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Bahn-WarnstreiksAuch Fernverkehr betroffen

An großen Verkehrsknoten wie Frankfurt, München, Köln und Stuttgart müssen ICE-Passagiere Verspätungen und Zug-Ausfällen bis in den Abend hinein ertragen.

Laut den Gewerkschaften Transnet und GDBA legten bundesweit über 700 Eisenbahner die Arbeit nieder. Bild: dpa

BERLIN dpa | Der Warnstreik bei der Bahn hat am Dienstag nicht nur Berufspendler getroffen - auch viele Fernreisende mussten auf ihre Züge warten. Nach Angaben der Deutschen Bahn kam es zu erheblichen Behinderungen im Kölner Hauptbahnhof und auf den Linien von Köln nach Hannover und Berlin. Die Strecken von Frankfurt/Main nach Stuttgart, Basel, Leipzig, Dresden, Berlin und Hamburg seien "weitgehend unterbrochen", teilte die Bahn mit. Gleiches gelte für die ICE-Strecke München-Nürnberg.

Laut den Gewerkschaften Transnet und GDBA legten bundesweit über 700 Eisenbahner die Arbeit nieder. Die Warnstreiks sind nach Worten von Transnet-Chef Alexander Kirchner erst der Anfang. "Wir wollen den Arbeitgebern signalisieren, dass wir es ernst meinen", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft am Kölner Hauptbahnhof, wo ab 7.00 Uhr kein Zug mehr fuhr. Nach zwei Jahren Verhandlungen sei die Geduld der Arbeitnehmer am Ende. Transnet und GDBA lehnten die von den Arbeitgebern angebotene Schlichtung ab.

Sollten sich die Deutsche Bahn und ihre privaten Konkurrenten nicht bewegen, werde es weitere Arbeitsniederlegungen und notfalls Urabstimmung und Streik geben. Schwerpunkte der Warnstreiks am Morgen waren Bayern, Nordrhein- Westfalen und Hessen. Warnstreiks gab es außerdem in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Berlin. Die Deutsche Bahn rechnet damit, dass es noch bis in den Abend hinein zu Behinderungen kommen wird. Ursache sei, dass am Morgen bestreikte Züge erst nach einigen Stunden an ihren Einsatzorten zur Verfügung stehen. Reisende sollten sich unter der kostenlosen Rufnummer 08000/996633 oder online unter http://www.bahn.de/aktuell über die Auswirkungen informieren.

In Nordrhein-Westfalen hatten in einer ersten Welle rund 200 Beschäftigte in Dortmund, Essen, Münster und Düsseldorf für drei Stunden ihre Arbeit ruhen lassen. Weil viele Pendler auf das Auto umstiegen, bildeten sich auf den nordrhein-westfälischen Autobahnen Staus von insgesamt 125 Kilometern Länge. Normal seien an einem Dienstag 60 Kilometer, erklärte ein Sprecher der Verkehrsleitstelle. Schwerpunkte der Warnstreiks in Bayern waren München und Nürnberg. Außerdem seien gegen 5.00 Uhr gut 50 Beschäftigte mehrerer Privatbahnen in den Ausstand getreten.

"Auch im Allgäu und im Bayerischen Wald stehen die Züge still", sagte ein Transnet-Sprecher. In Brandenburg fielen nach Angaben der Gewerkschaften und der Bahn Regionalzüge von Cottbus nach Rathenow, Leipzig, Frankfurt (Oder) und Falkenberg aus. In Hessen wurden Stellwerke und das Reisezentrum im Frankfurter Hauptbahnhof bestreikt. Vor den Informationsschaltern der Bahn bildeten sich lange Schlangen. Vor allem Menschen, die aus dem Urlaub zurückkehrten, konnten von Frankfurt aus nicht weiterreisen.

Seit mehreren Wochen verhandeln Transnet und GDBA sowie die Lokführergewerkschaft GDL parallel mit sechs großen Privatbahnen und der DB über einheitliche Tarifstandards. Der Wettbewerb um Regionalverbindungen dürfe nicht über niedrigere Einkommen auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden, fordern die Gewerkschaften. Die nächste Tarifrunde steht Ende der Woche an.

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1 Kommentar

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  • BS
    Branko Scherzer

    Es ist ein vollkommener End-Stuss ein dem Allgemeinwohl verpflichtetes und in der Gesamtbilanz defizitär wirtschaftendes Unternehmen als Aktiengesellschaft mit aller Gewalt auf Kosten der Kunden, Angestellten, Steuerzahler und später den Aktionären an die Börse prügeln zu wollen.

    Da reicht schon Milchmädchen-Finanzmathematik, um das zu begreifen.

     

    Wann hat endlich ein Politiker den Arsch in der Hose, dieses sinnlose, geldverschlingende, unzufriedenheitsschürende und umweltzerstörende Schwachsinns-Experiment offiziell als das zu erklären, als was es sich seit über zehn Jahren mehrfach bewiesen hat:

    gescheitert.

    Und macht das Streben nach dem Börsengang und die Privatisierung der Bahn endlich wieder rückgängig - zum Wohle des deutschen Volkes.

    Denn eine Bahn AG wird erst dann wirtschaftlich börsenfähig sein, wenn sie mit Bahnfahren nichts mehr zu tun hat, sondern eine 'Airline auf Schienen' ist.

     

    Die schweizer Bundesbahn SBB ist ein hervorragendes Beispiel, wie preiswert, pünktlich, häufig, zuverlässig, sauber, geräumig, flächendeckend, unkompliziert, zügig, stressfrei, freundlich, komfortabel, vorbildlich und kostengünstig (für den Staat)

    eine Bahn funktionieren kann, wenn sie in staatlicher Hand ist.

    Wo eine Bahn hingehört.

    Und das hat nichts mit 'verklärter Kommunismusromantik' zu tun, sondern schlicht mit volkswirtschaftlichem, ökologischem und gesundem Menschenverstand.