BMW und Daimler basteln Roboter-Auto: Sie wollen gemeinsam schrauben
Die Entwicklung selbstfahrender Autos verschlingt Milliarden. Zwei harte Konkurrenten machen nun gemeinsame Sache.
Experten sehen in dieser Taktik die einzige Möglichkeit, den Anschluss an mächtige Konkurrenten wie die Google-Schwesterfirma Waymo nicht zu verlieren. Waymo ist besonders weit und startet gerade einen Robotaxi-Service in einem Vorort der Stadt Phoenix in Arizona. Weil die Entwicklung der Technik sehr teuer und aufwendig ist, dürften selbst Schwergewichte wie Volkswagen, Daimler und BMW allein wohl auf der Strecke bleiben, sagen Branchenexperten.
Um sich in allen wichtigen Zukunftsbereichen der Mobilität eine gute Position zu verschaffen, müsste ein typischer Autohersteller mehr als 60 Milliarden Euro investieren, hat die Unternehmensberatung McKinsey ausgerechnet. Das schaffe keiner allein.
Wie die Kooperation von BMW und Daimler im Detail aussieht, blieb erst mal offen. Mit der Zusammenführung der Kompetenzen „erhöhen wir die Innovationskraft und beschleunigen die Verbreitung dieser Technologie“, sagte BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich. Ola Källenius, derzeit Forschungsvorstand und bald Vorstandschef bei Daimler, sagte: „Statt individueller Insellösungen geht es uns um ein zuverlässiges Gesamtsystem, das unseren Kunden einen spürbaren Nutzen bringt.“
Vielleicht bald draußen: der BMW Mercedes E
Soll auch heißen: Daimler oder BMW könnten auch allein ein Roboterauto auf die Straße bringen. Doch das wäre teuer und würde viel länger dauern. Jetzt können beide ihre Daten aus unzähligen Testkilometern, ihre Erfahrung in einen Topf werfen – ein großer Sprung nach vorn.
Die Kooperation sei daher erwartbar und notwendig, sagte Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. „Man muss es schaffen, einen Standard zu setzen, und das schafft man besser zusammen.“ Letztlich wird der Gesetzgeber ohnehin gemeinsame Sicherheitsvorgaben vorgeben, wie beim Airbag oder ABS auch schon.
Neu sind Partnerschaften in der Branche nicht. Seit Jahren unterhalten Daimler und BMW eine Einkaufskooperation. Viele Mercedes-Fahrzeuge haben Renault-Motoren unter der Haube. Und auch beim automatisierten Fahren betreten die Konzerne kein völliges Neuland. Der Online-Kartendienst Here etwa gehört gleich mehreren großen Autoherstellern, Zulieferern und anderen Unternehmen gemeinsam. Möglichst exaktes Kartenmaterial ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Autos allein fahren können.
Vorsprung auch ohne Fahrer
Unklar ist auch noch, wie BMW und Daimler ihre bestehenden Bündnisse in ihre Kooperation integrieren wollen und können. BMW testet das automatisierte Fahren heute weltweit mit 70 Fahrzeugen, unter anderem auch in München, und arbeitet mit Intel, Mobileye, FiatChrysler, Continental und Magna zusammen. Daimler will dieses Jahr zusammen mit dem Zulieferer Bosch in San José im Silicon Valley in den USA selbstfahrende Fahrzeuge auf die Straße bringen. Eine Bosch-Sprecherin sagte, die neue Kooperation zwischen Daimler und BMW berühre dieses Projekt nicht – prinzipiell sei man aber auch offen für Ergänzungen, sprich: weitere Partner.
BMW und Daimler wollen zusammen zunächst die Technik für Autos vorantreiben, die auf der Autobahn selbstständig fahren können, aber noch Gaspedal und Lenkrad haben und von einem Fahrer gesteuert werden können. Mehr Daten aus Testfahrten, mehr Rechenleistung und mehr Sensorik verbessern die Technik. Danach wollen die Konzerne aber auch das komplett selbstfahrende Auto im Stadtverkehr angehen. „Das unterstreicht den langfristig und nachhaltig angelegten Charakter der Kooperation hin zu einer skalierbaren Plattform des automatisierten Fahrens“, teilten sie mit.
Und was ist mit Volkswagen? Auch VW werde den Vorsprung von Google allein nicht aufholen können, sagte Professor Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Die Konkurrenten auf diesem Feld seien nicht BMW und Mercedes, sondern Uber und Google. „Deshalb ist jetzt die Zeit der Kooperationen“, sagte er. Für die deutsche Autoindustrie sei das eine Überlebensfrage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“