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Bahnrad-WM in KopenhagenDie Hoffnung tritt durch

Bei den Titelkämpfen setzt sich eine neue Generation im deutschen Radsport noch nicht durch. Aber die Alten haben nur pausiert.

Coole Truppe bei heißem Rennen: Männer-Viererverfolgung Foto: imago/frontalvision.com

Die deutschen Erwartungen waren begrenzt. Die verlässlichsten Medaillensammlerinnen der vergangenen Jahre verzichteten allesamt auf die WM. Die Mehrfach-Weltmeisterinnen Emma Hinze, Lea Friedrich und Pauline Grabosch legten eine Wettkampfpause ein. Das machte zwar den Weg frei für die nächste Generation um die frisch gebackene U23-Europameisterin Clara Schneider. Forsch hatte Roger Kluge, mit 38 Jahren der älteste der BDR-Abordnung, kurz noch vor der Abreise gescherzt: „Das eröffnet die Chance für die Jüngeren. Und wenn die drei Neuen jetzt auch Weltmeister werden, dann muss man sich hinterher intern erst mal wieder beweisen.“

Nun, ganz so stark wird die Herausforderung für das pausierende Trio nicht. Ihre Vertreterinnen verpassten im Teamsprint die Medaillenränge. Im Einzelwettbewerb war Clara Schneider als beste Deutsche nur Zwölfte. Auch Kluge selbst ging leer aus. Er sicherte sich zumindest noch den finalen Sprint im Punktefahren und kam damit unter die Top 10. Am Sonntag hatte er mit seinem neuen Partner Tim Torn Teutenberg im Madison noch Gelegenheit auf eine Medaille.

Hoffnungen verbreiteten die Verfolgungsdisziplinen. Das Frauenteam holte Silber, das der Männer Bronze. Letzteres war eine Überraschung. Denn nur aus dem fernen Jahr 2002, drei der vier jetzt im Finale aufgebotenen Männer waren da noch gar nicht auf der Welt, stammt der letzte WM-Podestplatz in dieser Disziplin. „Es lastete schon ein bisschen Druck auf uns, als wir gehört hatten, dass es 22 Jahre keine Medaille mehr gab“, meinte Teutenberg, als Ältester des Quartetts 2002 geboren. „Wir sind eine coole Truppe. Und die Erleichterung ist natürlich groß, dass es geklappt hat“, fügte er hinzu.

Es lastete schon ein bisschen Druck auf uns.

Tim Torn Teutenberg

Frontmann der Welttitelkämpfe war allerdings Harrie Lavreysen. Der Niederländer holte sein mittlerweile 15. Regenbogentrikot. Dieses Mal aber nicht in einer seiner Spezialdisziplinen Sprint oder Keirin, sondern erstmals im 1.000-Meter-Zeitfahren. Dort entthronte er seinen Landsmann Jeffrey Hoogland. Die beiden Oranjes kamen in den letzten sieben Jahren auf insgesamt 20 WM-Titel und acht Silbermedaillen. Im Keirin mussten die beiden Dominatoren allerdings ein Trio aus Japan, Israel und Kolumbien an sich vorbeiziehen lassen. Das zeigt: Das Feld der Nationen, die im Bahnradsport den Ton angeben, wird immer größer. Japan holte sogar zwei Titel.

Mängel in der Vorbereitung

Für deutsche Athletinnen und Athleten wird der Durchbruch in die Weltspitze auch deshalb immer schwerer. Im Sprint sind lediglich die Frauen, die dieses Mal die WM ausließen, eine Macht. In den Ausdauerdisziplinen gelingt es weniger gut als in anderen Ländern, den Profisommer auf der Straße mit der Wintersaison auf der Bahn zu verbinden.

Während erfolgreiche Straßenprofis wie Jonathan Milan (Italien), Lorena Wiebes (Niederlande) und Lotte Kopecky (Belgien) regelmäßig auch auf der Bahn Siege holen, suchten die deutschen Verfolgerinnen Franziska Brauße und Mieke Krüger die Gründe für das nur mäßige Abschneiden in den Einzeldisziplinen als Vierte und Achte auch in Mängeln in der Vorbereitung. „Man merkte, dass einige Konkurrentinnen erholter in den Wettkampf gingen. Ich hatte auch nicht die Traumsaison, wir haben keinen richtigen Aufbau hinbekommen“, meinte Brauße. Kröger ergänzte: „Wir haben auch die Einerverfolgung zu wenig geübt.“

Vielleicht aber bekommt die neue „coole Truppe“ der Männerverfolger um Teutenberg (22 Jahre), Benjamin Boos (21), Ben Felix Jochum (20) und Bruno Kessler (19) die Balance gut hin.

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