piwik no script img

Autokratie in den USATrumpismus messen

Die Politikmethode des US-Präsidenten ist weltweit auf dem Vormarsch. Hier ist ein exklusiver Trump-O-Meter, um die Gefahren besser zu erkennen.

Folgt keinem rationalen Plan: US-Präsident Donald Trump Foto: May James/imago

D rüben in den USA hat ein Kerl mit Selbstbräunerteint und dem reichsten Mann der Welt im Schlepptau mal eben die Demokratie abgeschafft und arbeitet an einer imperialistischen Technokratie für seine Oligarchenfreunde, was die Mehrheit von Volk, Kultur und Wissenschaft offenbar mit einer merkwürdigen Mischung aus Opportunismus und Schockstarre hinzunehmen bereit ist.

So etwas kann bei uns nicht passieren. Oder? Trumpismus ist die Verbindung von darwinistischem Anarcho-Kapitalismus, kleinbürgerlichem Fascho-Konservatismus und merkantilem Imperialismus mit etlichen sehr US-amerikanischen, aber auch mit universalen Beimengungen rechtsextremer Vorstellungen.

Dieser Mann folgt keinem rationalen Plan, nicht einmal einem der Art, wie wir es von den bösartig-genialen Möchtegern-Weltherrschern der Popkultur kennen. Er lebt in einem großen Bild, oder, wie es sein etwas unbedarfter Sohn postet, in einem Film. Bilder oder Filme haben gegenüber großen Plänen den Vorteil, alles Mögliche und einiges widersprüchlich enthalten zu können.

Es gibt reichlich Politiker in Deutschland, die bereits den roten Bereich der Trump-O-Meter-Kontrolle erreicht haben

Als großes, aber auch in viele Einzelteile beliebig zerlegbares Bild hat sich der Trumpismus schon viel weiter in der Welt verbreitet, als es selbst seinen Kritikerinnen bewusst ist. Es ist deshalb dringend geboten, ein Instrument zu schaffen, das die Verbreitung des trumpistischen Welt-Bildes und seiner Einzelteile bei Personen, Institutionen, Diskursen und Parteien misst.

Mein Vorschlag dazu ist der Trumpism-O-Meter, oder kurz Trump-O-Meter. Der Trump-O-Meter bewertet Programme, Aussagen und Handlungen politischer Agenten und Agenturen mit einem Punktsystem, das auf einer Skala von 0 (vollkommen trumpismuslos) bis 10 (mit dem Trumpismus deckungsgleich) den Grad an trumpistischer Infektion wiedergibt. Die Anordnung der verschiedenen Elemente des Trumpismus erlaubt dann die Erstellung eines Trump-O-metrischen Profils eines Politikers, einer Rede, eines Artikels, einer politischen Aktion etc. Hier nun eine höchst vorläufige Zusammenstellung der Teile des trumpistischen Gesamtbildes, die als Matrix für den Trump-O-Meter eingesetzt werden können:

– Rachsüchtige Kriege gegen Kritiker und missliebige Presse

– Maskulinismus und Bro-Gangs

– Ersetzung von Regelbasis und Vertragstreue durch Opportunität und Machtspiel

– Krieg gegen neutrale und kritische Wissenschaften

– Nationalismus und Fremdenhass als ideologische Maske (wenn irgendwo etwas schiefgeht, sind immer „die anderen“ schuld

– Anti-„woker“ und anti-„genderwahnsinniger“ Kulturkampf

– Erklärung des politischen Gegners zum „Feind“

– Hierarchismus, Paternalismus und Personenkult

– Populistische Rhetorik, Verspektakelung der Politik (Inszenierung von Herrschaft hier und von „Volksnähe“ dort)

– Rachsüchtige Auslöschung der Vorgänger, Umschreiben der Geschichte nach eigenem Gutdünken (Mythos statt Geschichte, buchstäbliches „Whitewashing“)

– Nationalkitsch: Diktatur der Geschmacklosigkeit

– Vermischung von Politik und Wirtschaft (strukturelle oder personale Korruption, Kleptokratie, indirekte Regierungsbeteiligung von Oligarchen wie von medialen „Influencern“)

– Abbau der Sozialstaatlichkeit und der Grund­versorgung (alles ist käuflich, nichts gibt es umsonst)

– Denunziation und Demütigung der Verlierer (Diplomatie und Solidarität sind Zeichen von Schwäche)

– Immer weitergehende Öffnung nach rechts (Übernahme rechter Parolen und Ziele, Allianzen und Zustimmungen)

– Entmachtung und Schrumpfung der Universitäten

Übermacht der Exekutive und Ende von Gewaltenteilung

– Inkonsistenz und Willkür

– „Entbürokratisierung“ als Entstaatlichung (Verlagerung der Machtzentren in die Sphäre der Tech-Milliardäre)

Militante Grenz- und Migrationspolitik

– Überwachung, Kontrolle, Einschüchterung der Opposition

– Politik als volkstümliche Spektakel (Politik und Merchandising)

Klimaleugnung und Wachstumsfetischmus

– Narzissmus und Schamlosigkeit als Unterhaltungswert (Ich-Sagen als oberstes Gebot; Angeberei mit den eigenen Gesetzesbrüchen und Regelverstößen)

– Imperiale Handelskriege ohne Rücksicht auf die eigene Bevölkerung.

