Bafög-Reform: Unklare Finanzierung
Wer das Studienfach wechselt oder mit über 30 Jahren einen Master beginnt, bekommt Probleme. Dabei ist der Master doch gerade auch für Studien-Wiedereinsteiger konzipiert.
BERLIN taz | Das Hickhack um die Finanzierung der neuen Bafög-Regelungen stellt viele Studierende vor große Probleme. Dabei geht es weniger um die geplante Erhöhung der Sätze um 2 Prozent. Auch weniger um die Anhebung des Freibetrages um 3 Prozent, die 60.000 StudentInnen zusätzlich in den Genuss der staatlichen Teilhilfe bringen sollte. Das Gesetz hätte an anderer Stelle wesentlich mehr Erleichterung gebracht: Bisher war für Studierende ab 30 Schluss mit der Förderung, diese Altersgrenze sollte für Master-Studiengänge auf 35 Jahre erhöht werden. Die Idee dahinter war, dass Bachelor-Absolventen in Ruhe Berufserfahrung hätten sammeln können, ohne Gefahr zu laufen, kein Bafög für den Master zu bekommen.
Für diese Gruppe wird es jetzt schwer: "Wer jetzt zu uns in die Bafög-Beratung kommt, kann von uns keine verbindliche Aussage über seine Studienfinanzierung erhalten", sagt Bernhard Brösel, Anwalt und Berater beim Deutschen Studentenwerk. Zudem bekam bisher, wer das Studienfach wechseln wollte, Bafög nur als voll verzinsliches Bankdarlehen. Nun wären diese Studierenden in die normale Förderung aufgenommen worden: 50 Prozent Zuschuss, 50 Prozent zinsloses Darlehen, maximal 10.000 Euro Rückzahlung.
Beschlossen ist nun lediglich, dass 4 Prozent der besten Studenten mit bis zu 300 Euro im Monat durch Stipendien gefördert werden. Die 800.000 Bafög-Empfänger gehen dagegen leer aus, für sie hätte sich die maximale Förderung um knapp 13 Euro auf 670 Euro erhöht. Bisher lag die Förderung bei Schülern im Durchschnitt bei 321 Euro, bei den Studierenden bei 398 Euro.
Die Berechnungen für den Bafög-Satz sind recht kompliziert: Bisher hatten Eltern einen Freibetrag von 1.550 Euro. So viel dürfen sie nach Abzug von Sozialabgaben, Steuer und Werbungskosten maximal verdienen, soll ihr Kind den Bafög-Höchstsatz bekommen. Dieser Freibetrag erhöht sich nochmals, wenn die Eltern weitere Kinder versorgen müssen. Bei jedem Euro, den sie über 1.550 Euro hinaus verdienen, geht der Staat davon aus, dass die Hälfte davon in die Ausbildung ihrer Kinder fließt. Das bedeutet auch, ohne Ausnahmen gerechnet: Gibt es eine Netto-Gehaltserhöhung von 100 Euro, bekommt das Kind 50 Euro weniger Bafög.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland