: Barak reist ohne Landkarten nach Oslo
Auf dem Nahostgipfel sondieren die neuen Verhandlungsführer die Grundsatzpositionen. Israel deutet sein Einverständnis mit der Gründung eines Palästinenserstaats an ■ Aus Jerusalem Susanne Knaul
Fjorde sehen“, meinte Ehud Barak flapsig auf die Frage, was er sich von Oslo erwartet. Ungeachtet des zunehmenden amerikanischen Drucks fuhr der israelische Premierminister ohne Dokumente und Landkarten zum norwegischen Gipfeltreffen. Der Regierungschef werde zu mündlicher Auskunft bereitstehen, ließ sein Büro vermelden. Tatsächlich geht es um die Festlegung eines neuen „historischen Datums“ – eine Prinzipienerklärung nach bekannter Osloer Art steht auf dem Programm der Israelis und Palästinenser. Bis Mitte Februar 2000 soll der Rahmenplan mit den unterschiedlichen Ausgangspositionen, mit Verhandlungszielen und Zeittafeln feststehen und, so ließ Barak inzwischen durchblicken, mit der grundsätzlichen israelischen Zustimmung zur Gründung eines Staates Palästina. Angepeiltes Datum für das Ende der Verhandlungen ist der September 2000. Unmittelbar zuvor soll Palästina ausgerufen werden, sodass dann die Verträge von den beiden Staatschefs unterzeichnet werden können.
Der nun auf kommenden Montag festgesetzte Verhandlungsbeginn hatte sich über zwei Monate verzögert, einzig weil es den Israelis am passenden Personal fehlte. Ehud Barak, stets um seine Macht in der eigenen Partei besorgt, suchte für den Posten des Verhandlungsleiters einen Mann, der über diplomatisches Talent verfügt, aber kein Parteipolitiker ist. Die Wahl fiel schließlich auf Oded Eran, Israels Botschafter in Jordanien. Eran verlässt sein Büro in Amman nur für die kommenden drei Monate. Dann geht er zurück, und die Suche nach einem Delegationsleiter beginnt von vorn. Für die Palästinenser ist nicht nur die Tatsache frustrierend, dass sie sich alle paar Monate auf ein unbekanntes Gesicht einstellen müssen. Mit Oded Eran schicken die Israelis einen Mann, dessen Rang dem seines Gegenübers, des palästinensischen Kommunikationsministers Jassir Abed Rabbo, nicht entspricht.
Umgekehrt sind die Israelis auch von Abed Rabbo nicht begeistert, hatte er sich doch in jüngster Vergangenheit wiederholt gegen die neue Regierung in Jerusalem gewandt. Hinter verschlossenen Türen, so geht das Gerücht, soll er den israelischen Premierminister stets „Barakjahu“ schimpfen. Dass Arafat den bisherigen Unterhändler Saeb Erikat ausgerechnet durch den streitbaren Kommunikationsminister ersetzte, liegt an dessen politischer Herkunft. Abed Rabbo gehört nicht, wie seine Vorgänger, der Fatach an, sondern der Feda, einer Splitterpartei der radikaleren Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP) von Naif Hawatme. Die DFLP hatte bis vor kurzem den Friedensprozess abgelehnt, signalisierte inzwischen jedoch Kompromissbereitschaft. Indem Jassir Arafat einen Vertreter der Feda in die Verhandlungen schickt, macht er seine Bereitschaft deutlich, die anderen Parteien mit einzubeziehen. Zwei- bis dreimal pro Woche wollen sich die Verhandlungsdelegationen treffen, abwechselnd in den Autonomiegebieten und in Israel. Den Palästinensern geht es zuallererst um den Abzug der israelischen Truppen aus den noch besetzten Gebieten, und zwar aus den gesamten Gebieten, einschließlich Jerusalems. Der Forderungskatalog der Israelis ist im Vergleich dazu sehr viel detaillierter: Ehud Barak will schon zu Beginn festhalten, dass es „keine Rückkehr zu den Grenzen von 1967“ geben wird. Siedlungen sollen konzentriert werden, und für die Juden, die weiter im künftigen Palästina wohnen wollen, soll ein Sonderstatus festgelegt werden. Der palästinensische Staat soll entmilitarisiert bleiben und keine Militärabkommen mit Staaten abschließen, die Israel feindlich gegenüberstehen. Dazu kommen Sicherheitsabkommen und die Verpflichtung zur Kooperation bei der „Gefahrenabwehr von dritter Seite“. Die Positionen seien mit Absicht scharf formuliert worden, hieß es aus dem Büro des Premierministers, um „Raum für Flexibilität zu lassen“.
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