BSW in Berlin: Wagenknechtler reichen CDU die Hand
Ex-Linke bilden in Lichtenberg erstmals eine BSW-Fraktion auf Berliner Bezirksebene. Verkehrspolitisch werden die Christdemokraten angeblinkt.
Die Linke forderte die drei Abtrünnigen umgehend auf, ihre Mandate zurückzugeben – vergeblich. In der 55-köpfigen BVV ihrer einstigen Hochburg Lichtenberg schrumpft die Linksfraktion damit auf überschaubare elf Sitze. „Personell geschwächt, inhaltlich geschlossen“, ist die offizielle Mitteilung der Linksfraktion dann auch trotzig überschrieben.
Das Wagenknecht-Trio hatte bereits vor einem Monat seinen Parteiaustritt erklärt. Gleichwohl wollten sie – zum Unmut der Bezirks-Linken – weiterhin Teil der Fraktion bleiben. Das hat sich nun erledigt, begleitet von Klagen über die Ex-Parteifreund:innen. Ob während der Coronapandemie oder „in der Friedensfrage“ nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine: „Der Korridor des Sagbaren wurde zunehmend verengt“, heißt es in einer Begründung von Montag im Einklang mit dem Sound des Bundes-BSW.
In der BVV Lichtenberg wolle man sich dabei um Fragen des sozialen Zusammenhalts in dem Ostberliner Großbezirk kümmern. Das habe man auch schon in der Linken gemacht. In anderen Bereichen sei aber klar, dass die drei BSWler einen anderen Kurs einschlagen würden, angefangen bei der Migrationspolitik.
Politik gegen Kiezblocks
Wichtig sei, dass man Geflüchtete innerhalb Berlins gerechter verteilt, sagt BSW-Fraktionschef Norman Wolf am Mittwoch zur taz. Er denke da etwa an Steglitz-Zehlendorf, wo viel weniger Geflüchtete untergebracht seienen als in Lichtenberg. „Flüchtlingsunterkünfte in sozial ohnehin belasteten Gebieten zu errichten, hat sich jedenfalls noch nie als zielführend herausgestellt“, so Wolf.
Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließe er zwar „grundsätzlich“ aus. Ob die Wagenknecht-Partei im Bezirk den Bau neuer Unterkünfte unterstütze, werde die Fraktion aber im Einzelfall entscheiden. Anders formuliert: Wenn für nötig erachtet, werde man sich im Gegensatz zu den Ex-Kolleg:innen bei der Linken dagegen stellen.
Auch in der von den Grünen vorangetriebenen und den Linken unterstützten bezirklichen Verkehrspolitik wollen die Ex-Sozialisten neue Saiten aufziehen. Es brauche, so Wolf, „eine ideologiefreie Verkehrspolitik“. Und das heißt in dem Fall vor allem, dass sich die Wagenknecht-Fraktion im Bezirk „klar gegen die Pollerkultur“ wendet. Sogenannte Kiezblocks würden lediglich für „ein spezielles Milieu“ errichtet, „das die Grünen ansprechen wollen“.
Davon wolle das BSW weg. Wolf sagt: „Es gibt in einer Großstadt kein Recht auf Abschottung.“ Deshalb könne es auch nicht sein, „dass der Verkehr aus schicken Kiezen herausgehalten wird, damit andere leiden“. Einen potenziellen Partner gegen die Politik von Grünen-Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoglu hat die neue Fraktion dabei auch schon im Blick: „In der Verkehrspolitik gibt es Schnittmengen mit der CDU.“
CDU winkt ab
Die so Umworbenen nehmen das Kooperationsangebot eher schulterzuckend zur Kenntnis. „Wenn sich die Kollegen unseren sehr guten Vorschlägen in der Verkehrspolitik anschließen wollen, dann steht es ihnen frei, in der BVV mit uns zu stimmen“, sagt CDU-Fraktionschef Benjamin Hudler zur taz. Darüber hinaus finde er das Gerede über Kooperationen jetzt aber „nicht so aufregend“.
Überhaupt, so Hudler: Nachdem im September vergangenen Jahres in Lichtenberg die bis dahin mehr schlecht als recht funktionierende bezirkliche Zählgemeinschaft aus CDU, SPD und Grünen mit großem Knall auseinandergebrochen war, „streben wir in dieser Legislatur überhaupt keine feste Kooperation mehr an, auch nicht mit dem BSW“.
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