Bargeldloser Zahlungsverkehr: Teures Konto für Arme
Das Basiskonto kostet bis zu 328 Euro pro Jahr, berichtet die Stiftung Warentest. Offenbar wollen Banken Kunden mit wenig Geld abschrecken.
Seit Mitte 2016 hat jeder Mensch ein gesetzlich garantiertes Recht auf ein Girokonto – ob Wohnungslose*r, Geflüchtete*r oder Sozialhilfeempfänger*in. Der Gedanke dahinter: Auch ohne regelmäßiges Einkommen oder als Neuankömmling im Land soll man die Möglichkeit haben, am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen.
Recherchen der Zeitschrift Finanztest zeigen jedoch, dass dieses Basiskonto bei vielen Banken zu teuer ist. Bei der Bremischen Volksbank kostet das Basiskonto nach den Berechnungen der Tester*innen mit 328,30 Euro im Jahr am meisten. Vier der fünf Großbanken verlangen demnach mehr als 100 Euro im Jahr. Bei vier Regionalbanken fallen Kontoführungsgebühren von mehr als 200 bis über 300 Euro an an.
Die Tester*innen halten das für einen „Abwehrpreis“, mit dem weniger zahlungskräftige Kunden abgeschreckt werden sollen. Nur bei 2 von 108 getesteten Instituten sei das Basiskonto für den Modellkunden in der Filiale kostenlos.
Der Preis muss angemessen sein
Der Gesetzgeber legt nicht fest, wie teuer ein Basiskonto sein darf. Der Preis müsse „angemessen“ sein, heißt es im Zahlungskontengesetz aus dem Jahr 2016. Er solle sich an den marktüblichen Entgelten und dem Nutzerverhalten orientieren. Genau diesen Spielraum, so Finanztest, nutzten viele Banken aus.
„Ich gehe davon aus, dass die Banken sich an die gesetzlichen Vorgaben halten“, sagte Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbandes der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, der taz. Der Gesetzgeber räume den Banken einen gewissen Spielraum ein.
Als angemessen erscheine demnach ein Entgelt, das im Durchschnitt die Kosten der Institute decke und ihnen einen angemessenen Gewinn sichere. Dennoch müssten die Banken, denen bei dem Test hohe Preise attestiert wurden, diese erklären.
Ulf Brothuhn, Geschäftsführer der Bremischen Volksbank, bestätigt, dass die Nachfrage nach Basiskonten gering sei. Das liege aber an dem wenig ausgeprägten Filialnetz, man habe eben nur vier Geschäftsstellen. Am Preis, glaubt er, liege es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland