BBI-Flugrouten: Lärmgegner verkrachen sich
Bei einer Infoveranstaltung in Schönefeld beschimpfen sich Fluglärmgegner aus verschiedenen Gemeinden gegenseitig. Die Flugsicherung nennt erstmals konkrete Höhen.
![](https://taz.de/picture/295954/14/flug_07.jpg)
In der Diskussion um die Flugrouten ab dem künftigen Großflughafen BBI ist erbitterter Streit zwischen den südlichen Gemeinden ausgebrochen. Bei einer Informationsrunde der Flugsicherung beschimpften sich Betroffene am Montag gegenseitig. "Wir haben seit Jahren Fluglärm, und um uns kümmert sich keiner", sagte die Rahnsdorferin Emely Heinz vor der "Airportworld" in Schönefeld. Die Rentnerin sagte, ihre Gemeinde kämpfe seit Jahren gegen den Fluglärm, ohne jemals Gehör gefunden zu haben. "Unsere Grundstücke sind genauso toll", rief sie einer Lichtenrader Bürgerinitiative zu. Deren Vertreter Günter Haße konterte, Immobilienmakler hätten Zuzüglern noch vor zwei Jahren mit dem Versprechen gelockt, hier werde kein Fluglärm kommen. Darauf habe man sich verlassen.
Ausgelöst wurden die Diskussionen vor drei Wochen, als die Deutsche Flugsicherung Vorschläge für Flugrouten ab Berlin Brandenburg International (BBI) vorstellte. Weil zwei Abflüge parallel möglich sein sollen, müssen Flugzeuge bei zeitgleichem Start nach dem Abheben ihre Richtung so ändern, dass sie mindestens 15 Grad auseinander fliegen. In diesem Fall wäre der Berliner Süden - Zehlendorf, Wannsee, die Gemeinden Teltow und Kleinmachnow - von Fluglärm betroffen. Deren Einwohner gingen bisher davon aus, dass Flugzeuge parallel starten. Dann bliebe es über dem Südwesten der Stadt leise. Seit Bekanntwerden der Pläne ruft der Südwesten zum Protest. Mehr als zehn Bürgerinitiativen haben sich gegründet, die Bürgermeister laufen Sturm. Deshalb luden Flugsicherung und Landesregierungen am Montag Gemeindevertreter nach Schönefeld ein. Auch betroffene Bürgerinnen und Bürger, die vor dem Gebäude protestierten, durften in den Saal.
Doch Berliner und Brandenburger beklagten dort erneut, von den Planungen überrascht worden zu sein. Die betroffenen Bürgermeister sollen nun in die Fluglärmkommission aufgenommen werden. Für ihren Protest zeigten vor allem die Berliner Staatssekretärin Maria Krautzberger (SPD) und Flughafenchef Rainer Schwarz Verständnis. Es gebe "Optimierungsbedarf", hieß es von ihnen. Krautzberger stellte aber klar, dass es nicht um eine Bevorzugung der Berliner gehe, sondern um die beste Lösung für alle.
Der Vorsitzende der Fluglärmkommission Bernd Habermann sagte hingegen, er hege überhaupt kein Verständnis für den Protest aus Wannsee und Zehlendorf. Er verwies auf die Flughöhen, die die Flugsicherung am Montag bestätigte: Demnach sollen die Flugzeuge bei Starts Richtung Westen über Stahnsdorf etwa 1.500 Meter hoch fliegen, über Wannsee 2.400 Meter - während Flieger über Blankenfelde/Mahlow mit einer Höhe von 600 Metern düsen.
Letztere Gemeinde liegt direkt am künftigen Großflughafen und gilt als eine der am stärksten betroffenen Orte. "Im unmittelbaren Umfeld herrschen unerträgliche Bedingungen", sagte Habermann. Er war selbst vor zehn Jahren Bürgermeister in Blankenfelde. "Ich bin der Flugsicherung sehr dankbar, dass Varianten gefunden worden sind, um Belastungen für diese Betroffenen zu mindern." Der jetzige Amtsinhaber Ortwin Baier kommentierte den neuen Südwest-Protest mit den Worten: "Willkommen im Kreis der Betroffenen!" Insgesamt soll die Zahl der Flüge über Berlin der Flugsicherung zufolge ab 2012 halb so hoch sein wie derzeit. Durch abknickende Flugrouten würden Blankenfelde und Mahlow ein Stück weit entlastet.
Die Flugsicherung plant, die endgültigen Routen im März 2012 zu veröffentlichen, kurz vor der Eröffnung des Flughafens. Robert Ertler, einer der Planer, warnte: "Wir werden es nicht jedem Recht machen können."
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