Bank kündigte rechtem Verlag das Konto: Kein Dispo für Nazis
Die Commerzbank kündigte einem rechten Verlag das Konto. Jetzt verhandelt der Bundesgerichtshof, ob die Entscheidung der Bank zulässig war.
Die Bank an Ihrer Seite“ – so wirbt die Commerzbank für sich. Doch nicht jeder ist ihr willkommen. Einer rechten Verlagsgruppe aus Schleswig-Holstein kündigte die Commerzbank das Konto. Am Dienstag wird der Bundesgerichtshof (BGH) beraten, ob das zulässig war. Das Urteil ist auch für linke Projekte relevant.
Der umstrittene Commerzbank-Kunde nennt sich ganz harmlos „Lesen und Schenken GmbH“. Doch wenn man die Homepage besucht, merkt man gleich, aus welcher Ecke der Wind weht. „Die Ritterkreuzträger der Waffen-SS“ und ähnliche Bücher werden dort beworben und verkauft. Zu den Zeitschriften der Verlagsgruppe gehört das Magazin Zuerst, das die Junge Freiheit rechts überholen soll. Selbst die angebotenen Süßigkeiten klingen martialisch: „Liegnitzer Bomben“ und „Neißer Bombensplitter“, traditionelle Honigkuchen aus Schlesien.
Hinter dem Unternehmen, das nach NDR-Angaben 3 Millionen Euro Jahresumsatz macht, steht der Rechtsextremist Dietmar Munier. Früher war er bei den Jungen Nationaldemokraten, dann beim Bund Heimattreuer Jugend. In den 90er Jahren warb er für eine „deutsche Wiederbesiedelung der ehemals deutschen Ostgebiete“. Inzwischen führt der frühere Buchhändler eine ganze Verlagsgruppe, die der Kieler Verfassungsschutz als „Verdachtsfall verfassungsfeindlicher rechtsextremistischer Bestrebungen“ einstuft.
Das Geschäftskonto der Lesen und Schenken GmbH wurde bei der Commerzbank geführt. Doch die Bank kündigte das Konto im Sommer 2009 ohne nähere Begründung – „aus grundsätzlichen Erwägungen“, wie es hieß. Dagegen klagt nun Munier. Die Kündigung sei „rechtsmissbräuchlich“, denn er habe keinen Anlass zur Beendigung der Geschäftsbeziehung gegeben.
Der Termin: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe verhandelt am Dienstag, den 15. Januar, den Fall der „Lesen und Schenken GmbH“. Die Commerzbank hatte der rechten Verlagsgruppe im Sommer 2009 das Geschäftskonto gekündigt – aus „grundsätzlichen Erwägungen“, wie die Bank mitteilte.
Die Kündigung: Auch Linke sind von Kündigungen betroffen. Die Deutsche Bank versuchte beispielsweise, die Konten der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands loszuwerden. Banken nennen so etwas „Reputationsrisikomanagement“. Die Partei klagte – die Deutsche Bank machte einen Rückzieher.
Freie Wahl der Vertragspartner
Die Bank hielt dagegen, sie müsse die Kündigung nicht begründen. Als Privatunternehmen könne sie ihre Vertragspartner frei auswählen. Die Kündigungsfrist von sechs Wochen genüge, damit sich Munier eine neue Bank suchen kann. Ob er ein Ersatzkonto hätte, wollte Munier auf sonntaz-Anfrage nicht mitteilen. Zunächst konnte er das Konto immerhin behalten. Das Landgericht Bremen erließ im Herbst 2009 eine einstweilige Verfügung, dass die Bankverbindung „bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache“ bestehen bleibt. Ansonsten sieht es bisher aber schlecht aus für Munier.
Sowohl das Bremer Landgericht als auch das dortige Oberlandesgericht (OLG) hielten die Kündigung der Commerzbank für rechtmäßig. Ein Girovertrag sei ein „Dienst höherer Art“, der besonderes Vertrauen erfordere und deshalb ohne Weiteres gekündigt werden könne, erklärten im Dezember 2011 die OLG-Richter. Die Commerzbank müsse sich nicht „auf eine Diskussion darüber einlassen, welche politische Zielrichtung das Verlagsprogramm hat“ und warum die Bank damit nicht identifiziert werden will.
„Bestandteil der Meinungsfreiheit ist auch, sich zu politischen Themen und zu politischen Beweggründen nicht zu äußern“, so das OLG. Doch Munier gab nicht auf und ging in Revision. Jetzt muss der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil fällen. Wie es ausgeht, ist völlig offen. Die Verhandlung findet am 15. Januar statt.
Im Jahr 2003 hatte der BGH entschieden, dass Konten der NPD bei der Sparkasse und der Postbank nicht einfach gekündigt werden dürfen. Allerdings lassen sich die damaligen Urteile nicht auf den heutigen Fall übertragen. Die Sparkasse ist eine öffentlich-rechtliche Bank, und die Postbank war damals voll im Staatsbesitz. Deshalb waren beide Banken an die Grundrechte gebunden. Dagegen ist die Commerzbank ein Privatunternehmen – trotz der zeitweiligen Staatsbeteiligung nach der Finanzkrise.
MLPD klagte und die Deutsche Bank gab nach
Banken kündigen nicht nur bei rechtsextremen Kunden die Konten. So versucht die Deutsche Bank immer wieder, die Konten der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) loszuwerden. Zuletzt kündigte sie im November 2009 den Girovertrag. Die MLPD klagte, und die Deutsche Bank gab nach, schon vor der ersten Gerichtsverhandlung. Offensichtlich rechnete sie mit einer Niederlage.
Dem MLPD-Vorsitzenden Stefan Engel und seiner Freundin wurden 2009 von der Commerzbank sogar die Privatkonten gekündigt. Doch als das Landgericht Essen signalisierte, dass dies unzulässig sei, machte auch die Commerzbank einen Rückzieher.
Die Commerzbank wollte zu ihren Beweggründen auf Nachfrage keine Stellung nehmen. Laut einem Focus-Bericht aus dem September durchforsten Bank-Mitarbeiter aber regelmäßig die Verfassungsschutzberichte, um mutmaßliche Verfassungsfeinde unter ihren Kunden zu identifizieren.
2008 kündigte die Commerzbank so auch das Konto des später als NSU-Unterstützer bekannt gewordenen Ralf Wohlleben – weil er damals NPD-Vize-Chef von Thüringen war. Bankintern spricht man von „Reputationsrisikomanagement“. Was schlecht ist für den Ruf des Unternehmens, ist auch schlecht fürs Geschäft.
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