BVB vor dem CL-Spiel gegen Galatasaray: Müder Konzeptkrieger
Der formschwache Mats Hummels gilt als Prototyp für das Klopp’sche Fußballprojekt. Dortmunds Verteidiger würde sich aber am liebsten verstecken.
DORTMUND taz | Über einen Monat liegt das Spiel nun zurück, das den Herren bei Borussia Dortmund Rätsel aufgibt. Nach dem 2:0 des Revierklubs gegen den FC Arsenal Mitte September schwärmten die Experten von Pressing, Gegenpressing und der atemberaubenden Intensität des BVB-Fußballs. Dieses Spiel dient als Beweis, dass die viel diskutierte physische Erschöpfung nicht der einzige Grund für den schwächsten Dortmunder Start in eine Bundesligasaison seit 27 Jahren sein kann. Es muss andere Erklärungen für die bisher missglückten Auftritte geben, „das ist ja das Fatale“, sagt Sportdirektor Michael Zorc vor der Partie bei Galatasaray Istanbul am Mittwochabend (20.45 Uhr live im ZDF).
Wobei einer der Dortmunder Schlüsselspieler gegen den FC Arsenal nicht mitspielte: Mats Hummels. Die jüngsten Leistungen des Innenverteidigers zeigen, dass das gar nicht so schlecht war: Hummels wurde in dieser Saison fünfmal für eine erste Elf nominiert, vier Spiele gingen verloren (gegen Schalke, Hamburg und Köln sowie das Länderspiel gegen Polen). Gegen Schalke und Köln gehörten seine Fehler zu den Ursachen für Gegentore.
Auch nach dem 1:1 gegen Irland stand Hummels im Mittelpunkt der Kritik. In der folgenschweren Nachspielzeit ließ er dem Ausgleichstorschützen John O’Shea ein paar Zentimeter zu viel Raum. „Ein Mats Hummels in bester Verfassung wäre da sicher präsenter gewesen“, sagte Joachim Löw später.
Die Verantwortlichen in Dortmund waren wenig erfreut. Es war nicht das erste Mal, dass Hummels am Ende einer Fehlerkette der Einzige war, den der Bundestrainer namentlich nannte. Der 25-Jährige ist ein Typ, der sich solche Worte zu Herzen nimmt. Vielleicht trug Löws Analyse einen kleinen Teil zu Hummels’ völlig missratener Leistung vier Tage danach in Köln bei.
Formkurve zeigt nach unten
Die meisten Spieler, die nach einer Verletzung in den Alltagsrhythmus zurückkehren, stabilisieren sich nach drei, vier Wochen. Bei Hummels, der in den ersten Saisonwochen aufgrund eines Oberschenkelproblems ausfiel, zeigt die Formkurve hingegen nach unten.
Er hat sich zu einem entscheidenden Teilchen im Dortmunder Krisenpuzzle entwickelt. „Wenn ich die Arbeitsbereitschaft sehe, dann ist es nur eine Frage von Spielen, bis wir unsere Form finden“, verbreitet Hummels nun Optimismus. Jürgen Klopp sieht das ein wenig anders: „Dass die Mannschaft will, ist nicht genug“, findet der Trainer.
Es geht bei Borussia Dortmund nicht mehr nur darum, die Fitness wiederherzustellen und neue Profis mit der Spielweise vertraut zu machen. Längst ist das angeschlagene Selbstvertrauen zu einem Problem geworden. Auch bei Hummels. Seine Fehlpassquote war zuletzt erschreckend und seine Zweikampfführung kaum überzeugend. „Wir spielen so ein bisschen aus dem Langzeitgedächtnis raus, allerdings ohne die Form, die wir hatten, als wir noch so spielen konnten“, sagt Klopp.
Es ist klar, dass er damit auch Hummels meint. Dem Innenverteidiger fehlen Form und Rhythmus. Er ist einer der Spieler, die den Ruhm des WM-Titels als Last empfinden. Eine „negative Begleiterscheinung“ bestehe darin, „dass man praktisch kein Privatmensch mehr sein kann“, sagte er in einem Interview mit dem Kicker. „Das Erste, was ich von meinem Job hergeben würde, das wäre, dass man mich in der Öffentlichkeit erkennt.“ Die Unruhe um seine Zukunft ist auch nicht gerade hilfreich.
Wettbieten zwischen Arsenal und ManU
Seit Wochen berichten englische Zeitungen, dass der FC Arsenal und Manchester United in der Winterpause ein Wettbieten um den Deutschen veranstalten werden, angeblich sind die Londoner bereit, 40 Millionen Euro zu investieren. Die Dortmunder können ein solches Angebot jederzeit ausschlagen, aber das Thema ist heikel. Sollte Hummels den Wunsch nach einer neuen Herausforderung entwickeln, wäre das ein fatales Signal für das BVB-Projekt.
Er war es, der Mario Götze vorwarf, den spannendsten Klub der Gegenwart zu verlassen. Würde Hummels nun selber das nachvollziehbare Bedürfnis entwickeln, etwas Neues zu entdecken, hieße das: Einer der größten Verfechter des kleinen Dortmunder Fußballwunders hat seinen Glauben an das Konzept verloren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!