BR-Intendant Ulrich Wilhelm: Mehr Schwiegersohn als Günther Jauch
Im Februar wechselte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm ins Intendantenamt beim Bayerischen Rundfunk. Die Aufregung darüber war groß. Und jetzt?
Zur ungeheuren Lässigkeit des Edmund Stoiber gehört, stets präsent zu sein - selbst wenn er gar nicht da ist. Wie jetzt, beim Medienempfang des Bayerischen Rundfunks. Markwort ist da, Udo Wachtveitl ist da, die halbe Landespolitik ist da. Sogar Grüne! Der Medienpolitiker Stoiber nicht.
Aber Thema ist der einstige Landesvater, weil er doch jetzt beim Privatsender ProSiebenSat.1 Großbeirat ist und für dessen gesellschaftliche Relevanz trommelt und ARD und ZDF mal wieder werbefrei machen will. Und das, wo er doch gerade eben erst dem ZDF-Verwaltungsrat entkommen ist, wo er über Jahre öffentlich-rechtlicher Statthalter war.
"So was gehört sich nicht", raunt es am CSU/SPD-besetzten Stehtisch hinten rechts zur Jakobsmuschel. Wobei der BR da ja so seine eigene Personalie mit seinem immer noch recht frischen Intendanten hat, der Ulrich Wilhelm heißt und im vorigen Job derart charmant für Merkel sprach, dass bei seinem Abschied die Taschentücher in der Bundespressekonferenz knapp wurden.
Den BR hat er auch längst um den Finger gewickelt, die abendlichen Gäste sowieso, man muss ihn einfach mögen. Wer in Günther Jauch den idealen Schwiegersohn sieht, hatte noch nie mit Ulrich Wilhelm zu tun. Am Medienempfang im letzten Jahr hatte er noch hübsch bescheiden als Gast teilgenommen, jetzt darf Wilhelm richtig ran. Auch das macht er wieder mit dieser charmanten Bescheidenheit. Das große Auf-die-Sahne-Hauen überlässt er gekonnt dem zweiten Gastgeber und ARD-Programmdirektor Volker Herres.
Der sieht so ein bisschen blöd aus, schon weil er doppelt so lange redet und die ARD und Wilhelm über den grünen Klee lobt: Er habe schon viele kommen und gehen sehen, "aber selten einen, der so schnell im Stoff war und im komplizierten Gebilde namens ARD angekommen" und salbader und so weiter.
Wilhelm redet lieber davon, dass man "gemeinsam Aufgaben schultern" müsse, um mit Qualität die öffentliche Meinungsbildung zu befördern. Und meint die Verleger, die wegen der "tagesschau"-App zündeln: "Das schaffen weder die elektronischen Medien noch die Presse alleine", sagt Wilhelm, und was da konkret geht, will er heute Nachmittag mit seinen ARD-IntendantenkollegInnen Monika Piel (WDR + ARD-Vorsitz) und Lutz Marmor (NDR) in einem Hotel in Frankfurt mit der Verlegerdelegation ausloten, und weil diese den Verlegern das Herz brechende Debatte eher rückwärtsgewandt, aber schrecklich wichtig ist, kommt sogar der designierte ZDF-Intendant Thomas Bellut dazu.
Heimlicher Star des Abends ist aber Bettina Reitz. Die wird zwar erst Anfang Dezember zur neuen BR-Fernsehdirektorin gewählt, aber wenn sie nicht fairerweise immer mal wieder darauf hinweisen würde, könnte man meinen, sie hätte den Job längst. Doch noch ist Reitz beim nicht ganz so schönen Thema namens Degeto geparkt, wo sich frühere Geschäftsführer bei der Auftragsvergabe - sagen wir mal diskret: etwas übernommen haben. Und weshalb jetzt ARD-weit die schöne, eigentlich für den MDR reservierte Debatte geführt wird, wer eigentlich wann was genau wusste und warum keiner früher den Braten gerochen und Kakao geschrien hat.
In Sachen Degeto will die ARD am Montag zu Potte kommen, natürlich auch wieder in Frankfurt, wo die Degeto sitzt und der Hessische Rundfunk stellvertretend für den Anstaltsverbund Aufklärungsarbeit leistet. Nicht gesichtet wurde in München übrigens die Dame, von der es viele für ausgemacht halten, dass sie sich ihrerseits bald bei der Degeto wiederfindet: WDR-Programmdirektorin Verena Kulenkampff. Der fällt es in Köln anscheinend weiter schwer zu reüssieren - und Filmkoordinatorin der ARD ist sie ja eh schon.
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