BKA-Novelle: Schneller Einsatz von "Spähsoftware"
Online-Durchsuchungen können im Eilfall weiterhin ohne Richter angeordnet werden. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar kritisiert die BKA-Reform.
Schneller Einsatz von "Spähsoftware"
Online-Durchsuchungen können im Eilfall weiterhin ohne Richter angeordnet werden
FREIBURG taz Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, kritisierte am Freitag die geplante BKA-Reform. "Ich bin nicht überzeugt, dass diese Fülle neuer Befugnisse für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus erforderlich ist." Diese Skepsis werde auch von seinen Kollegen in den Bundesländern geteilt.
Schon nächsten Mittwoch soll die Reform im Bundestag beschlossen werden. Nach langen Verhandlungen hatten sich CDU/CSU und SPD in dieser Woche über die Details geeinigt.
Die BKA-Novelle wird dem Bundeskriminalamt zum ersten Mal präventive Befugnisse geben. Bisher war die Wiesbadener Behörde nur für die Strafverfolgung zuständig. Im BKA-Gesetz wird nun ein neuer Abschnitt "Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus" in das BKA-Gesetz eingeführt. In 24 Paragrafen von 20a bis 20x werden dort die neuen präventiven Befugnisse aufgelistet. So darf das BKA zur Terrorabwehr Rasterfahndungen durchführen, Wohnungen abhören und filmen, Telefongespräche können abgehört und E-Mails mitgelesen werden.
Neu und deshalb besonders umstritten ist die heimliche Ausspähung von Computer-Festplatten. In Paragraf 20k des Gesetzentwurfes wird sie "verdeckter Eingriff in informationstechnische Systeme" genannt. Diese Befugnis hatte zunächst nur der Verfassungsschutz in NRW, doch wurde das entsprechende Gesetz im Februar 2008 vom Bundesverfassungsgericht gekippt, weil es nicht restriktiv genug war.
Über die konkrete Regelung von Onlinedurchsuchungen stritten CDU/CSU und SPD bis zuletzt. Dabei konnte die SPD nicht durchsetzen, dass die heimliche Datenausspähung stets von einem Richter angeordnet werden muss. Auf Wunsch der Union soll in Eilfällen auch weiterhin eine Genehmigung durch BKA-Präsident Jörg Ziercke oder einen Stellvertreter genügen. Die richterliche Prüfung würde dann nachgeholt.
Als Zugeständnis wird nun aber im Innenausschuss des Bundestags eine Liste typischer Eilfälle beschlossen, um sicherzustellen, dass Zierckes Eilbefugnis die Ausnahme bleibt. So soll etwa dann auf eine richterliche Anordnung verzichtet werden, wenn sich ein Terrorverdächtiger mit seinem Laptop in eine Kneipe oder auf einen Autobahnrastplatz begibt und so kurzfristig die Möglichkeit entsteht, den Computer mit einer Spähsoftware zu präparieren.
Dies geht aus einem der taz vorliegenden Schreiben der Abgeordneten Hans-Peter Uhl (CSU) und Dieter Wiefelspütz (SPD) hervor, in dem die beiden Verhandlungsführer die aktuellen Kompromisse darstellen.
Die SPD konnte sich auch nicht mit der Forderung durchsetzen, dass an der Durchsicht der heimlich kopierten Dateien immer ein Richter zu beteiligen ist. Die Partei wollte so sicherstellen, dass der Kernbereich der Privatheit gewahrt bleibt. Wie ursprünglich vorgesehen, werden die Dateien nun von zwei BKA-Beamten darauf überprüft, ob sie verfahrensrelevant sind. Rein private Texte und Bilder werden gleich wieder gelöscht. Durchgesetzt hat die SPD aber, dass an dieser Sichtung auch der interne Datenschutzbeauftragte des BKA teilnimmt. Er unterliegt keinen Weisungen der Behörde, wird aber auch erstmals kontrollierend in derartige Ermittlungen eingeschaltet. In Zweifelsfällen soll ein Gericht entscheiden, ob der Kernbereich verletzt ist.
Die SPD erreichte auch, dass nach fünf Jahren wissenschaftlich untersucht wird, welchen Nutzen das Gesetz überhaupt gebracht hat. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei natürlich die Onlinedurchsuchung. Außerdem wird geprüft, wie die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Terrorabwehr funktioniert.
Dass die Befugnis zur Onlinedurchsuchung befristet wurde, ist ein weiteres Zugeständnis der Union, aber ein ziemlich perfides. Die Kompetenz läuft nämlich nicht nach drei oder fünf Jahren aus, wie in vergleichbaren Fällen üblich, sondern erst im Jahr 2020. Damit werden die SPDler, die das als Erfolg verkaufen müssen, nur Hohn und Spott ernten.
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