blochers. Als Verwaltungspräsident fungiert künftig Tochter Rahel. Neuer Verleger der BaZ soll der rechtsliberale Leutenegger werden, der häufig die politische Linie Blochers unterstützt hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“