Dies, wie gesagt, als erste Skizze für eine ­Rating-Matrix des Trump-O-Meters. Man wird dann zu diversen Profilen kommen, wie zum Beispiel: direkter Schulterschluss (Andy ­Scheuers Besuch bei seinen transatlantischen Buddys); offener Trumpismus der Taktiken (die Attacken der CDU/CSU gegen die NGOs wie „Omas gegen Rechts“); offener Trumpismus der Rhetoriken (die hetzerischen Migrationsdebatten aller Parteien der „Mitte“, verdeckter Trumpismus; ­Vulgärtrumpismus. Und schließlich gibt es einen Körper-Trumpismus (achten Sie auf die ­öffentlichen Auftritte gewisser konservativer ­Politiker).

Es gibt reichlich Politiker und Parteien in Deutschland, die sich noch der Mitte zurechnen lassen wollen und die bereits den roten Bereich der Trump-O-Meter-Kontrolle erreicht haben. Der bescheidene Erfinder des Trump-O-Meters für Deutschland ging nach seinem Testlauf erst einmal eine Runde kotzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 17. April 2025

Liebe Kommune,

wir machen Osterpause – die Kommentarfunktion bleibt für ein paar Tage geschlossen. Ab dem 22.04.2025 sind wir wieder für euch da und freuen uns auf spannende Diskussionen.

Genießt die Feiertage 🐣🌼
  • Danke. Kann frauman nehmen & 🍕 legen 🤮 -



    Gute Besserung.

    unterm—-Freund/Feind - Carl Schmitt —



    de.wikipedia.org/w...hen_(Carl_Schmitt) Kronjurist der Nazis •



    “…Das spezifische Unterscheidungsmerkmal für alles Politische ist die Dichotomie Freund-Feind.



    Die spezifisch politische Unterscheidung, auf welche sich die politischen Handlungen und Motive zurückführen lassen, ist die Unterscheidung von Freund und Feind.…



    Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht nicht ästhetisch häßlich zu sein; er muß nicht als wirtschaftlicher Konkurrent auftreten, und es kann vielleicht sogar vorteilhaft scheinen, mit ihm Geschäfte zu machen. Er ist eben der Andere, der Fremde, und es genügt zu seinem Wesen, dass er in einem besonders intensiven Sinne existenziell etwas Anderes und Fremdes ist, so dass im extremen Fall Konflikte mit ihm möglich sind, die weder durch eine im Voraus getroffene generelle Normierung,…



    &



    “Unsichtbare Gefahren haben schon immer die Neigung befördert, im Irrstionalen nach Erklärungen zu suchen.“



    Carl-Schmitts-Freund-Feind-Theorie“



    heiup.uni-heidelbe.../24283/17978/66393

  • Als erste internationale Trumpismus-Ratingagentur ging gestern bereits in Rohrstock das Staat-Up „Intermuuds“ ins Rennen. Zum provisorischen Aufsichtsratsvorsitzenden ernannte sich Philipp Amthor. Als Firmenlogo wurde eine goldene Kloschüssel gewählt.



    www.youtube.com/watch?v=aME0qvhZ37o

  • Eine Normalisierung und Ausweitung von Constitutional Hardball könnte man noch hinzufügen. Aber das steckt indirekt in einigen Punkten mit drin oder ist Konsequenz davon.

  • Eine Liste "was ich an Trump alles doof finde" hat wenig Nutzen.



    Das kann buchstäblich jeder mit jeder Politikerin machen.



    Was helfen die vielen Listen?

    Der wirklich wichtige Punkt ist, wo er bzw. seine Leute für ihn den Weg in die Autokratie vorbereiten.



    Und da gibt es reichliche:



    Von Musks Leuten, die Trump ein Regierungs-Dashboard bauen wollen, mit dem er alle Verwaltungsvorgänge zentral überwachen kann, bis zur unwiderruflichen Verschleppung von Personen mit legalem Visum.



    Inhaltliche Frage wie Kulturkampf oder Zölle lenken da nur ab.

    Eine wichtige Rolle für Trumps Pläne spielt, ähnlich übrigens wie zu Orbans Beginn, die richtige Besetzung des Obersten Gerichtshofs.



    Doch so etwas haben wir ja in Deutschland nicht:



    Richter mit zu großer Nähe zu Politik, ein Verfassungsgericht, das Regierungspolitik ohne tiefgehende Verhandlungen einfach absegnet - so etwa passiert uns nicht. Oder war das was?

    • @Frauke Z:

      Der Vergleich hinkt schon mal, weil hiesige Bundes-Verfassungsrichter nur maximal 12 Jahre im Amt bleiben, während es beim Supreme Court eine Berufung auf Lebenszeit ist (besonders kritisch bei Einsetzung in jungen Jahren und der starken Einflussmöglichkeiten des jeweiligen Präsidenten der USA).



      Das Bundesverfassungsgericht kann auch leichter angerufen werden als der Supreme Court.



      Dass z.B. ein Minister Spahn (samt Helfern) trotzdem wieder Winkelzüge findet, das vom BuVerfG bestätigte Recht auf einen selbst bestimmten Tod zu boykottieren, ist allerdings auch traurige Tatsache.



      Und das Vermögende mehr Chancen vor Gericht haben als Ärmere, ist auch hier nicht wegzuleugnen.



      Aber was in den USA in Gerichtsbarkeit und Strafvollzug abgeht, ist nicht in kurze Worte zu fassen.



      Da ist der Federstrich, mit dem der Straftäter-Präsident ihm genehme Täter freilassen kann nur ein Bruchteil des kranken Systems.