BRANDANSCHLAG: Pendeleien bis Donnerstag
Bahnverkehr bleibt nach Brandanschlag eingeschränkt. Fahndung nach Tätern bisher erfolglos. Atomkraftgegner distanzieren sich. Bahn sieht kein Sicherheitsproblem.
Auch einen Tag nach dem Brandanschlag auf eine Kabelbrücke am S-Bahnhof Ostkreuz, fahren die Züge nur eingeschränkt. Zwar herrschen am Dienstag nicht mehr die chaotischen Verhältnisse wie am Montag, doch nach wie vor sind Hunderttausende von den Folgen des Anschlags betroffen.
"Nach derzeitiger Einschätzung werden die Einschränkungen im S-Bahn-Verkehr noch bis Donnerstag andauern", teilte die Bahn auf Nachfrage mit. Die Einschränkungen im Regional- und Fernverkehr sollten nach Möglichkeit schon früher aufgehoben werden. Mit rund 50 Mitarbeitern arbeite man rund um die Uhr um die beschädigten Kabel zu ersetzen und die Signal-, Leit- und Sicherungstechnik wieder herzustellen.
In der Nacht zu Montag hatte eine Kabelbrücke, die über den Markgrafendamm am Ostkreuz verläuft, gebrannt. Die Stromversorgung der S-Bahn brach daraufhin teilweise zusammen, auch Datenleitungen der Bahn wurden massiv beschädigt. Chaotische Zustände im Verkehr und ein mehrstündiger Ausfall der Internetdienste der Bahn waren die Folgen. Die Polizei hatte am Tatort Spuren von Brandbeschleunigern gefunden. Sie geht daher davon aus, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde.
Ost-West-Route: S 3 pendelt zwischen Warschauer Straße und Rummelsburg. S 5, S 7 und S 75 pendeln zwischen Warschauer Straße und Lichtenberg. Ansonsten fahren sie nach Plan.
Ringbahn: S 41/42 fahren durch, aber nur alle 10 Minuten.
Süd-Ost-Strecke: S 9 fährt nur zwischen Treptower Park und Flughafen Schönefeld.
Aktuelle Infos: s-bahn-berlin.de
Ein im Internet verbreitetes Bekennerschreiben einer linksautonomen Gruppierung begründet den Anschlag vor allem mit der Kritik an der Atompolitik und dem Waffenhandel Deutschlands. In dem Text wurde ein möglicher Tathergang beschrieben. "Vor Ort gefundene Beweise lassen zusammen mit der Detailtiefe und der Ausdrucksweise des Schreibens auf dessen Authentizität schließen", sagte ein Polizeisprecher. Mittlerweile habe der für die Bekämpfung politisch motivierter Straftaten zuständige Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Erfolgsversprechende Erkenntnisse gebe es aber noch nicht. "Erfahrungsgemäß ist so etwas keine Frage von Stunden, sondern von Tagen."
Trotz der massiven Auswirkungen des Kabelbrandes sah die DB am Dienstag keinen Anlass für ein neues Sicherheitskonzept. "Bei einem Streckennetz von 34.000 Kilometern wird es nie einen hundertprozentigen Schutz geben, vor allem nicht gegen solch extreme kriminelle Energie", sagte ein Bahnsprecher. Man werde nun aber noch einmal neuralgische Punkte betrachten und überlegen, ob man dort ausreichend aufgestellt sei.
Jens Wieseke von der Berliner Fahrgastvereinigung (IGEB) kritisierte diese Haltung: "Dass die Bahn in der jetzigen Situation sagt, es müsse sich nichts grundlegend ändern, halte ich für voreilig und bedauere es."
Einen Bericht der Berliner Zeitung, in dem ein "hochrangiger S-Bahner" mit der Aussage zitiert wurde, die Anschläge seien offensichtlich von jemandem verübt worden, der sich sehr gut bei dem Unternehmen auskenne, dementierte die Bahn gegenüber der taz. "Das ist reine Spekulation. Wir müssen abwarten, was die polizeilichen Ermittlungen ergeben", sagte ein Sprecher. Auch könne nicht von einer Häufung der Vorfälle gesprochen werden: "Auf die DB gibt es generell immer wieder Anschläge aus der linken Szene."
Der Anschlag wurde von sämtlichen Parteien im Abgeordnetenhaus scharf verurteilt. Auch Atomkraftgegner distanzierten sich. "Da springen Leute auf eine Bewegung auf, mit der sie absolut nichts zu tun haben", sagte etwa Uwe Hiksch von der Umweltschutzorganisation Naturfreunde.
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